Direktgeschäft

Granulox: Hersteller umgeht Apotheken

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Berlin -

Der Hersteller SastoMed vertreibt sein Wundheilspray Granulox neuerdings direkt über Ärzte. In Schreiben an die Arztpraxen wirbt das Unternehmen aus dem niedersächsischen Georgsmarienhütte mit dem Vorteil, die Apotheken beim Direktvertrieb zu umgehen. Auch die Abrechnung übernimmt SastoMed – inklusive etwaiger Retaxationen.

Granulox wird zur Behandlung chronischer und schlecht heilender Wunden wie Ulcus cruris venosum, diabetischem Fuß oder Dekubitus eingesetzt. Das Hämoglobinspray ist ein Medizinprodukt und somit nicht apothekenpflichtig.

Der Hersteller bietet Ärzten seit einigen Wochen einen „innovativen Service“ an: „Um die Versorgung Ihrer Patienten zu vereinfachen, bietet SastoMed als Hersteller die direkte Belieferung der Patienten an, zudem übernimmt SastoMed die individuelle Abrechnung mit der jeweiligen Krankenkasse.“ In Ausnahmefällen sei es sogar möglich, dass sich der Hersteller auch noch um die Versorgung mit „firmenfremden Verbandmitteln“ kümmere, heißt es.

Bei SastoMed hieß es auf Nachfrage, man habe den Ärzten vor allem die Sicherheit geben wollen, dass sie keine Regresse von den Kassen befürchten müssen. Inwiefern das über den gewohnten Vertriebsweg nicht möglich sein soll, ist allerdings unklar. Gegenüber den Ärzten versichert der Hersteller jedenfalls: „Sollte es aus welchen Gründen auch immer zu einer Retaxierung des Rezeptes kommen, wird das Risiko vollständig von SastoMed getragen.“

Dass die Apotheken bei diesem Vertriebsweg komplett ausgeschlossen werden, sieht man bei SastoMed sogar als Vorteil: „Direktbestellung heißt auch Direktlieferung“, so der Hersteller. Möglicherweise in ihrer Mobilität eingeschränkte Patienten bräuchten somit nicht mehr in die Apotheke zu gehen. Granulox wird vom Unternehmen frei Haus geliefert.

Nach der Rezeptausstellung muss der Patient eine Einverständniserklärung abgeben, dass der Hersteller auch als Lieferant aktiv werden darf. Erst dann können die persönlichen Adressdaten vom Arzt weitergegeben werden. Rezept und Einverständniserklärung werden von der Praxis per Fax an die Firma übermittelt. Die Originale werden per Post nachgeschickt, die Portokosten übernimmt SastoMed. Nach spätestens drei Tagen soll das Spray beim Patienten sein.

An der Apotheke geht das Geschäft damit komplett vorbei. Das Medizinprodukt ist mit einem Verkaufspreis von knapp 125 Euro gelistet. Beschwerden von Apotheken gab es nach Herstellerangaben noch nicht. Der Direktlieferservice werde ohnehin bislang nur vereinzelt genutzt. Die Ärzte sollen nach Herstellerangaben nicht anderweitig profitieren.

Eine zusätzliche Beratung in der Apotheke könnte andererseits nicht schaden, denn das Medizinprodukt sollte nach Herstellerangaben zwischen 2°C und 8°C gelagert werden. Nur bei täglicher Verwendung – etwa in der klinischen Praxis – kann es über einen Zeitraum von maximal sechs Wochen dauerhaft bei Raumtemperatur aufbewahrt werden.

Beim Patienten zu Hause dürfte das Hämoglobinspray dagegen seltener zum Einsatz kommen. Die Anwendungshäufigkeit hängt von der individuellen Wundsituation ab, kann aber beispielsweise an den Verbandwechsel angepasst werden. Eine Anwendung von mindestens zweimal pro Woche wird vom Hersteller empfohlen.

Das enthaltene Protein unterliegt nach Herstellerangaben mit zunehmender Temperatur einem schnelleren Verfall. „Die Daten, die wir im Rahmen der Lagerungstests gewonnen haben, führten zur Empfehlung der zertifizierenden Stelle: ‚Dauerhafte Lagerung zwischen 2° und 8°C.‘“, so der Hersteller.

Geliefert wird Granulox allerdings ungekühlt. Dazu erklärt das Unternehmen: „Zum Transport kann Granulox bis zu fünf Tage auch bei Raumtemperatur gelagert werden. Im Rahmen der Qualitätssicherung von Granulox werden alle Aussendungen dokumentiert, um im Falle von längeren Transportzeiten einen umgehenden Ersatz zur Verfügung stellen zu können.“

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