Streit um Hilfstaxe

Rezepturzuschlag: BSG stärkt Apotheken

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Berlin -

Apotheken dürfen den Rezepturzuschlag pro applikationsfertiger Einheit abrechnen – und nicht nur einmal je Rezept. Dieses wichtige Grundsatzurteil hat das Bundessozialgericht (BSG) getroffen und Retaxationen der AOK Bayern über insgesamt 6000 Euro für unrechtmäßig erklärt.

Im Streit ging es um zytostatikahaltige parenterale Lösungen: Verordnet waren je Rezept „2x Azacitidin“ mit jeweils mehr als 50 mg Wirkstoff; laut Fachinformation für das Arzneimittel sollten Dosen über 100 mg zu gleichen Teilen auf zwei Spritzen aufgeteilt werden. Eine Apotheke aus Thüringen hatte entsprechend zwei Zuschläge für zwei Spritzen abgerechnet. Die AOK retaxierte einen Betrag von insgesamt 6000 Euro, denn sie hielt nur einen Zuschlag je Verordnung für abrechnungsfähig: Laut Anlage 3 Hilfstaxe könne nur ein Zuschlag je Verordnung abgerechnet werden, denn der hier geregelte Zuschlag „pro applikationsfertiger Einheit“ knüpfe nicht an die einzelne Spritze, sondern an die ärztlich verordnete Gesamttagesdosis an.

Wortlaut entscheidet

Das sah das BSG anders: Die Vereinbarung zwischen GKV-Spitzenverband und Deutschem Apothekerverband (DAV) sei als eine normenvertragliche Abrechnungsbestimmung nach ständiger Rechtsprechung auch des Senats „streng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang“ auszulegen. Bewertungen und Bewertungsrelationen müssten außer Betracht bleiben.

Mit der Formulierung „pro applikationsfertiger Einheit“ werde zum Ausdruck gebracht, dass jede je für sich abgabefertige und je für sich vollständige, hergestellte Zubereitung zur Abrechnung eines Rezepturzuschlags berechtigt, bei Spritzen – wie hier – danach jede einzelne injektionsfertige Spritze mit hergestellter Zubereitung. „Applikationsfertig in diesem wörtlichen Sinne ist eine Einheit auch dann, wenn es zur Erreichung der ärztlich verordneten Gesamttagesdosis einer weiteren applikationsfertigen Einheit bedarf, hier einer zweiten Spritze.“

Diesem Wortlautverständnis stehe auch nicht entgegen, dass eine verordnete Tagesdosis aus mehreren applikationsfertigen Einheiten bestehen könne, selbst wenn diese auf einmal zu verabreichen sein sollten. „Die Abrechnungsbestimmung zum Rezepturzuschlag bezieht sich nach ihrem Wortlaut nicht auf die ärztlich verordnete Gesamttagesdosis hergestellter zytostatikahaltiger parenteraler Zubereitungen.“

Charge ist nicht Einheit

Auch eine systematische Betrachtung komme zum selben Ergebnis: In der Hilfstaxe werde die an einem Tag je Verordnung hergestellte Anzahl identischer applikationsfertiger Einheiten als Charge bezeichnet. „An diesen Begriff knüpft indes die Zuschlagsregelung nicht an; abrechnungsfähig ist nach dieser ein Zuschlag für die Herstellung zytostatikahaltiger parenteraler Zubereitungen pro ‚applikationsfertiger Einheit‘ und nicht pro Charge.“

Hätte die vertragliche Regelung einen Rezepturzuschlag für eine verordnete Gesamttagesdosis zytostatikahaltiger parenteraler Zubereitungen vorsehen sollen, hätte dies laut BSG von den Vertragspartnern der Hilfstaxe so ausdrücklich vereinbart werden müssen. Die geltende Regelung überschreite auch nicht den Gestaltungsspielraum der Vertragspartner.

Somit hätten die beanstandeten Abrechnungen in Übereinstimmung mit der vertraglichen Abrechnungsbestimmung gestanden. Der Apotheker habe auch keinen Anlass gehabt, die Verordnung von „2x Azacitidin“ mit jeweils mehr als 50 mg Wirkstoff für unplausibel und vor Herstellung und Abrechnung für mit dem verordnenden Arzt klärungsbedürftig zu halten, weil sie der Fachinformation für das Arzneimittel entsprach.

Blaupause für Sozialgerichte

Bundesweit wird über den Rezepturzuschlag vor verschiedenen Sozialgerichten gestritten. Zuletzt hatte das LSG Baden-Württemberg entschieden, dass der Rezepturzuschlag nach Hilfstaxe unabhängig von der verordneten Menge nur einmal pro Verordnung abgerechnet werden kann – und nicht pro zubereiteter Einheit. In dem Fall ging es um Retaxationen in Höhe von 845 Euro im Zusammenhang mit Ciclosporin-Augentropfen. Da jeweils wie verordnet zwischen sechs und zwölf Fläschchen à 5 ml hergestellt wurden, hatte die Apotheke für jede Einheit den Rezepturzuschlag in Höhe von damals 7 Euro abgerechnet.

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