Internetkonzerne

Amazon kauft Versandapotheke

, , Uhr aktualisiert am 28.06.2018 16:18 Uhr
Berlin -

Amazon steigt mit der Übernahme der US-Versandapotheke PillPack in den Medikamentenhandel ein. PillPack spezialisiert sich auf die Betreuung von Patienten, die Arzneimittel auf Rezept bekommen: Die Firma stellt die Medikamente zusammen und organisiert den Versand. Amazon nannte keinen Kaufpreis.

PillPack ist spezialisiert auf das Verblistern zum tag- und stundengerechten Stellen der Arzneimittel. Außerdem verfügt die Versandapotheke über eine ausgefeilte Software zur zeitgerechten Versandsteuerung.

Das Team von PillPack vereine ein tiefes Verständnis für den Apothekenmarkt mit einem Fokus auf Technologie, sagte Jeff Wilke, Amazon CEO Worldwide Consumer. Das Unternehmen sorge für eine bedeutende Verbesserung der Lebensqualität seiner Kunden, indem es Zeit erspare und sie gesünder mache. Dabei wolle man helfen. „Wir sind gespannt darauf, was wir zusammen für unsere Kunden tun können.“

„PillPack macht es für jeden Kunden einfach, das richtige Medikament zur richtigen Zeit zu bekommen und sich gesünder zu fühlen“, so TJ Parker, Mitgründer von PillPack und heutiger CEO. „Wir sind begierig darauf, zusammen mit Amazon und Partnern in der Gesundheitsindustrie den Menschen in den USA zu helfen, einen besseren Apothekenservice zu bekommen.“

Das Unternehmen wurde 2013 von TJ Parker, Apotheker in zweiter Generation, und Betriebswirt Elliot Cohen gegründet; beide hatten sich am Massachusetts Institute of Technology kennengelernt. Dritter Partner war der Grafiker Brian Hoffer. Bei der ersten Finanzierungsrunde sammelten die Gründe eine halbe Million US-Dollar ein, in den darauf folgenden Jahren stiegen die Investoren Atlas Venture (3,5 Millionen Dollar), Accel (8,8 Millionen Dollar), CRV (50 Millionen Dollar) und Astral Capital (55 Millionen Dollar) ein.

Die Aktien von Apothekenkonzernen wie Walgreens und CVS brachen um 10 Prozent ein. Bereits seit den ersten Gerüchten vor einem Jahr haben die Papiere deutlich an Wert verloren. PillPack tritt am Markt selbstbewusst auf: „Forget what you know about pharmacy: Driving to the store, waiting in line, chasing refills—today’s pharmacy is a pain. PillPack is a service that saves you time, headache, and hassle.“

Der weltgrößte Online-Händler war nicht der einzige Interessent: Im April hatte der Fernsehsender CNBC berichtet, PillPack stehe vor der Übernahme durch den Supermarkt-Riesen Wal-Mart. Der Preis liege unterhalb der Marke von einer Milliarde Dollar, hieß es damals unter Berufung auf informierte Personen. Wal-Mart baut gerade massiv sein Online-Geschäft aus, um Amazon Paroli zu bieten.

Seit Längerem wird auch darüber spekuliert, dass Amazon in den deutschen Arzneimittelmarkt einsteigen könnte. Bislang gibt es aber nur eine Kooperation mit einem Münchener Apotheker. Informationen über eine Übernahme der Shop-Apotheke wurde von deren Management unlängst erneut dementiert: „Gerüchte, dass wir diesbezüglich Gespräche mit Amazon führen, haben wir klar dementiert“, so Finanzchef Ulrich Wandel im Handelsblatt. Amazon müsse sich in Europa auf einen sehr heterogenen Markt einlassen, so Wandel. „Derzeit hat das Unternehmen aber erst einmal im Heimatmarkt USA mit ihrem Arzneimittelhandel alle Hände voll zu tun.“ Er erwarte nicht, dass Amazon auf kurze oder mittlere Sicht mit einem Arzneimittelversand in den europäischen Markt einsteigt. „Dazu müssten sie eine ausländische Versandapotheke kaufen.“

Bereits heute gehört Amazon laut einer Analyse der Unternehmensberatung Dr. Kaske im Geschäft mit OTC-Arzneimitteln zu den Schwergewichten der Branche: „Amazon ist unter den Top 5 im OTC-Markt nach Umsatz“, so Fabian Kaske. Mit weiteren Vorstößen sei zu rechnen. Kaske kann sich nicht vorstellen, dass es Amazon bei der bisherigen Kooperation der Münchener Bienen-Apotheke im Rahmen von „Prime Now“ belässt. Das reiche nämlich nicht, um mit den großen Versandapotheken zu konkurrieren.

Im Gegensatz zu anderen Konkurrenten im Online-Apothekenmarkt gehe es Amazon nicht um Gewinn, sondern um Wachstum. Dies habe zur Folge, dass dementsprechend hohe Preisunterschiede entstehen und die Konkurrenz mit dieser Maßnahme nicht mithalten könne, erwartet Kaske. „Wenn Amazon in den Markt kommt, wird sich die Entwicklung um einige Jahre beschleunigen“, so der Geschäftsführer der Agentur. Auf lange Sicht werde sich Amazon einen großen Marktanteil im Online-Apothekenbereich sichern.

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