Einwaagekorrekturfaktor

Hohe Mathematik in der Rezeptur

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Berlin -

Das korrekte Einwiegen der Wirk- und Konservierungsstoffe für Rezepturen ist häufig komplizierter als gedacht. In Ringversuchen wird regelmäßig festgestellt, dass die hergestellten Salben oder Tropfen eine zu geringe Wirkstoffmenge aufweisen. Der Grund: Bei der Herstellung wurde die chemische Beschaffenheit der Substanzen nicht berücksichtigt. Beim Wiegen darf nicht vergessen werden, die korrekte Menge über den Einwaagekorrekturfaktor zu ermitteln.

Oft kommen Rezeptursubstanzen nicht in der Form in der Apotheke an, wie sie auf dem Rezept gefordert sind. Die Stoffe können zum Beispiel Kristallwasser enthalten oder im Laufe der Zeit trocknen und dann an Masse verlieren. Möglicherweise ist der Wirkstoff nur als Salz zu bestellen, in der Rezeptur ist die Menge des Wirkstoffes aber als Reinstoff angegeben. Der Qualität der Substanzen tut dies keinen Abbruch. Rechnet man aber die zusätzlichen – oder entfallenden – Mengen nicht in die Rezeptur ein, kann die Konzentration der Wirkstoffe um mehr als 10 Prozent abweichen. Im schlimmsten Fall wird es dann für den Patienten gefährlich.

Um die Abweichungen zwischen Soll- und Ist-Menge zu ermitteln, bedient man sich einer einfachen Formel. Der Korrekturfaktor wird mit dem Buchstaben f abgekürzt. Für die Berechnung benötigt man den geforderten Gehalt, der in der Regel 100 Prozent beträgt, und den Ist-Gehalt der Wirkkomponente. Dann kann die Berechnung mit der Formel „f= Soll-Gehalt durch Ist-Gehalt“ einfach erfolgen.

Das klingt zunächst nicht kompliziert – je nachdem, aus welchem Grund ein Gehaltsunterschied besteht, müssen allerdings noch unterschiedlichste Zusatzfaktoren berücksichtigt werden. Die genauen Berechnungen werden im Neuen Rezeptur-Formularium (NRF) erläutert. Um die Fülle der verschiedenen Situationen übersichtlicher zu machen, werden die Wirkstoffe in acht verschiedene Gruppen unterteilt. Die Gruppen 1 bis 4 beinhalten Substanzen, für die einzelne Einflussfaktoren berücksichtigt werden müssen. In den Gruppen 5 bis 8 können Einwaagekorrekturen für Stoffe, für die mehrere Zusatzfaktoren zutreffen, berechnet werden.

In Gruppe 1 wird beispielsweise der Trocknungsverlust von Substanzen berücksichtigt. Ist auf dem Analysezertifikat ein Trocknungsverlust von 7 Prozent angegeben, muss der Ist-Gehalt der Substanz mit 93 Prozent in die Formel eingesetzt werden. Etwas komplizierter wird es in Gruppe 3, in die Wirkstoffe fallen, die als Salze vorliegen. In diesem Fall muss zunächst der Salzanteil herausgerechnet werden, um auf den Ist-Gehalt der Wirkkomponente zu kommen. Dieser berechnet sich aus dem Verhältnis der Molekularmassen des gelieferten Stoffes und der eigentlichen Wirkkomponente.

Noch komplexer wird es, wenn verschiedene Einflussfaktoren in die Berechnung einfließen. Dann ist es wichtig, sich mit Hilfe des NRF gemeinsam mit einer Kollegin Schritt für Schritt durch die Rechnungen zu kämpfen und sich gegenseitig zu kontrollieren. Eine große Hilfe bietet außerdem die Excel-Datenbank, die auf der CD des NRF zu finden ist. In dem Dokument sind nicht nur die wichtigsten Arzneistoffe gelistet, für die der Einwaagekorrekturfaktor ermittelt werden muss. Die dazu passenden Formeln sind ebenfalls hinterlegt. Mittlerweile besteht auch die Möglichkeit, den Faktor online auf der Website des NRF zu berechnen. Man sollte allerdings immer selbst noch einmal nachkontrollieren, ob das Ergebnis plausibel ist.

Die Berechnung des Einwaagekorrekturfaktors wird nur bei arzneilich wirksamen Stoffen und Konservierungsmitteln durchgeführt. Dies passiert am besten gleich dann, wenn die Rezeptursubstanz neu in der Apotheke eingetroffen ist. Auf dem immer mitgelieferten Analysezertifikat findet man alle relevanten Faktoren, wie den Trocknungsverlust oder den Wassergehalt. Bei der Identitätsprüfung kann gleich der passende Faktor berechnet und auf dem Stand- oder Vorratsgefäß notiert werden. Dann muss die Berechnung nicht bei jeder einzelnen Rezeptur erneut vorgenommen werden.

Der Korrekturfaktor wird immer mit drei Nachkommastellen angegeben. Wenn eine Rezeptur mit dem Stoff hergestellt werden soll, werden dann die geforderten Mengen mit dem Faktor multipliziert und die resultierende Masse eingewogen. Meist muss etwas mehr Wirkstoff verwendet werden als auf dem Rezept angegeben. Diese Differenz kann man übrigens über die Krankenkasse abrechnen. Auf dem Abgabegefäß sollte aber trotzdem die vom Arzt geforderte Menge angegeben werden, damit es beim Patienten nicht zu Verwirrungen kommt.

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