Nach BGH-Urteil

Skonto-Sperre: Wie geht es weiter?

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Berlin -

Skonti auf rezeptpflichtige Arzneimittel sind unzulässig, wenn dadurch der Rabatt insgesamt die Großhandelsspanne von 3,15 Prozent übersteigt. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Damit sind die aktuellen verbreiteten Konditionen nicht mehr erlaubt, Apothekerinnen und Apotheker fürchten einen dramatischen Einbruch beim Betriebsergebnis. Wie geht es jetzt weiter?

Das Urteil ist rechtskräftig, denn gegen die Entscheidung des BGH gibt es, außer einer Verfassungsbeschwerde, kein Rechtsmittel mehr. Dennoch sagen alle Expertinnen und Experten: erst einmal die Begründung abwarten. Das ist für Inhaberinnen und Inhaber natürlich angesichts der Tragweite nicht leicht, und so klingeln seit gestern die Telefone heiß.

Gerade der Großhandel hat so seine liebe Mühe mit dem Urteil. Denn im Prozess ging es um die Konditionen im Direktgeschäft, genauer gesagt um das Skonto des Reimporteurs Haemato. Da der Großhandel Sammelrechnungen ausstellt und das Skonto auf die Dekadenrechnung vergibt, könnte der Fall je nach Argumentation anders gelagert sein.

Allerdings gelten natürlich dieselben rechtlichen Grundsätze in beiden Vertriebskanälen, und in der mündlichen Verhandlung hatte der Vorsitzende Richter auch noch durchblicken lassen, dass die Zahlung eigentlich schon bei Lieferung fällig wird und dass es so gesehen gar keine vorfristige Zahlung gibt, die man mit einem Skonto belohnen kann.

Kein Ausgleich ohne Skonto

Einige Steuerberater hatten übrigens schon nach den Entscheidungen der Vorinstanzen die Skontoeinnahmen ihrer Mandanten als Risikoposition in die Bewertung aufgenommen.

Allerdings nähmen ausgerechnet diese Inhaberinnen und Inhaber noch vergleichsweise gelassen, heißt es. Denn der Großhandel hat eine Reihe von Möglichkeiten, den Wegfall des Skontos auszugleichen. Für den Packungs- oder auch Handelsspannenausgleich etwa gebe es bei konsequenter Auslegung der Preisvorschriften genauso zu hinterfragen wie etwa Mindestlohn- und Energiekostenausgleich.

Außerdem hätte der Großhandel viele Möglichkeiten, seinen Kunden einen Ausgleich zukommen zu lassen, etwa für Datenlieferungen oder Vorauskasse. Solange ein gewisser Gegenwert damit abgegolten wird, wären solche Konzepte wohl auch nicht angreifbar. Allerdings stellt sich die Frage, ob damit wirklich die großen Beträge kompensiert werden können, die ein Verbot von Skonti in die Finanzen der Apotheken reißen würden.

Die von der Treuhand Hannover geschätzten Einbußen beim Betriebsergebnis in Höhe von 22.000 Euro werden allerdings von einigen Beratern als zu niedrig angesehen. Größeren Betrieben könnte ein Verlust auf Ebene des Rohgewinns von bis zu 120.000 Euro im Jahr drohen.

Rückvergütung ist kein Nachlass

Beim Großhandel äußert sich niemand offiziell, an der Hotline wird den verunsicherten Apothekerinnen und Apothekern aber versichert, dass es irgendwie weitergehen werde. Es werde nur eben komplizierter, die Arbeit hätte man sich gerne erspart.

Und dann gibt es natürlich noch die Möglichkeit der Rückvergütung, wie sie etwa die Genossenschaften in Form der Dividende haben. Schon 1984 hatte der Bundesfinanzhof entschieden, dass es sich dabei nicht um eine Preisnachlass handele; vielmehr sei das Recht auf Rückvergütung ein „Ausfluss der Mitgliedschaft bei der Genossenschaft und damit gesellschaftsrechtlicher Natur“.

Damit könnten auch die Kooperationen einen neuen Schub bekommen; in der Branche wird auch schon wieder Einkaufsgemeinschaften wie seinerzeit Global-Apo nachgedacht.

„Es gibt Lösungen“

Auch die Konditionenberater erleben wieder eine „Welle von Anrufen“, darunter Paracelsus Beratung in Dettenheim bei Karlsruhe. Simulationen zeigten, dass die Entscheidung Einschnitte in Höhe von 20.000 Euro für Apotheken bedeuten könnten. Die Auswirkungen auf eine Apotheke mit drei Millionen Jahresumsatz seien höher. Bei einer Umsatzverteilung von 80 Prozent verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, davon ein Drittel Hochpreiser und einem Skontosatz von 2,5 Prozent, fehlten am Ende des Jahres 30.000 Euro.

Geschäftsführer Robert Fries will die Apotheken jedoch beruhigen. „Es wird schwierig, aber es gibt Lösungen.“ Verluste könnten über Partnerprogramme über das Direktgeschäft ausgeglichen werden. Außerdem müsse man abwarten, wie der Großhandel, der ja ebenfalls betroffen ist, reagiere. Zunächst müsse jedoch das ausführliche Urteil abgewartet werden, sagt auch er.

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