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Medikationsplan: Ärzte drängen Apotheker raus

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Berlin -

In wenigen Wochen haben die Versicherten einen Anspruch auf einen Medikationsplan. Die Apotheker hoffen, noch einen Fuß auf das Terrain zu bekommen – und irgendwann auch eine Vergütung. Doch die Ärzte sind nicht bereit, einen Millimeter zu weichen. In ihrer Stellungnahme zum Pharmadialog-Gesetz (Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz, AM-VSG) fordert die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) sogar, dass ihnen die Apothekenrechenzentren für das Medikationsmanagement nicht anonymisierte Daten liefern.

Nach dem ABDA/KBV-Modell sollten Ärzte und Apotheker beim Medikationsmanagement eigentlich zusammenarbeiten. Doch in den fünf Jahren seit der Präsentation des Konzepts zeigte sich, dass viele Ärzte sich scheuen, Kompetenz abzugeben. Selbst in Sachsen und Thüringen, wo das Pilotprojekt ARMIN nun endlich live gehen soll, weckten die Ärzte mit ihrem allzu offensichtlichen Interesse an den Daten die Skepsis der Partner. Beim E-Health-Gesetz waren die Apotheker außen vor. Zuletzt war die Hoffnung geblieben, dass die Pharmazeuten den Medizinern wenigstens zuarbeiten könnten.

Doch offensichtlich haben die Ärzte auch daran wenig Interesse: Die KBV macht sich stattdessen in einem speziellen Anhang zu ihrer Stellungnahme dafür stark, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) alle für den Medikationsplan erforderlichen Informationen für die Ärzte bereitstellen. Als Grundlage sollen die Abrechnungsdaten der Apotheken dienen, die die Rechenzentren bereitstellen sollen. Damit haben sich die Hausärzte innerhalb der KBV durchgesetzt, die seit jeher die Einbindung der Apotheker verhindern wollten.

Im Zuge der Einführung des Medikationsplans entstehe erweiterter Informationsbedarf für Vertragsärzte, heißt es in dem KBV-Papier. Mit dem E-Health-Gesetz seien Vertragsärzte verpflichtet worden, bei Änderungen der Medikation den Medikationsplan zu aktualisieren. „Für Medikationsanalyse und Arzneimitteltherapiesicherheit benötigt der Arzt aktuelle versicherten­bezogene nicht-pseudonymisierte Daten über die Verordnungen je Versicherten“, so die KBV. Die müssten daher die Möglichkeit bekommen, den Vertragsärzten aktuelle Informationen zum Verordnungsgeschehen zur Verfügung zu stellen.

Konkret heißt es: „Die Kassenärztlichen Vereinigungen beraten die Vertragsärzte zur Arzneimittelverordnungssteuerung und zur Steigerung der Arzneimitteltherapiesicherheit insbesondere im Hinblick auf die Erstellung des Medikationsplans [...]. Voraussetzung für Beratungen auf Grundlage von versichertenbezogenen Arzneimittelverordnungsdaten ist das Einverständnis des Versicherten.“

Die KBV schlägt vor, dass den KVen in Paragraph 300 Sozialgesetzbuch (SGB V) die Möglichkeit eingeräumt wird, Daten ohne vorherige Pseudonymisierung zu verarbeiten. Dies solle aus Gründen des Datenschutzes getrennt von den sonstigen Prozessen geschehen.

Bislang sind die Rechenzentren verpflichtet, den KVen Daten zu übermitteln, die diese zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. Diese Daten dürfen nicht arzt- und nicht versichertenbezogen sein und müssen durch eine von der jeweiligen KV räumlich, organisatorisch und personell getrennten Stelle pseudonymisiert werden.

Weil es bereits jetzt Streit um die Datenlieferung gibt, fordern die Kassenärzte eine härtere Gangart gegenüber den Apothekenrechenzentren: Demnach sollen diese zur Übermittlung gesetzlich verpflichtet werden, ein Zurückbehaltungsrecht soll ausgeschlossen werden. Über die Honorierung wollen die Mediziner nicht mehr streiten: Die Rechenzentren sollen „einen dem Arbeitsaufwand für die Datenübermittlung entsprechenden Aufwandersatz“ erhalten. „Der Arbeitsaufwand für die Datenübermittlung ist auf Nachfrage in geeigneter Form nachzuweisen“, heißt es in dem Textentwurf für den Gesetzgeber.

In der Vergangenheit sei stets eine Vergütung bezahlt worden, erklärt die KBV in ihrer Stellungnahme. Strittig sei jedoch die Frage gewesen, wie eine Aufwandserstattung zu bemessen und in welcher Form der Aufwand der Rechenzentren nachgewiesen werden muss. „Diese Unklarheiten drohten wiederholt, die Kontinuität der Datenübermittlung zu gefährden. Aus Gründen der Rechtssicherheit bedarf es daher einer Regelung.“

Diese Forderung ist allerdings nicht neu. In ihrer Stellungnahme zum GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) hatte die KBV vor einem Jahr sogar gefordert, dass die Rechenzentren die Daten unentgeltlich übermitteln sollen. Immer wieder hat das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (ZI) in den Verhandlungen mit der Gesellschaft für zentrales Datenmanagement und Statistik im Gesundheitswesen (GDSG) mit einer gesetzlichen Regelung gedroht. Zuletzt sollen sich beide Parteien aber sogar auf einen Vergütung geeinigt haben. Die GDSG vertritt die großen Apothekenrechenzentren.

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