Schweiz

Versandapotheke: Pflegekraft gratis dazu

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Berlin -

Versandapotheken haben auf dem deutschen Markt mit Schwierigkeiten zu kämpfen: Spezifische Wettbewerbsvorteile können sie nicht nutzen – die Fokussierung auf OTC-Produkte führt zu niedrigen Margen. Verträge mit Krankenkassen und Rx-Boni sind hierzulande verboten. Dass das Geschäft trotzdem funktionieren kann, zeigt die Schweizer Versandapotheke MediService.

In der Schweiz darf ohne Rezept gar nichts versendet werden, auch für OTC-Produkte muss der Arzt eine Verschreibung ausstellen. Die beiden Versandapotheken konzentrieren sich daher – im Gegensatz zu ihren Kollegen in Deutschland – vor allem auf den Rx-Bereich.

Die zur Pharmahandelsgruppe Galenica gehörende Versandapotheke MediService konzentriert sich seit 2004 komplett auf den Bereich „Specialty Pharma“ – teure Arzneimittel für seltene Krankheiten, die von Pflegekräften appliziert werden müssen. „Unsere Beobachtung war, dass in der Kombination von Biotech und Versandhandel großes Potential liegt“, sagt Geschäftsführer Dr. Jürg Gasser. Doch: „Nicht nur das Arzneimittel muss zum Patienten, sondern auch die Betreuung.“

Als vollsortierte Apotheke ist MediService verpflichtet, alle Arzneimittel zu liefern. Man konzentriere sich jedoch auf wenige Hundert Hightech- oder Spezial-Produkte. Die Patienten, die MediService betreut, leiden unter Multipler Sklerose (MS), Krebs oder lebenslänglichen Stoffwechselerkrankungen. Seit seiner Gründung 1997 hat MediService etwa 100.000 Patienten versorgt, davon 10.000 mit seltenen oder sehr seltenen Krankheiten. „Im Extremfall haben wir in einer Indikation nur einen einzigen Patienten“, so Gasser.

So liefert MediService zum Beispiel Faktor-VIII- und -IX-Produkte für Hämophilie-Patienten oder Tracleer bei pulmonaler arterieller Hypertonie. Für Patienten mit Rheumatoider Arthritis hat die Versandapotheke Humira, Enbrel oder Remicade im Programm. MS-Patienten erhalten von MediService beispielsweise Avonex und Rebif, Betaferon, Copaxone und Gilenya.

Die Rezepte stellt der Arzt aus und lässt sie direkt MediService zukommen, wenn der Patient dies wünscht. Der Kunde kann sein Rezept aber auch selbst an die Versandapotheke schicken. MediService ist dabei nicht mit festen Verträgen an Krankenversicherungen gebunden, wie es sie häufig in Managed Care-Modellen gibt. Das Angebot der Apotheke ist ein offenes Netz, das Versicherte aller Kassen nutzen können.

Dabei bietet MediService einen kostenlosen Zusatzdienst an: Homecare. Schweizweit kümmern sich 13 bei der Versandapotheke angestellte Pflegekräfte um die Applikation der Präparate. „Man kann sich das vorstellen wie einen dezentralisierten Außendienst“, beschreibt Gasser.

Jede Pflegekraft versorgt 100 bis 200 Patienten, die unterschiedlich oft Hilfe brauchen: Manchen wird die Applikation einmal erklärt, zu anderen muss der Pfleger regelmäßig. Die Arzneimittel werden von der Schweizerischen Post geliefert. Auch kühlkettenpflichtige Arzneimittel können dank eines gemeinsam mit MediService entwickelten Systems verschickt werden.

Als weitere Zusatzleistung begleitet MediService die Einführung von neuen Medikamenten: So überwache man beispielsweise sehr genau die Pharmakovigilanz, so Gasser. Man könne Ärzten und Herstellern damit Informationen über die Anwendung und Nebenwirkungen der Arzneimittel zur Verfügung stellen. Zudem bietet MediService administrative Unterstützung an, wenn die Krankenversicherungen eine neue Therapie noch nicht zahlen.

Das Modell funktioniert, weil MediService eine Lücke schließt: „Diese Arzneimittel – Biotech und Specialty Pharma – durchlaufen den normalen Distributionskanal nicht“, so Gasser. Ohne MediService müssten viele Patienten in Krankenhäusern oder Heimen behandelt werden. Durch das Pharma Care-Konzept von MediService könnten sie auch zu Hause versorgt werden. Auch die Compliance verbessere sich. Dadurch könnten die meisten Kosten eingespart werden.

Zwar gebe man auch Rabatte, die spielen Gasser zufolge in dem hochpreisigen Segment aber keine große Rolle. Zudem ist der MediService-Geschäftsführer überzeugt: „Rabattspiralen sind nichts Gesundes, dabei wird die Versorgung immer schlechter.“ Das zeige sich zum Beispiel an Holland: Das Preisniveau sei stark gesunken, die Versorgungssicherheit womöglich auch.

2005 gab es Überlegungen, mit MediService nach Deutschland zu expandieren. Von 1999 bis 2005 hielt die Deutsche Post 10 Prozent der Anteile. Er selbst habe sich damals aber gegen einen Ausbau gestellt, erzählt Gasser. Statt einer Expansion hätte man sich lieber auf das Konzept Pharma Care konzentriert. „Ich bin jedoch überzeugt, dass unser System in jedem Land und in jedem Gesundheitssystem möglich ist.“

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