Wegen Skonto-Verbot

Apotheken sollen sich für Proteste bereithalten

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Berlin -

Die Apotheken sind wirtschaftlich ohnehin angeschlagen, denn seit Jahrzehnten wurde das Apothekenhonorar nicht angehoben, obwohl die Kosten gestiegen sind. Das aktuelle Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) befeuert die Situation und setzt die Apotheken noch mehr unter Druck. Der Sächsische Apothekerverband (SAV) legt die Zahlen auf den Tisch: Der Anteil nicht mehr wirtschaftlicher Apotheken wird auf 43 Prozent und der Anteil defizitärer Apotheken auf 13 Prozent steigen. Abda und Deutscher Apothekerverband (DAV) werden aufgefordert, schnellstmöglich eine Soforthilfe bei der Bundesregierung zu bewirken. Apotheken sollen sich für Protestaktionen bereithalten.

Der BGH sieht keine rechtliche Grundlage für Skonti. Bei Rx-Arzneimitteln darf der von den Großhändlern gegenüber den Apotheken gewährte Gesamtrabatt 3,15 Prozent nicht übersteigen. „Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Urteils auf die Vor-Ort-Apotheke sind verheerend“, so der SAV. Die Treuhand Hannover schätzt den durchschnittlichen Verlust auf rund 22.000 Euro pro Apotheke.

Die Zahlen für die Apotheken in Mitteldeutschland seien alarmierend und dokumentierten eine „nie dagewesene Dramatik“.

  • Das Betriebsergebnis vor Steuern einer typischen Apotheke (Median) ist laut SAV im vergangenen Jahr auf 121.000 Euro abgerutscht (Umsatz 2,89 Millionen EUR).
  • 34,2 Prozent der mitteldeutschen Apotheken erzielten demnach ein Betriebsergebnis vor Steuern kleiner 85.000 Euro und seien damit aus unternehmerischer Sicht nicht mehr wirtschaftlich.
  • 9,3 Prozent der mitteldeutschen Apotheken liegen mit einem Betriebsergebnis vor Steuern kleiner 0 Euro in der Verlustzone und stehen kurzfristig vor dem Aus.

117 Apotheken in Sachsen vor dem Aus – sofort

Allein für Sachsen bedeutet dies, dass 387 von den zurzeit 900 Apotheken wirtschaftlich unrentabel werden und 117 aus ökonomischen Gründen sofort schließen müssten.

Das BGH-Urteil werde die desaströse Lage verschärfen: „Allein durch die Wirkung des Urteils ist zu erwarten, dass der Anteil nicht mehr wirtschaftlicher Apotheken auf 43 Prozent (!) und der Anteil defizitärer Apotheken auf 13 Prozent (!) steigt. Hinzu kommen die für 2024 zu erwartenden Personal- und Betriebskostenanstiege, welche diese Relationen noch weiter erhöhen werden.“

Für Proteste bereithalten

Abda und DAV seien gefordert, schnellstmöglich eine Soforthilfe bei der Bundesregierung zu erwirken, so der SAV. „Unseren staatlichen Versorgungsauftrag können wir nur erfüllen, wenn die wirtschaftliche Situation der Vor-Ort-Apotheken deutlich verbessert wird.“

„Halten Sie sich deshalb bitte in den nächsten Wochen für Protestaktionen bereit!“

Politiker informieren

Außerdem stellt der SAV den Apotheken einen Entwurf eines Anschreibens bereit, der für den Kontakt mit Landtags- und Bundestagsabgeordneten, Bürgermeister und Landräte verwendet werden kann und auf die Lage der Apotheken aufmerksam macht.

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