Brexit

Folgen für Apotheken

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Berlin -

Der Brexit ist für Bundeskanzlerin Angela Merkel „ein Einschnitt für Europa“. Großbritanniens Premierminister David Cameron hat er seinen Wohnsitz in der Londoner Downing Street gekostet: Er trat folgerichtig zurück. Welche konkreten Konsequenzen der EU-Austritt des Königreichs für den europäischen Apotheken- und Pharmamarkt hat, lässt sich aber erst später mit Gewissheit abschätzen – wenn der Austrittvertrag fertig ist. Verschiedene Bereiche könnten betroffen sein.

Beim Austritt gibt es grundsätzlich zwei Optionen. Bei einem „Radikal-Brexit“ wäre Großbritannien als Drittstaat zu behandeln wie beispielsweise Botswana. Dann wären etwa Reimporte von der Insel nicht mehr möglich. Und für den Export nach Großbritannien müsste die neue Regierung neue Spielregeln festlegen. Ergeben die Austrittsverhandlungen wie bei Norwegen für Großbritannien einen EFTA-Status, ändert sich am derzeitigen Handel mit Arzneimittel dagegen gar nichts.

EU-weit gilt zudem die Richtlinie für Arzneimittelsicherheit. Bis 2019 hat sich danach auch Großbritannien verpflichtet, ein neues Sicherheitssystem für Arzneimittelpackungen einzuführen. Die Verpflichtung würde mit dem EU-Austritt hinfällig. Jedes Land kann sein eigenes System einrichten. Mit Aegate und Solidsoft sind neben Arvato zwei britische Anbieter dabei.

ABDA, Hersteller und der Großhandel haben sich in Deutschland auf das Securpharm-System mit einem 3D-Code verständigt. Daran ändert der Brexit nichts: „Wir bedauern das Ergebnis der Abstimmung zutiefst. Die Umsetzung der Fälschungsschutzrichtlinie in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, dessen Ziel der Patientenschutz ist, bleibt davon jedoch unberührt“, so eine Securpharm-Sprecherin.

Beim Europäischen Berufsausweis wird sich nach Abschluss des Austritts definitiv etwas ändern: Das elektronisches Verfahren zur Anerkennung der Berufsqualifikation für Apotheker gilt nur in EU-Ländern, also auch nicht in der Schweiz oder Norwegen. Da wäre Großbritannien also auf jeden Fall raus.

Innerhalb von EU, EWR und Schweiz würde der Berufsabschluss der britischen Apotheker weiterhin automatisch anerkannt. Die Apothekerausbildung erfüllt die in der Berufsanerkennungsrichtlinie genannten Mindeststandards: Entscheidend ist ein mindestens fünfjährige pharmazeutische Ausbildung. Davon müssen mindestens vier Jahre an einer Universität absolviert werden sowie ein mindestens sechsmonatiges Praktikum in einer Apotheke oder in einem Krankenhaus.

Das müssen britische Apotheker in Deutschland bei den zuständigen Behörden vorlegen: Identitätsnachweis, Lebenslauf, Zeugnisse, ärztliche Bescheinigung der gesundheitlichen Eignung, Führungszeugnis, Sprachnachweis über das Niveau B2 für Allgemein- und C1 für Fachsprache nach dem europäischem Referenzrahmen.

Anders könnte es sich mit dem Aufenthaltsrecht erhalten. Als Nichtmehr-EU-Bürger könnten Briten dann ihren Wohnsitz nicht ohne Weiteres nach Deutschland verlegen. Dafür müsst dann ein gesonderter Antrag gestellt werden.

Apotheker aus Drittstaaten müssen ein individuelles Anerkennungsverfahren durchlaufen. Dass ihr Abschluss mit der Approbation gleichzusetzen ist, müssen sie vor den Behörden nachweisen. Sie müssen dazu die gleichen Unterlagen vorlegen wie EU-Bürger. Werden zu große Unterschiede in den Ausbildungen festgestellt, müssen die Apotheker aus Drittstaaten das Dritte Staatsexamen in Deutschland nachholen. Aber das wäre bei den Apothekern aus Großbritannien eher unwahrscheinlich, da die Gleichwertigkeit formell schließlich schon anerkannt wurde.

Für deutsche Apotheker in Großbritannien ändert sich nichts, falls das Königreich Mitglied des EWR bliebe. Es bliebe bei der automatische Berufsanerkennung nach Zeugnisvorlage sowie der weiteren geforderten Dokumente. Würde Großbritannien formal betrachtet ein „Drittstaat“, müsste Abschluss auf Gleichwertigkeit von den zuständigen Behörden geprüft werden. Unter Umständen könnte es dann erforderlich werden, dass deutsche Apotheker britische Prüfungen oder Prüfungsabschnitte absolvieren müssen.

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