Arzneimittelsicherheit

Ärzte: Stiefkind Medikationsplan

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Berlin -

Eine Analyse des Düsseldorfer Instituts für betriebswirtschaftliche Analysen, Beratung und Strategie-Entwicklung (IFABS) hat ergeben, dass Ärzte sich kaum Zeit nehmen, um ihren Patienten die erstellen Medikationspläne genau zu erläutern. Ein Grund könnte sein, dass der Plan bei den Ärzten äußerst unbeliebt ist.

Die Meinungen der Patienten und der niedergelassenen Ärzte über den Medikationsplan könnten laut IFABS kaum unterschiedlicher sein. Während die Patienten die Übersicht für sehr nützlich hielten, sei sie nach Auffassung der Ärzte nur eine lästige Pflicht, beschreibt IFABS-Leiter Klaus-Dieter Thill die Ergebnisse einer ersten Auswertung, die in der Ärzte Zeitung vorgestellt wurden.

Von den 116 einbezogenen Patienten stuften 70 Prozent den Nutzen als sehr hoch oder hoch ein. Allerdings kritisierten sie auch, dass ihre Ärzte den Medikationsplan nicht ausreichend erläuterten. Auf einer Skala von 0 („Der Arzt hat den Plan schnellstmöglich, kommentarlos und nebenher erstellt“) bis 10 („Der Arzt hat sich Zeit genommen und begleitende Informationen/Erklärungen gegeben“) bewerteten die Patienten das Verhalten im Schnitt mit einer 2,3.

Thill räumt zwar in der Ärzte Zeitung zu, dass die Fallzahl recht gering ausgefallen ist. Auch würden sich in solchen Befragungen Unzufriedene überdurchschnittlich häufig äußern. Die Ergebnisse würden es dennoch erlauben, einen generellen Trend zu erkennen: „Das entspricht dem, was auch aus unseren Gesprächen mit Ärzten hervorgeht“, wird Thill zitiert.

So würden viele Mediziner das Gespräch über den Medikationsplan mit Formulierungen wie „Wir müssen ja auch noch Ihren Medikationsplan erstellen“ oder „Dann lassen Sie uns noch schnell Ihren Medikationsplan aufstellen“ beginnen. In diesem Duktus werde dann auch das Gespräch geführt: Die Arzneimittel würden aufgezählt, eventuell weitere Medikamente knapp erfragt und fertig sei der Plan, so Thill. Die Patienten würden keine Erklärung und Beratung erhalten, die sie eigentlich haben wöllten.

Dass der Medikationsplan von niedergelassenen Medizinern offenbar stiefmütterlich behandelt werde, liege daran, dass sie ihn als eine „vom Gesetzgeber aufgezwungene Pflichtübung“ sähen, die einerseits mit hohem Bürokratieaufwand verbunden sei und auf der anderer Seite schlecht bezahlt werde. Nach der Erfahrung Thills dominieren bei den Ärzten im Umgang mit dem Medikationsplan der Zeit-Kosten-Effekt und eine zielorientierte Betrachtung: die Auflistung der Arzneimittel.

Aus Sicht des Praxisberaters ist das aber zu wenig. „Ärzte verschenken mit diesem Verhalten eine Vielzahl von Möglichkeiten zur medizinischen Qualitätssicherung, zur Patientenbindung und zur Imagebildung“, sagte er. Der Medikationsplan sei ein Instrument, mit dem man „Sorgfalt und Zuwendung signalisiert“.

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