Google for Jobs vs. Stellenbörsen

Fachkräftemangel: So werde ich vor der Konkurrenz gefunden

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Berlin -

Auch wenn die Coronapandemie in den letzten Monaten einige andere Probleme drängender erscheinen ließ: Der Fachkräftemangel bleibt. Vor allem außerhalb der Ballungsräume haben Apotheken nach wie vor massive Probleme, neues Personal zu finden. Umso wichtiger ist es, sich gut zu positionieren, um die wenigen freien Apotheker:innen, PTA und PKA abzugreifen. Doch auch der Stellenbörsenmarkt ist im Umbruch – Google wirbelt ihn mit seinem eigenen Angebot gerade kräftig durcheinander. Das kann eine Chance für Apotheken sein, erklärt SEO-Experte René Ramcke.

Google ist mächtig – so mächtig, dass der Suchmaschinengigant mit neuen Angeboten stets ganze Branchen in Bedrängnis bringen kann, von Reiseanbietern über Onlineshops bis hin zu Medienhäusern und eben auch Jobportale. 23 Anbieter, darunter Schwergewichte wie Stepstone, forderten deshalb schon kurz nach dem Deutschlandstart von „Google for Jobs“ 2019 in einem Brief an EU-Wettbewerbskommissarin Magarete Vestager, dass die EU dem Konzern „unfaire Praktiken“ untersagen solle. Denn natürlich spielt Google bei online gesuchten Stellenausschreibungen seine eigenen Ergebnisse prominent vor allen anderen aus – Kenner von Jens Spahns Google-Deal dürfte das bekannt vorkommen.

„Statistisch gesehen starten 54 Prozent aller Internetreisen auf Google. Es ist verrückt, wie große die Macht dieser Suchmaschine ist“, sagt Ramcke. „Google verdient Geld, wenn die Leute auf seiner Seite suchen und dort auch bleiben. Die Suchmaschine sammelt Daten und schaltet darauf aufbauend gezielt Werbung, deshalb will Google die Nutzer auf seiner Seite halten und holt immer mehr Funktionen, darunter Bildersuche, News, Google-Scholar, Videosuche, Flugsuche und seit Mai 2019 eben auch Google for Jobs in Deutschland.“ Allerdings: Bisher ist das Jobportal eher eine Einbahnstraße, denn vor allem unter kleinen und mittleren Unternehmen hat es sich noch nicht so sehr herumgesprochen, wie man erwarten könnte. Und hier sieht Ramcke die große Chance für Apotheken, die sich jetzt gut aufstellen.

Denn wie bei (fast) allem anderen auch, schauen die allermeisten Menschen auch bei der Jobsuche erst einmal bei Google nach: 78 Prozent laut aktuellen Statistiken. Und das auch immer häufiger, wie Ramcke an Beispielen illustriert: „Wenn man sich bei den Google-Suchtrends zum Beispiel den Begriff ‚Apothekerjobs‘ anschaut, erkennt man: Im Januar 2016 wurde der 170 gesucht, im Januar 2021 waren es schon 590 Mal. Das gilt so für alle Begriffe aus dem Bereich Jobs in der Apotheke“, erklärt er. „Dass der Einzelwert so niedrig ist, hängt vor allem damit zusammen, dass Jobs meist lokal gesucht werden, die meisten schauen also Beispielsweise nach ‚PTA Stelle Hamburg‘ oder dergleichen.“ Was sie da bei Google for Jobs finden, wird zwar als Erstes angezeigt, ist aber meist weit weniger wertvoll als das, was kuratierte Jobportale bieten. „Es finden sich bis heute bei Google for Jobs fast keine Stellenanzeigen, die direkt von Apotheken stammen, weil das außer ein paar Recruitern kaum jemand auf dem Schirm hat.“

Und das hat einen einfachen Grund: Bei Google for Jobs muss niemand inserieren, stattdessen crawlt der Google-Algorithmus quer durch das Internet und erkennt Stellenangebote eigenständig. „Dass man da bisher fast gar keine Apotheken sieht, liegt daran, dass das Potenzial kaum einer Apotheke bewusst ist“, so Ramcke. Wer jedoch diesen Mechanismus für sich zu nutzen weiß, könne im Ringen um die raren Fachkräfte einen spürbaren Vorteil verschaffen.

Und das sei sogar günstiger als Inserate bei den bekannten Stellenbörsen. Denn anders als die ist Google for Jobs kostenlos – denn man muss sie nicht selbst aufgeben, sondern nur dafür sorgen, dass die Suchmaschine sie von selbst als Stellenagebote erkennt. „Man muss bestimmte, strukturierte Daten in der Stellenanzeige auf der eigenen Homepage einpflegen, damit Google sie beim Crawlen auch als Stellenanzeige erkennt und entsprechend der Qualität der Metadaten auch listet“, erklärt Ramcke.

Das heißt: Es reicht nicht, eine Stellenauschreibung auf die Apothekenwebsite zu stellen und „Stellenanzeige“ darüber zu schreiben. Die Metadaten mundgerecht für den Google-Algorithmus mundgerecht zu konfigurieren, ist aber glücklicherweise nicht so schwer, wie es im ersten Moment klingen mag.

„Im Wesentlichen bedeutet es: Ich kann eine Stellenanzeige auf meine Seite packen und muss dabei auf bestimmte Richtlinien achten. Denn wenn ich nur eine Seite mit ‚Apotheker gesucht‘ und ein paar Infos mache, reicht das für Google nicht aus, um es als Stellenanzeige zu erkennen.“ Wichtige Angaben wie Gehaltsangaben, Arbeitsort und -zeiten müssen dabei nicht auf der Seite selbst stehen, sondern auch in den Metadaten hinterlegt sein.

Doch wie hinterlege ich solche strukturierten Daten? „In html mit einem speziellen Skript, es gibt aber auch schon ein paar Tools, die das automatisch machen können“, sagt Ramcke. Wenn man einen Entwicklerkontakt für die eigene Website hat, könne man das dort anfragen und unkompliziert erledigen lassen. „Wenn man pfiffig ist, kann man das auch selbst machen. Ich würde aber empfehlen, sich jemanden mit Expertise zu holen, da viele Richtlinien beachtet werden müssen, um die Stellenanzeige zu optimieren.“

Jemand mit Expertise erkenne dann auch Fehler, die der Laie nicht sehe: Beispielsweise würden viele Seiten auch die Unterseiten mit den Stellenanzeigen auf den Index stellen, der nicht gecrawlt wird. Eine Möglichkeit, das eigene Ranking zu verbessern, gebe es nur durch strukturierte Daten – angeblich. „Man darf diese Aussagen von Google nicht immer für bare Münze nehmen. Der Suchalgorithmus ist schließlich deren Geschäftsgeheimnis, deshalb hält sich der Konzern bei sowas immer etwas bedeckt“, sagt Ramcke. „Im Prinzip ist es aber so. Man kann das Ranking nicht wirklich beeinflussen, außer dadurch, dass die strukturierten Daten möglichst vollständig sind.“

Und möglichst vollständig heißt: Nichts dem gesunden Menschenverstand überlassen, denn der crawlt die Seite nicht. Stattdessen sollten Stellenanzeigen immer möglichst detailliert sein, also das Gehalt möglichst angeben, den Arbeitsort am besten möglichst genau mit Adresse, die detaillierten Arbeitszeiten, einen genauen Jobtitel, eine Beschreibung der Apotheke, wie lange das Jobangebot gültig ist, Details zum Angestelltenverhältnis, Tätigkeitsbeschreibungen und nicht zuletzt auch Themen wie „Was Sie bei uns erwartet“ oder „Warum Sie sich bei uns bewerben sollten“ – wie gesagt: Jeder Apotheker weiß, welche Tätigkeiten ihn in einer öffentlichen Apotheke erwarten, der Google-Algorithmus aber nicht. Dabei, so rät Ramcke explizit, solle man auch darauf achten, inhaltliche Dopplungen zu vermeiden. Und dann gibt es neben dem Inhalt noch die Form – auch die kann entscheidend sein.

„Google hat auch technische Richtlinien, zu denen beispielsweise gehört, dass strukturierte Daten nur auf dieselbe Seite sein sollten, auf der auch die Stellenanzeige ist“, erklärt Ramcke. „Deshalb gilt: Für jede Stellenanzeige sollte man eine eigene Unterseite verwenden – also nicht eine Seite, auf der ich alle Stellenanzeigen nacheinander aufzähle.“ Und auch hier gilt wieder: Der Google-Algorithmus crawlt Internetseiten, nicht Besitzverhältnisse. Soll heißen: Hat man mehrere Apotheken, mag es zwar wie eine gute Idee erscheinen, alle Stellenanzeigen auf allen Apothekenseiten zu veröffentlichen. Schließlich ist es ein Verbund und abwechselnd in mehreren Filialen zu arbeiten, ist auch nicht unüblich. Die Suchmaschine erkennt dann aber nur, dass auf der Seite von Apotheke A eine Stellenanzeige für Apotheke B ist – und hält das eventuell für eine falsche Darstellung, die es abzustrafen gilt. „Es ist eventuell möglich, das mit mehreren Apotheken zu machen, aber die Empfehlung ist ganz klar: Man sollte Stellenanzeigen immer nur auf der Seite der zugehörigen Apotheke veröffentlichen, um da Fehler zu vermeiden“, sagt Ramcke. „Wenn man vier verschiedene Apotheken hat, sollte man also auch vier verschiedene Karriereseiten haben.“

Auch wie ernst man es mit der Stellenausschreibung meint, erkennt der Algorithmus nicht von allein – er hat aber einen Anhaltspunkt, den man als Apotheke kennen sollte: Google möchte nur Stellenanzeigen listen, die relevant sind, noch offen und bei denen man sich unkompliziert zu bewerben kann. „Deshalb sollte man die Möglichkeit geben, sich direkt über die Website zu bewerben“, sagt Ramcke. „Eine einfache E-Mail-Adresse geht zur Not auch, im Idealfall habe ich aber ein eingebundenes Kontaktformular, bei dem man gleich Unterlagen wie Lebenslauf, Zeugnisse und so weiter hochladen kann.“

Die Bedeutung solcher Maßnahmen könne man unabhängig von den eigenen Bemühungen auch an den allgemeinen Zahlen erkennen, sagt Ramcke: „Google berichtet auf Grundlage von Fallstudien, dass es durch Google for Jobs in bestimmten Bereichen 35 Prozent mehr Zugriffe auf Firmenseiten ohne Markenbezug gibt, also die Suche nach Jobtiteln, nicht nach Unternehmen“, erklärt er. „Das ist vor allem für Apotheken relevant, weil kaum jemand nach Jobs in einer bestimmten Apotheke sucht, sondern eher nach Jobbeschreibung und -ort.“

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