„Preis ist nicht entscheidend“

BVDAK zu Grippeimpfungen: Möglichst schnell, möglichst viele

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Berlin -

Kürzlich wurde zwischen dem Apothekerverband Nordrhein und der AOK Rheinland/Hamburg das erste Modellprojekt für Grippeschutzimpfungen im Herbst aus der Taufe gehoben. Prompt gab es Proteste der Ärzte dagegen. Für Grippeschutzimpfungen durch Apotheker eingesetzt hatte sich stets der Bundesverband Deutscher Apothekenkooperationen (BVDAK). „Damit sieht der BVDAK sein Engagement in den letzten Jahren von Erfolg gekrönt“, so der Verbandsvorsitzende Dr. Stefan Hartmann. Es sei schließlich 2019 der BVDAK gewesen, der sich damals – im Gegensatz zur Abda – sehr nachdrücklich für das Grippeimpfen in der Apotheke eingesetzt habe. Daher begrüße der BVDAK „ausdrücklich die bundesweit erste Vereinbarung“.

Der Verband Nordrhein rechne mit rund 100 teilnehmenden Apotheken. „Es ist meine große Hoffnung, dass nun sehr schnell andere Landesapothekerverbände nachziehen“, so Hartmann. Dabei gebe es einige wichtige Aspekte zu berücksichtigen: „Der Preis ist für ein Modellprojekt nicht entscheidend, wichtig ist, dass viele Apotheken mitmachen. Es ist darauf zu achten, dass die Leistung künftig mehrwertsteuerfrei angeboten wird, ansonsten sind wir gegenüber der Ärzteschaft mit 16 Prozent im Nachteil. Hier muss das Bundesgesundheitsministerium nachbessern“, so Hartmann weiter. In Nordrhein erhalten die Apotheker 12,61 Euro pro Impfung.

Drei Jahre Modellprojekt seien aber „viel zu lange“. In Frankreich sei der Testlauf innerhalb des ersten Jahres abgebrochen worden, weil es so erfolgreich verlaufen sei. „Und ganz wichtig: Der BVDAK empfiehlt das Büro von Cosima Bauer und Professor Dr. Uwe May für die Evaluation. Alle folgenden Modellprojekte sollten auch von denselben Experten evaluiert werden, dann kann übereinandergelegt und verglichen werden“, schlägt Hartmann vor. So gebe es besser vergleichbare Evaluationen.

Durch das Angebot von Gesundheitsminister Jens Spahn biete sich den stationären Apotheken eine „Riesenchance“. Das Image der Apotheker werde signifikant steigen, die stationäre Apotheke werde auch jüngere Patienten wieder an sich binden können. Der Versandhandel könne das nicht leisten. Und der Aufwand sei doch überschaubar. Ein 90-minütiges Webinar und eine 8-stündige Präsenzfortbildung mit Prüfung habe in Frankreich vollkommen ausgereicht, um die Apotheker zu qualifizieren. Im ersten Jahr habe es dort keine Komplikationen gegeben – im Gegenteil: Der Einstieg sei ein voller Erfolg gewesen.

Er habe seinen „sonst gleichmäßigen Ruhepuls“ nicht ganz beibehalten, als er gelesen habe, wie der thüringische Verbandschef Stefan Fink seine Skepsis zum Thema Impfen zu Protokoll gab: „Bislang ist dazu keine Krankenkasse an unseren Landesverband mit konkreten Vorschlägen herangetreten“, hatte Fink gegenüber der Thüringer Allgemeinen geäußert. Man stehe dem Vorhaben skeptisch gegenüber, werde aber den Modellversuch interessiert verfolgen: „Impfen kann man nicht mal eben so über den Ladentisch. Personal muss geschult, separate Räumlichkeiten müssen umgebaut und eingerichtet werden, in denen gegebenenfalls eine Liege bereitsteht für den Fall, dass ein Patient kollabiert.“ Damit sich der Aufwand rechne, müsse man Dutzende Patienten impfen. Zudem müsste das Heilberufegesetz geändert werden.

„Alle, die immer nur warten, dass Politik und Kassen uns angeblich Gutes tun wollen, statt selbst aktiv zu werden, gefährden unsere Zukunftschancen“, kritisiert der BVDAK-Vorsitzende: „Wollen wir uns durch jede mögliche Dienstleistung nicht von Amazon und den Versendern abgrenzen? Verzichten wir gerne auf zusätzliche Kundenkontakte, statt unsere Kompetenzen zu erweitern? Haben wir kein Interesse, die Grippe-Impfquote gerade in diesem Winter wegen Covid-19 zu erhöhen? In zwölf Ländern Europas impfen Apotheker bereits ohne Komplikationen – sind wir dazu nicht in der Lage?“ Da falle ihm nur noch Dante Aleghieri ein: „Der eine wartet, dass die Zeit sich wandelt, der andere packt kräftig an“, so Hartmann.

Nur durch die in Europa impfenden Apotheker hätte die Durchimpfungsrate auf 65 Prozent gehoben werden können und liege in Deutschland immer noch nur bei 38 Prozent. Hartmann: „Je mehr Modellprojekte zur Grippeimpfung jetzt an den Start gehen, umso eher nutzt es den Patienten und der Apothekerschaft.“

 

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