Packungspauschale ist gescheitert

Kohl/Avie: Zurück zum Apothekenhonorar von 2003

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Berlin -

Nicht nur die ABDA spricht mit dem Bundesgesundheitsministerium über die Zukunft des Apothekenwesens. Auch der Reimporteur Kohlpharma mit seiner Apothekenkooperation Avie findet dort Gehör. Jetzt hat die Unternehmensgruppe aus Merzig dazu ein politisches Positionspapier vorgelegt: Der Deutsche Apothekerverband (DAV) soll gegen die Kassenübermacht gestärkt und das Apothekenhonorar soll auf die Basis vor 2004 zurück gedreht werden. Ein Rabattierverbot für den Großhandel wird abgelehnt.

Das Positionspapier stammt aus der Feder von Jörg Geller, Geschäftsführer von Kohlpharma, und von Dominik Klahn, Geschäftsführer von Avie. Die Kernforderungen lauten:

  • Wiedereinführung der aufschlagsbezogenen Vergütung
  • Rückkehr zur Preisbindung für OTC-Arzneimittel
  • Stärkung der Rolle des DAV im Bundesrahmenvertrag, um Vertragsbrüche besser und schneller sanktionieren zu können
  • Erhalt marktüblicher Skonti des Großhandels

„Der Apotheker ist Heilberufler und im Sinne des Handelsrechts gleichzeitig ein Musskaufmann“, so das Positionspapier. Die Honorierung des Apothekers erfolge allerdings ausschließlich für seine kaufmännische Tätigkeit, nämlich für die Abgabe von Arzneimitteln und anderen Produkten. „Die 2004 eingeführte packungsbezogene Honorierung war ein Irrweg und ist in Gänze gescheitert“, schreiben die Autoren. Damit sei die Honorierung der apothekerlichen Leistung von der Entwicklung der Arzneimittelpreise entkoppelt worden, „was jedweder kaufmännischen Betrachtung zuwider läuft“.

Daher fordern Geller und Klahn, das Honorar der Apotheken wieder auf der Grundlage der bis 2003 gültigen Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisVO) zu berechnen, also die aufschlagsbezogene Vergütung wieder einzuführen. Damals gab es je nach Arzneimittelpreis abgestaffelte Aufschläge zwischen 68 Prozent und 30 Prozent. Zudem soll auch die Preisbindung für OTC-Arzneimittel wieder gelten. „Damit würde der Tatsache Rechnung getragen, dass es nicht sachgerecht ist, die Kosten einer Apotheke abgabebezogen zu berechnen. Insofern fußt das sogenannte Honorargutachten bereits auf der falschen Basis“, heißt es im Papier.

Vielmehr spiele der Wert eines Arzneimittels die entscheidende Rolle. So seien zum Beispiel Lagerhaltungskosten, Kosten bei Verfall eines Arzneimittels und die Risiken einer Retaxierung auf „Null“ stets wertbezogen. „Die Wiedereinführung der AMPreisVO von 2003 würde Arzneimittel mit geringem Herstellerabgabepreis billiger machen und solche mit höherem teurer. Gerade der erstgenannte Effekt würde das Geschäftsmodell der ausländischen Versandapotheken bei der Abgabe rezeptpflichtiger Arzneimittel erheblich stören.“ Eine einfache packungsbezogene Kalkulation und Bonifizierung der Verbraucher würde unmöglich. Vor 15 Jahren hatte die ABDA die Umstellung gerade mit Blick auf den damals zugelassenen Versandhandel befürwortet.

Das EuGH-Urteil vom 19. Oktober 2016 habe zu unfairen Wettbewerbsbedingungen geführt, so Geller und Klahn weiter. Das im Koalitionsvertrag vorgesehene Verbot des Rx-Versandhandels werde vielfach als Weg in eine Gleichstellung von inländischen Apotheken im Wettbewerb mit ausländischen Versandapotheken erachtet. Allerdings sei dieser Weg rechtlich schwierig zu beschreiten und „dem Endverbraucher im Zeitalter der Digitalisierung politisch kaum noch zu verkaufen“. Daher beobachte man leider ein Abrücken der Entscheidungsträger von den Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag.

Geller und Klahn wollen die Sache über den Rahmenvertrag regeln. Tatsache sei nämlich, dass sich die ausländischen Versandapotheken freiwillig der Vereinbarung zwischen GKV-Spitzenverband und DAV unterworfen hätten. Ohne den Beitritt zum Rahmenvertrag wären ausländische Versandapotheken gezwungen, mit jeder Krankenkasse Einzelverträge auszuhandeln – zum Preis von mitunter hohe Preisnachlässen zugunsten der Krankenkassen, so das Positionspapier.

Dem Bundesrahmenvertrag beizutreten und dennoch Boni an Kunden zu gewähren, sei aber „Rosinenpickerei“. Boni-Zahlungen unterminierten das Solidarsystem. Problematisch sei hier, dass die Partner die im Vertrag enthaltenen Sanktionsmechanismen nicht gleichberechtigt anwenden könnten. Der GKV-Spitzenverband könne Sanktionen aussprechen, der DAV nicht: „Dieser Missstand ist – unabhängig von der Debatte über ein Rx-Versandverbot – umgehend zu beheben. Die Rolle des DAV als Vertragspartner des Bundesrahmenvertrags muss gestärkt werden.“ Der DAV müsse dem Rahmenvertrag beigetretene ausländische Apotheken bei Vertragsbruch zunächst sanktionieren und bei Wiederholungen von dieser Vereinbarung ausschließen können.

Wenig nachvollziehbar sind für Geller und Klahn Überlegungen des Gesetzgebers, das sogenannte „Skonto-Urteil“ des Bundesgerichtshofes (BGH) „klarzustellen“ und ein Rabattverbot für den Fixzuschlag des Großhandels zu verhängen. Die Großhändler seien primär multinationale Konzerne, „die es nicht nötig haben sollten, sich ihre Marge vom Gesetzgeber schützen zu lassen“. Wenn sie entgegen jeder kaufmännischen Vernunft einen ruinösen Wettbewerb untereinander betrieben, führe das letztlich zu einer aus Versorgungssicht unproblematischen Marktbereinigung: „Es sollte weiterhin klar bleiben, dass der Großhandel seine Fixvergütung in Höhe von derzeit 0,70 Euro an Apotheken weitergeben darf und dass ein Skonto nicht als Rabatt gewertet wird.“

„Apotheker handeln als Musskaufleute mit einem hohen persönlichen wirtschaftlichen Haftungsrisiko, deren kaufmännischen Handlungsspielräume gestärkt werden müssen. Nur so kann eine flächendeckende Versorgung durch inhabergeführte Apotheken nachhaltig sicher gestellt werden“, stellen die beiden Autoren abschließend fest.

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