Digitalisierung

E-Rezept: Noventi fordert Schulterschluss

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Berlin -

Derzeit ringen mehre große Player um die Pole-Position beim E-Rezept. Jetzt ruft die Initiative Pro AvO erneut zu einer gemeinsamen Branchenlösung auf: „Unterschiedliche Konzepte und Anbieter stehen im Wettbewerb um die beste Lösung. Pro AvO ruft nochmals zum Schulterschluss aller Initiativen für die Apotheke vor Ort auf“, heißt es in einer Mitteilung. Das hatte DAV-Chef Fritz Becker im Sommer allerdings schon abgelehnt.

„Die Erfahrungen aus 17 europäischen Märkten mit dem E-Rezept zeigen uns, dass Apotheken vor Ort davon profitieren können – wenn sie diesen Weg und Prozess offen mitgestalten“, so Peter Menk, Geschäftsführer von pro AvO. „Zentralistisch gestaltete Konzepte sind häufig nicht an den Bedürfnissen der Patienten ausgerichtet und damit auch weniger erfolgreich. Genau das aber müssen wir tun: uns am Patienten ausrichten. Denn nur dann werden die 82 Millionen Bürger die E-Rezept-Lösungen annehmen. Der Patient entscheidet, ob das E-Rezept ein Erfolg wird.“

Pro AvO unterstütze die Forderung nach einem E-Rezept-Server in hoheitlicher Hand. Allerdings würden die Patienten dann am meisten profitieren, wenn es – wie Gesundheitsminister Spahn immer wieder fordere – offene Schnittstellen gebe,
weil sich dann daran viele Mehrwertleistungen für die Patienten anschließen könnten. Deren Anbieter müssten jedoch die hohen datenschutzrechtlichen Anforderungen an Gesundheitsdienstleistungen erfüllen und sollten somit selbst als Teil der Telematik-Infrastruktur zugelassen werden.

Mit Ihrer Forderung reagiert pro AvO nach eigenen Angaben auf jüngste Äußerungen der Verbände, dass andere Marktpartner nicht in die Entwicklung und Umsetzung der E-Rezept-Lösungen eingebunden werden sollten. Statt gegeneinander anzutreten gelte es, gemeinsam der Politik Angebote zu machen, „die in der Praxis funktionieren werden, und so gemeinsam die bestmöglichen Lösungen für Patienten und Apotheken zu entwickeln. Dr. Hermann Sommer, Noventi-Vorstandsvorsitzender, fordert eine gemeinsame Branchenlösung. „Nachdem die Digitalisierung der Gesundheit in Deutschland mit großen Schritten vorangeht, gilt es jetzt Lösungen bereitzustellen, die für 82 Millionen Menschen funktionieren. Branchenlösungen und Branchenstandards werden sich dabei nur durchsetzen, wenn sie alle Marktpartner umfassen und nicht jeder eine eigene Lösung baut. Schließlich bedeutet Digitalisierung vor allem Vernetzung.“

Noventi habe gerade die erste vollständige E-Rezept-Abrechnung Deutschlands umgesetzt. „Wir bringen also unser gesamtes Digital-Know-how und unsere Erfahrungen aus den schon laufenden E-Rezept-Projekten wie Gerda in die
pro AvO ein, und wir rufen alle anderen Marktteilnehmer und die Apotheker auf, dies auch zu tun“, so Sommer. Kürzlich hatte sich Noventi darüber beklagt, beim Berliner E-Rezept-Pilotprojekt des DAV nicht zum Zuge gekommen zu sein.

In allen Lebensbereichen lernten die Menschen, dass Digitalisierung vereinfache und vernetze. Und genau das erwarteten sie von der Politik bei der Einführung des E-Rezepts auch in Deutschland. „Das E-Rezept dient dem Patienten. Er soll die
Entscheidungshoheit darüber behalten, wie und wo er sein Rezept einlöst“, so die Mitteilung. Damit die Einlösung des E-Rezeptes diskriminierungsfrei erfolgen könne, müsse der Patient seine Apotheke frei wählen dürfen. Dazu müsse es sich beispielsweise nahtlos an die digitalen Lösungen der Arztpraxen anschließen und eingebunden sein in die neuen elektronischen Patientenakten (ePA). Außerdem wolle der Endkunde keine unterschiedlichen Anwendungen für Rezepte und die Bestellung von OTC-Artikeln. „Einzellösungen sind daher weder gewollt, noch werden sie erfolgreich sein können“, so die Initiative Pro AvO.

„Wir können das, weil unsere Gesellschafter bereits das mit einbringen, was für die Konzeption, den Bau und die flächendeckende Umsetzung in ganz Deutschland notwendig ist. Wir bilden einen großen Teil der Wertschöpfungskette ab, von der Warenwirtschaft über die Logistik bis zur Endkundenansprache. Gemeinsam mit weiteren Partnern - wie beispielsweise Apothekenkooperationen und Herstellern – können wir so das bestmögliche Angebot schaffen“, so Menk. Die Gründer der Initiative Pro AvO sind BD Rowa, Noventi, die Großhändler Gehe und Sanacorp sowie der Wort & Bild Verlag.

Bereits im August erteilte der DAV einer gemeinsame Branchenlösung: „Der DAV treibt sowohl die Entwicklung des E-Rezepts innerhalb der Gematik als auch eine bundeseinheitliche, kostenlose und diskriminierungsfreie Patienten-App für das E-Rezept mit aller Kraft voran. Derzeit ist kein ‚Runder Tisch‘ geplant, aber natürlich ist der DAV fortlaufend oder anlassbezogen mit zahlreichen Marktteilnehmern, Softwaredienstleistern und anderen potenziellen Partnern und Akteuren im Kontakt“, teilte ein DAV-Sprecher auf Anfrage mit. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Der wirtschaftliche Dachverband der Apotheker fordert zudem von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ein Monopol für das E-Rezept. Verbieten will der DAV über seine Exklusiv-App dann außerdem Rx-Boni und Sonderangebote.

„Nach der Vorstellung des DAV ist die Verwaltung des E-Rezepts durch den Patienten ein gesetzlich zu schützendes, individuelles Recht, das nicht, schon gar nicht durch rein monetäre Interessen, beeinflusst oder manipuliert werden darf“, heißt es auf der DAV-Internseite „dav-app.de“. Die neutrale, wettbewerbs- und diskriminierungsfreie Ausrichtung solle ermöglichen, „dass die offizielle App der deutschen Apothekerschaft zukünftig exklusiv die staatliche Aufgabe übertragen bekommt, für alle Patienten zur Entgegennahme, Ansicht und Übergabe von E-Rezepten zu fungieren“.

Außerdem: Zuletzt hatte Dr. Peter Froese, der der ABDA-Arbeitsgruppe IT-Strategie angehört, gegen die DAV-E-Rezept-Wettbewerber argumentiert. „Ich bin immer für Wettbewerb“, erklärte Froese am Freitag bei der 2. Digitalkonferenz der Apothekerkammer Niedersachsen in Hannover. „Aber wenn wir zulassen, dass es beim Transport von elektronischen Verordnungen Wettbewerb gibt, dann wird das die Versorgungssicherheit bedrohen.“ Der Weg der Verordnung vom Patienten in die Apotheke müsse deshalb von wirtschaftlichen Interessen ferngehalten werden. „Was bitte haben ein pharmazeutischer Großhändler oder ein Verlag in der heilberuflichen Beziehung zwischen Patient und Apotheker verloren“, fragte Froese mit Blick auf Projekte, die in Konkurrenz zur DAV-Webapp stehen. „Ein Geschäftsmodell hat an dieser Stelle der Versorgungskette absolut nichts zu suchen!“

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