Fehlende Wertschätzung für Apothekeberufe

„PTA und PKA sind keine berufsmäßigen Gehilfen!“

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Berlin -

Kleine Worte haben oft eine große Wirkung – vor allem, wenn sie in die Ohren von Menschen gelangen, für die sie eigentlich gar nicht bestimmt waren. Die „berufsmäßigen Gehilfen“ sind so ein Fall: Ein juristischer Sammelbegriff für Berufsgruppen wie PTA, PKA, aber auch MTA oder Alten- und Krankenpfleger. Worauf Technokratensprache allerdings oft keinen Wert legt, sind Konnotationen – und das stört PTA Sandra Müller. Für sie zeigt der Begriff, woran des PTA und PKA mangelt, nämlich an der Anerkennung für ihre Arbeit. Die Hoffnung, dass sich ihre Standesvertretung dabei für sie einsetzt, hat sie längst aufgegeben.

Eigentlich haben PTA und PKA in dem Fall eher eine Nebenrolle gespielt – es ging nämlich am Dienstag um die Ausstellung digitaler Impfzertifikate durch Apotheken. Die Regierungsfraktionen im Bundestag haben in einer Formulierungshilfe für einen Änderungsantrag zum Zweiten Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) durchdekliniert, worauf dabei in der Apotheke zu achten ist – eigentlich ein ziemlich trockenes Schriftstück, wäre da nicht dieser eine Begriff. Der gab dem Text eine Brisanz, die sich viele Apothekenmitarbeiter:innen gern erspart hätten.

„Eine Kollegin hat den Artikel extra ausgedruckt und uns vorgelesen“, erzählt Müller, die seit zehn Jahren in der Apotheke Stadtpassage im bayerischen Senden arbeitet. „Da waren wir alle sofort unter der Decke!“ Die Ausdrucksweise habe das ganze Team wütend gemacht, sagt sie – denn auch wenn sie rein technisch gesehen vielleicht zutreffend sein möge, sei es dennoch ungerecht, PTA und PKA so zu bezeichnen.

„PTA und PKA sind keine berufsmäßigen Gehilfen! Wir schaffen genauso wie jeder Apotheker, manchmal sogar noch mehr“, sagt Müller. Aber was sind sie dann? „Es heißt Pharmazeutisch-Technische Assistenten – so sollte man es auch nennen, Assistenten. Das Wort Gehilfen kommt billig rüber, da fühlen wir uns nicht wertgeschätzt.“

Doch damit spiegelt die Ausdrucksweise letztlich die tatsächlichen Verhältnisse, nämlich die fehlende Wertschätzung für den Beruf, beklagt sie. „Von der Politik kriegen wir die nicht und wenn man Nachrichten hört, wird jeder hochgelobt, nur die Apotheken nicht, erst recht nicht die PTA und PKA“, so Müller. „Ich habe noch nicht einmal gehört, dass Herr Spahn sagt, die Apothekenmitarbeiter machen einen tollen Job. Ärzte, Krankenschwestern und Altenpfleger werden immer genannt und haben das ja auch absolut verdient! Aber wieso lässt man uns immer außen vor? Von den Apotheken hört man nur, wenn sie Masken zu teuer verkaufen oder mal wieder etwas falsch gemacht haben sollen.“ Besonders schmerzhaft sei das, wenn man deren tatsächlichen Arbeitsalltag kenne – und mache auf lange Sicht genau den noch einmal schwerer.

„Unseren Beruf will keiner mehr machen, weil man kaum was verdient, aber arbeiten muss wie blöde. Und dann kriegen wir immer noch mehr Aufgaben aufgehalst. Das stößt uns besonders auf“, sagt Müller. Dass sie nun auch noch Impfpässe prüfen sollen, passt da ins Bild. „Was sollen wir denn noch alles machen? Wir schaffen doch schon am Limit!“, sagt sie. Die Art und Weise, wie PTA und PKA dargestellt werden, mache das Problem auf Dauer nur noch schlimmer – Apotheken hätten jetzt schon große Schwierigkeiten, PTA und PKA zu finden, weil es viel zu wenige gebe. Durch die schwierige Personalsituation stiegen Arbeitsaufwand und verschlechterten sich die Arbeitsbedingungen. Der Beruf werde noch unattraktiver, noch weniger Menschen absolvierten die Ausbildung und es werde noch schwieriger, neue PTA und PKA zu finden – ein klassischer Teufelskreis.

Und dass die Art und Weise, wie über die Arbeit von Apotheken im Allgemeinen und die von PTA und PKA im Besonderen berichtet wird, auch in der Bevölkerung verfängt, kriegt Müller auch in der Offizin mit. „Wir sind so ein tolles Team, wir machen alles möglich, was geht – und dann muss man sich oftmals so anmachen lassen“, erzählt sie. „Es gab schon Kunden, die uns gesagt haben: ‚Das bisschen bisschen Schachtelnverkaufen, das kann doch jeder!‘ Man müsste viel besser darstellen, was PTA und PKA tun. Aber man sieht es ja schon an unserer Bezahlung, wir PTA haben alle eine Fachausbildung und kriegen dann so wenig.“

Eigentlich wäre es an Verbänden und Kammern – und auf Bundesebene vor allem an der Abda – sich für bessere Arbeitsbedingungen und ein besseres Image des Berufsstandes einzusetzen. Doch von der Seite erwartet Müller nicht viel: „Unserer Standesvertreter sind eine absolute Schande, die kann man alle in der Pfeife rauchen!“, sagt sie. „Ich bin seit 40 Jahren im Beruf und werde von meiner Rente kaum leben können. Da kommt von oben überhaupt nichts!“

Auch Druck von unten zeige bisher kaum Wirkung. „Meine Chefin hat schon unzählige Male mit der Abda telefoniert und dahin geschrieben, aber eine vernünftige Antwort hat sie nie erhalten.“ Eigentlich wäre es an der Zeit, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen – aber wie? „Unsere Chefin hatte schon vergangenes Jahr die Idee, dass wir alle mal nach Berlin fahren und dort demonstrieren. Das wollten wir auch tun, aber dafür hatten wir dann keine Zeit – eben weil wir so viel arbeiten müssen.“

 

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