300 Euro Strafe: Kassen führen Retax-Blacklist ein Tobias Lau, 18.11.2019 17:50 Uhr
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„Regulieren, Drangsalieren, Strangulieren“: Krankenhausgesellschaften schlagen Alarm wegen der Reform des MDK. Sie sollen künftig Strafen für falsche Abrechnungen zahlen. Foto: Pixabay
Berlin - Das MDK-Reformgesetz soll den Medizinischen Dienst der Krankenkassen von diesen lösen und als unabhängige Körperschaft des öffentlichen Rechts ausgestalten. Gleichzeitig bringt es im Detail viele Änderungen mit sich, die nicht allen Betroffenen schmecken: So kam die Bundesregierung einer langjährigen Forderung der Krankenkassen nach, Kliniken für fehlerhafte Abrechnungen retaxieren zu können. Die Klinikbetreiber wehren sich mit drastischen Worten.
Die Klage der Klinikbetreiber dürfte jedem Apothekeninhaber nur allzu bekannt vorkommen: „Die Mitarbeiter im Krankenhaus bemühen sich um korrekte und transparente Abrechnung der Patientenbehandlung in einem hochkomplexen und kaum überschaubaren System“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung zahlreicher Verbände unter Federführung der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). „Der MDK aber sucht im Auftrag der Krankenkassen und mit Rückendeckung der Politik nach den kleinsten Kürzungsmöglichkeiten und sanktioniert die Krankenhäuser mit Strafzahlungen.“ Die tatsächlich geleistete Patientenversorgung bleibe dabei völlig unberücksichtigt.
Grund für die gemeinsame Erklärung, der sich neben zahlreichen Krankenhausgesellschaften auch die Arbeiterwohlfahrt (AWO), die Diakonie, der Deutsche Städtetag und der Verband der Universitätsklinika Deutschlands angeschlossen haben, sind die Neuerungen, die mit dem MDK-Reformgesetz ab dem 1. Januar gelten sollen. So ist vorgesehen, dass dann jedes Krankenhaus eine Strafzahlung von 300 Euro zahlen muss, sobald der MDK eine Abrechnung beanstandet. Bisher müssen dies nur die Krankenkassen tun, wenn der MDK eine von ihnen als falsch bewertete Abrechnung nicht weiter beanstandet. Durch die neue Regelung soll den Krankenhäusern „ein Anreiz für eine regelkonforme Rechnungsstellung“ geboten werden, heißt es im dahingehenden Änderungsantrag der Regierungsfraktionen.
Und die Reform geht noch weiter. „Künftig soll die Abrechnungsqualität eines Krankenhauses den Umfang der zulässigen Prüfungen durch die Krankenkassen bestimmen“, schreibt das Bundesgesundheitsministerium (BMG). Dazu werde ab dem Jahr 2020 eine maximale Prüfquote je Krankenhaus bestimmt, die den Umfang der Prüfungen begrenzen soll. Ab 2021 wird die Höhe der Prüfquote dann durch die Qualität der Abrechnungen bestimmt. „Die Krankenhäuser, die schlecht abrechnen, werden mehr geprüft als gut abrechnende“, so das BMG. Die Konsequenz daraus: „Eine schlechte Abrechnungsqualität hat negative finanzielle Konsequenzen für ein Krankenhaus.“ Eine Aufrechnung mit Rückforderungen der Krankenkassen gegen Vergütungsansprüche der Krankenhäuser ist künftig nur noch in festgelegten Ausnahmefällen zulässig. Gleichzeitig sollen strittige Kodier- und Abrechnungsfragen systematisch reduziert und unnötige Prüffelder im Bereich der neuen Pflegepersonalkostenvergütung vermieden werden.
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