30 Termine für Samstag

„Impf-Hausbesuche sind deutlich anstrengender“

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Berlin -

Samstag ist bei Apotheker Dr. Nojan Nejatian Impftag. Jedes zweite Wochenende will der Inhaber der Heegbach Apotheke im hessischen Erzhausen gegen Covid-19 immunisieren. Auch Hausbesuche seien möglich, sagt er. Wirtschaftlich lohne sich das Impfen aber nicht – dafür investiere er unter anderem zu viel Zeit in das Zusatzangebot. „Mir geht es nicht um Geld.“ Denn es müsse sorgfältig geprüft werden, welche Kund:innen an Arztpraxen weitergeleitet werden müssen.

36 Menschen impfte Nejatian bereits mit Comirnaty gegen Covid-19, sogar eine Erstimpfung sei darunter gewesen. Die ersten Impfwilligen fand er unter anderem durch einen Facebook-Aufruf. Der Apotheker veröffentlichte ein Foto von sich und seinem Impfheft und teilte die geplanten Zeiten mit. „Unser Traffic über Social Media ist nicht schlecht“, sagt er. Die Apotheke sei auch wegen vergangener Impfaktionen in Kooperation mit Ärzt:innen bekannt. Der Beitrag erhielt rund 80 „Likes“ und wurde neunmal geteilt.

Kundschaft gezielt auf Impfung ansprechen

Schwung in die Nachfrage brachte jüngst ein Bericht über das Impfangebot in einer lokalen Zeitung. Nejatian rät Kolleg:innen, auf die regionalen Medien zuzugehen, um über das Angebot aufmerksam zu machen. Außerdem spricht er bestimmte Gruppen wie die über 70-Jährigen oder Menschen, die mit Janssen immunisiert wurden, gezielt auf das Impfangebot an. Die Resonanz ist weiter gut. „Für kommenden Samstag mussten wir von zwei auf fünf Vials aufstocken“, freut er sich.

Konflikte mit Arztpraxen gebe es letztlich nicht – auch wenn der Weg zur Impfung nicht einfach war: „Es war schwer, Ärzte zu finden, die einen geschult haben. Ich habe acht gefragt und erst der neunte hat zugesagt“, sagt Nejatian. Zudem ist ihm seine Verantwortung bewusst. „Mir ist wichtig, dass ich mir Zeit nehme, die Fragen vorab zu beantworten. Bei Fällen von Multimorbidität oder Polypharmazie leite er an Ärzt:innen weiter. „Man muss seine Grenzen kennen.“

Bisher liefen die Impftermine reibungslos ab. Auch Anfragen von Heimbewohnern für einen Hausbesuch habe es bereits gegeben. „Die Tochter hat dann aber gesagt, dass sich ihre Mutter freuen würde, wenn sie einmal rauskommt“, so der Apotheker. Die Seniorin ist jetzt für kommenden Samstag eingeplant. „Hausbesuche sind deutlich anstrengender und beim Impfen nicht die beste Wahl wegen der Hygiene.“

Nejatian verfügt über Kontakte in Heime und war im Rahmen einer Impfaktion in Senioreneinrichtungen für das Aufziehen der Spritzen verantwortlich. Wichtig sei, alle Ablagen zu desinfizieren und die Kanüle bis zuletzt geschlossen zu halten. Zudem müssten die Impfstoffe sicher transportiert werden. Für die Impfung bei einem Hausbesuch gibt es einen Bonus von 35 Euro auf das Impfhonorar von 28 beziehungsweise 36 Euro. Für das Impfen jeder weiteren Person in derselben Einrichtung gibt es jeweils 15 Euro zusätzlich.

Hausbesuche für bettlägerige Kundschaft

Hausbesuche lohnten sich wirtschaftlich auch mit dem Zuschuss erst, wenn man ein komplettes Vial verimpfen könne, sagt Nejatian. Außerdem komme der Fahrtweg dazu, der nicht vergütet werde. Für bettlägerige Kund:innen sei es jedoch wichtig, auch ihnen bei Bedarf ein Impfangebot machen zu können. „Wichtig ist, bei Hausbesuchen auch die Angehörigen über mögliche Nebenwirkungen in Kenntnis zu setzen.“

Für ein wirtschaftliches Impfen durch Apotheker:innen seien Fertigspritzen von Vorteil. Momentan sei es beispielsweise kaum möglich, genug Impfwillige für die Verwendung eines Vials Spikevax für eine Boosterimpfung zusammenzubekommen. Das spiegelt sich auch in den Impfstoffbestellungen der Apotheken wider, die beim Moderna-Impfstoff zuletzt drastisch zurückgegangen sind. Wirtschaftlich wäre es, wenn mehr als 100 Impfwillige gefunden würden, sagt der Apotheker. Bei dem Modell geht er von einem Stundenlohn pro geschulten Approbierten von 50 Euro aus und berechnet die Personalkosten für eine Mitarbeiter:in, die die Daten einträgt sowie zusätzliche Materialien wie Pflaster und Tupfer. Auch Telefonanrufe, bei denen sich Menschen über das Angebot informierten, würden nicht abgerechnet.

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