500-Euro-Retax: Kasse muss keine Auskunft erteilen Patrick Hollstein, 02.01.2019 09:55 Uhr
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Unbedeutende Formfehler sind eigentlich kein Retaxgrund: Formale Fehler, die weder die Arzneimittelsicherheit noch die Wirtschaftlichkeit der Versorgung beeinträchtigen, dürfen nicht mehr von den Kassen für Nullretaxationen genutzt werden. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Wegen einer 500€-Retaxation hatte ein Pharmazeut aus Bielefeld darauf geklagt, dass er Auskunft über Rabatte von der Kasse bekommt. Foto: Elke Hinkelbein
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Er hatte einen Reimport von Prograf (Tacrolimus) abgegeben. Dabei hatte die Kasse einen Rabattvertrag mit dem Originalhersteller Astellas geschlossen. Foto: Astellas
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Der Apotheker war von der BKK Diakonie über einen Betrag von 500 Euro retaxiert worden. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Der Wirkstoff steht zwar auf der sogenannten Aut-idem-Liste, das Austauschverbot greift aber bei Original/Import nicht. Foto: Elke Hinkelbein
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Da Kasse und Hersteller sich auf ihr Geschäftsgeheimnis beriefen, ging der Fall vor Gericht. Das VG Minden entschied überraschend, dass der Apotheker nach dem Informationsfreiheitsgesetz Anspruch auf Auskunft hat. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Doch das OVG NRW kassierte das Urteil. Foto: Elke Hinkelbein
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Ein Verstoß gegen das „Substitutionsgebot“ schließt laut BSG jegliche Vergütung für die Abgabe des Arzneimittels aus. Foto: Marcus Witte
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Einen Anspruch auf Kostenersatz gibt es nicht, da laut BSG sonst die Steuerungsfunktion des Gesetzes konterkariert wird. Foto: Elke Hinkelbein
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Vor dem BSG waren zwei Verfahren behandelt worden, bei denen ein Apotheker im Jahr 2007 Nichtrabattarzneimittel abgegeben hatte und deswegen retaxiert worden war. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - Weil ein Apotheker aus Bielefeld einen Rabattvertrag zu Prograf (Tacrolimus) nicht beachtet hatte, retaxierte die BKK Diakonie 500 Euro. Der Pharmazeut klagte – nicht vor dem Sozial-, sondern vor dem Verwaltungsgericht. Doch in der 2. Instanz kassierte er jetzt eine Niederlage.
Die Kasse hatte eine Vereinbarung mit dem Originator Astellas geschlossen, der Apotheker hatte einen vermeintlich günstigeren Reimport abgegeben. Der Wirkstoff steht zwar auf der Aut-idem-Liste, das Austauschverbot greift aber bei Original/Import nicht.
Statt vor dem Sozialgericht gegen die Retaxation zu klagen, versuchte der Pharmazeut sein Glück beim Verwaltungsgericht: Um sicherzugehen, dass der Import für die Kasse überhaupt teurer als das Original war, wollte er diese zur Auskunft verpflichten lassen, wie hoch der von Astellas eingeräumte Rabatt tatsächlich war. Bei 500 Euro wollte er nicht nur der Behauptung der Gegenseite glauben müssen.
Vor dem Verwaltungsgericht (VG) Minden gelang ihm und seinem Anwalt Peter von Czettritz von der Kanzlei Preu Bohlig & Partner im Februar 2017 ein Überraschungserfolg: Die Richter entschieden, dass der Rabatt als „amtliche Information“ einzustufen und die Kasse damit nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) zur Auskunft verpflichtet sei. Der Anspruch sei materiell-rechtlich „voraussetzungslos“. Insofern sei es auch unerheblich, ob der Apotheker tatsächlich einem Retaxierungsrisiko ausgesetzt sei oder diesem gegebenenfalls durch die Kenntnis des vereinbarten Rabattsatzes begegnen könne. Selbst kommerzielle Interessen stünden der Geltendmachung nicht entgegen.
Mit dem Urteil war erstmals eine Kasse verpflichtet worden, Auskunft über den Rabatt eines laufenden Vertrags zu geben. Die Richter sahen keinen Grund, warum er als Geschäftsgeheimnis vertraulich bleiben müsse, da es sich bei der konkreten Vereinbarung nicht um eine echte Ausschreibung gehandelt habe und der Wirkstoff obendrein auf der Aut-idem-Liste stehe.
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