Apothekenstärkungsgesetz

Saar will AKK, Maas und Altmaier gegen Spahn mobilisieren

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Berlin -

Mit drei Spitzenpolitikern ist das Saarland als kleinstes Bundesland überproportional prominent in der Großen Koalition vertreten. Nun will Saarlands Kammerpräsident Manfred Saar die früheren Ministerpräsidenten des Landes, Annegret Kramp-Karrenbauer (AKK), aktuell CDU-Vorsitzende, Heiko Maas (SPD, Außenminister), und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) gegen das Apothekenstärkungsgesetz von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in Stellung bringen: „An dieser Stelle können wir Ihnen aber versprechen, dass wir mit allen (!) politischen Entscheidungsträgern aus dem Saarland sprechen werden, um eine für den Berufsstand tragbare Lösung zu finden“, schrieb Saar jetzt in einem Infobrief an alle Apotheker des Saarlandes.

Über die Erfolgsaussichten dieses Vorhabens lässt sich nur spekulieren. Allerdings hat sich Wirtschaftsminister Altmaier schon einmal gegen Spahn – vorerst – durchgesetzt. Auf Intervention Altmaiers wurde die Neuregelung der Importförderung für Arzneimittel im Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) geändert. Im ersten GSAV-Entwurf sollte der Passus noch angepasst werden, im Regierungsentwurf vom 11. Januar hieß es dann, er sei überholt und solle komplett gestrichen werden. Im überarbeiteten Entwurf, der am 22. Januar veröffentlicht wurde, tauchte plötzlich eine ganz neue Regelung auf, wonach eine neue, dreiteilige Importklausel eingeführt werden soll.

Allerdings waren in diesem Fall saarländischen Interesse besonders berührt. In Merzig sitzt mit Kohlpharma der größte Arzneimittelimporteur und der größten Arbeitgeber der Region. Wie es mit der Importförderklausel im GSAV weitergeht, entscheidet sich in den nächsten Wochen. Auch der Bundesrat hat noch ein Wort mitzureden. Die Länder fordern die Abschaffung der Klausel.

Deutschlands Apotheker begrüßten die Absicht des Bundesgesundheitsministeriums, die Apotheken vor Ort zu stärken, heißt es in dem ausführlichen Info-Brief von Saar und Kammergeschäftsführer Carsten Wohlfeil einleitend. Als wesentliche Voraussetzung für die Erreichung dieses Ziels sähen sie den Erhalt und die Stärkung der Gleichpreisigkeit für alle rezeptpflichtigen Arzneimittel an. In ihrer Stellungnahme zum vorliegenden Referentenentwurf eines neuen Apothekengesetzes würden die Apotheker deshalb den Gesetzgeber auffordern, die Einhaltung der Arzneimittelpreisverordnung nicht nur im Rahmen der Gesetzlichen Krankenversicherung, sondern auch für Privatversicherte und Selbstzahler zu gewährleisten. „Deswegen muss auf die vom Ministerium vorgesehene Streichung von § 78 Absatz 1 Satz 4 Arzneimittelgesetz verzichtet werden“, so Saar.

Auch die saarländischen Apothekerorganisationen hätten den Beschluss der ABDA-Sonder-Mitgliederversammlung am 2. Mai mitgetragen. Dem Vorausgegangen seien „natürlich zum Teil sehr emotional geführte Diskussionen; ging es doch nicht mehr und nicht weniger um einen DER Eckpfeiler des deutschen Apothekerwesens, nämlich die Gleichpreisigkeit für rezeptpflichtige Arzneimittel – auch im grenzüberschreitenden Warenverkehr“. Der vom Bundesgesundheitsministerium vorgelegte Referentenentwurf zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken weise hier mit der Streichung des § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG „eklatante Schwächen auf“. Saar: „Wir werden die Gleichpreisigkeit mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln verteidigen. Um es auch hier klar zu sagen: Die Gleichpreisigkeit dient nicht der Apotheke, sondern allein dem Patientenschutz; wir wollen nicht, dass der kranke Patient in einer für ihn schwierigen Situation erst Preisvergleiche anstellen muss!“

Auch führe die Streichung des § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG dazu, dass kurzfristig auch inländische Versandapotheken nicht mehr an die Arzneimittelpreisverordnung gebunden sein werden. Das Bundesverfassungsgericht werde in Hinblick auf den aus Artikel 3 Grundgesetz resultierenden Gleichbehandlungsgrundsatz nicht akzeptieren, dass der gleiche Normgeber gleichgelagerte Sachverhalte unterschiedlich regele.

Saar bezweifelt, dass bei Spahn die Bereitschaft bestehe, die geplante Streichung des § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG wieder aufzugeben. Dann greift Saar Spahn persönlich an: „Es mutet schon fast abenteuerlich an, welche Verrenkungen Jens Spahn unternimmt, um den Versandhandel seiner ‚holländischen Freunde‘ zu retten.“ Hier werde auf „anderer politischer Ebene noch erheblicher Gesprächsbedarf bestehen“. Die Kammer werde „mit allen (!) politischen Entscheidungsträgern aus dem Saarland sprechen werden, um eine für den Berufsstand tragbare Lösung zu finden“. Aber auch das wird sehr schwierig werden.

Kritik übt Saar auch am Brief von Spahn an die EU-Kommission: In „demokratisch mehr als zweifelhafter Manier“ habe Spahn bereits vor Abschluss des Anhörungsverfahrens im Namen der die Bundesregierung der Europäischen Kommission Anfang Mai mitgeteilt hat, dass § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG gestrichen werde. „Versüßt“ worden sei die Mitteilung mit dem Kommentar: „§ 78 wird seit dem EUGH Urteil von 2016 nicht mehr angewendet, also seit über 3 Jahren nicht. Warum einige in der Apothekerschaft so für einen Paragrafen kämpfen, der seit so vielen Jahren rechtlich keine Wirkung mehr entfaltet und auch keine mehr entfalten wird, erschießt sich uns nicht wirklich“. Damit habe die Bundesregierung „quasi offiziell die im Arzneimittelgesetz verankerte Gleichpreisigkeit für rezeptpflichtige Arzneimittel begraben!“

Es sei enttäuschend, dass die Bundesregierung so kraftlos sei und nicht mehr zur Verteidigung der Arzneimittelpreisverordnung im grenzüberschreitenden Warenverkehr tue. Dann kommt Saar erneut auf die ABDA-Mitgliederversammlung am 12. Dezember 2018 zu sprechen. Dort habe Spahn wörtlich gesagt: „Ich sag`s mal so: Dann ist meine politische Kraft so gebunden (Anm.: Bei Umsetzung des Rx-Versandverbotes), dann habe ich keine Kraft mehr für andere Dinge.“

Statt einen neuen Prozess vor dem EuGH anzustreben gebe es nun eine „klägliche Aufgabe eines der Grundprinzipien des deutschen Apothekenrechts!“ Mit „Kuschen“ vor der EU-Kommission erweise man Europa keinen Dienst. Die Bundesregierung habe die Pflicht, in Deutschland aus gutem Grund geltende Prinzipien in einem Wettstreit der Ideen auch vor der EU-Kommission zu verteidigen. Die saarländischen Apothekerorganisationen würden jetzt alles tun, „um unsere Überzeugungen zu verteidigen! Zur Not durch Wiederaufnahme der Forderung, den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu verbieten, sollte sich die Gleichpreisigkeit rechtssicher nicht verwirklichen lassen“, so der Kammerpräsident. Allerdings sei der Abbruch der Gespräche mit dem Gesundheitsministerium keine Alternative, auch wenn dies emotional nachvollziehbar. Saar: „Wie sagte Friedemann Schmidt, Präsident der ABDA, so schön: Es bringt nichts, in Schönheit zu sterben!“

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