Corona-Schutz

Apotheke baut Medikamentenrutsche

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Berlin -

Not macht erfinderisch, auch in Zeiten der Corona-Epidemie. Die Hasenleiser-Apotheke Rohrbach in Heidelberg hat besondere Maßnahmen zum Infektionsschutz ergriffen: Sie gibt Medikamente über eine Rutsche ab, um eine möglichst sichere Distanz zwischen Personal und Patienten zu gewährleisten. Die Eigenkonstruktion ist seit Mittwoch im Einsatz und bewährt sich bisher – mit einem schönen Nebeneffekt.

Bauschaum und Panzertape halten die Welt zusammen, das zeigt sich gerade wieder: Weil die Offizin zu klein für den notwendigen Sicherheitsabstand ist und die Bedienung durch die Notdienstklappe nichts bringt, haben sich Inhaberin Michal Lea Schutz-Krause und ihr Lebensgefährte Harald Klinger Gedanken gemacht, wie sie ihre Kunden aus sicherer Distanz bedienen können. Herausgekommen ist eine abenteuerlich aussehende Konstruktion, die Klinger in Eigenregie gebastelt hat. „Hat mein Partner gebaut, er ist immer Feuer und Flamme für solche Ideen“, sagt Schutz-Krause. „Das ist alles improvisiert, wir haben gestern noch im Bauhaus Holz gekauft – normale Pressspahnplatten – und der Rahmen ist ein Kleidergestell, das wir noch zuhause hatten“, erklärt ihr Lebensgefährte.

Bisher hat sie sich die Improvisation bewährt: Auf zwei entgegengesetzten Schienen befindet sich jeweils ein kleiner Buggy auf Rädern. In je eine Richtung sind die Schienen abschüssig, sodass Kunde und Apothekenmitarbeiter Geld und Ware einfach in die Wagen legen und dann herabsausen lassen. Dabei hatte Klinger sogar ein Auge fürs Detail: Die Rollen passen jeweils zur Farbe des Wagens.

Das klingt banal und ist es auch, trägt aber zur Wirkung bei, denn die ist neben dem Infektionsschutz auch eine Botschaft an die Kunden. Die haben kein Problem mit der unkonventionellen Konstruktion, sie mögen den kuriosen Anblick sogar. „Die Leute sind begeistert und lachen“, sagt Schutz-Krause. „Das ist ein schöner Nebeneffekt, schließlich sind gerade alle ziemlich gestresst und schlecht drauf wegen der Situation.“

Das hatte Schutz-Krause in den vergangenen Tagen selbst zu spüren bekommen. Sie berichtet von einem enormen Kundenauflauf und gereizter Stimmung in den vergangenen Tagen. Dadurch sei ihr auch die Idee gekommen, etwas Neues auszuprobieren. „Es hat damit angefangen, dass vorgestern mehrere Leute in der Apotheke waren und wollten, dass zwei Meter Abstand zu den anderen eingehalten wird. Das ist hier aber kaum möglich, dazu ist die Apotheke zu klein.“ Von einer Bedienung durch die Notdienstklappe, wie man es in den vergangenen Tagen immer wieder hört, hält sie hingegen nicht viel. „Das bringt doch nichts, da ist man direkt Gesicht an Gesicht.“

Ihre Rutschenkonstruktion schaffe da hingegen Abhilfe. „Wir haben darauf geachtet, dass die Bahnen zwei Meter lang sind und wir einen entsprechenden Abstand einhalten können“, erklärt sie. Die rollenden Kisten desinfiziert sie nach jeder Benutzung. Und auch Einschränkungen bringe die Rutsche nicht. „Das funktioniert einwandfrei, auch EC-Zahlungen funktionieren. Die Kunden legen ihre Karte in den Korb und ich hole dann das Gerät.“

Die Rutschen bringen darüber hinaus auch den Vorteil, dass sie die Offizin leer halten und nur die Mitarbeiter die Räumlichkeiten betreten: Für die Kunden hat Schutz-Krause draußen Stühle aufgestellt, die Leute sitzen vor der Apotheke und unterhalten sich, bis sie dran sind. „Ob sie drinnen in der Schlange warten oder draußen sitzen ist ja kein großer Unterschied. Im Moment spielt das Wetter ja gut mit.“ Und selbst wenn es regnen sollte, gibt es noch ein Vordach. „Der einzige Nachteil ist, dass die Tür die ganze Zeit offensteht und uns manchmal kalt wird.“ Solange die derzeitige Situation anhält, wolle sie die Konstruktion behalten. Eine Dauerlösung kann es aber nicht sein, sagt ihr Lebensgefährte: „Wir hoffen, dass das Virus bald abklingt, weil wir nicht wissen, wie lange die Konstruktion hält.“

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