Branchenstandard für Apotheken

Berufsgenossenschaft: Backoffice ins Homeoffice verlegen

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Berlin -

Erst kürzlich hat die Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte Deutschlands (APD) Empfehlungen zu Hygienemaßnahmen in Apotheken im Zuge einer Pandemie veröffentlicht. Anfang Juli hat auch die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) einen „Branchenstandard für Apotheken“, der auf dem SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) basiert, vorgelegt.. Dieser konkretisiert und ergänzt laut BGW die Arbeitsschutzmaßnahmen. Darin schickt die BGW Apotheker für Bürotätigkeiten aus dem Backoffice ins Homeoffice. Und längere Aufenthalte von Personen, die nicht zum Apothekenpersonal zählen, müssen dokumentiert werden.

Ausführlich befasst sich die BGW mit den Schutzmaßnahmen für das Apothekenpersonal und empfiehlt die bekannten Abstandsregeln und Schutzmaßnahmen wie Plexiglasscheiben und Schutzkleidung. Auch für die Apothekeninhaber und Filialleiter hat die BGW eine Empfehlung: „Büroarbeiten wie Großbestellungen oder Abrechnungsarbeiten sollten in einem separaten Büro, wenn möglich nicht in der Apotheke, sondern im Homeoffice ausgeführt werden.“ Das ist eine von 17 Maßnahmen, die die Berufsgenossenschaft umgesetzt wissen will.

Grundsätzlich haben für die BGW technische Maßnahmen Vorrang vor organisatorischen und personenbezogenen Maßnahmen. „Daher sollte eine transparente Abtrennung auf Gesichts- und Körperhöhe im Kassenbereich installiert werden, falls die Einhaltung des Mindestabstandes von 1,5 Metern zwischen Beschäftigten und Kundschaft nicht möglich ist. Soweit arbeitsbedingt die Abstandsregel von 1,5 Metern nicht eingehalten werden kann und technische Maßnahmen wie Abtrennungen zwischen den Arbeitsplätzen nicht umsetzbar sind, müssen die Beschäftigten mindestens Mund-Nasen-Bedeckungen tragen“, heißt es dort. Apothekenfremde Personen wie Kunden oder „Personen des Großhandels“ müssten eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen und sollten sich die Hände bei Betreten der Apotheke desinfizieren.

Der BGW-Branchenstandard für Apotheken sei eine „Richtschnur zur Auslegung des Arbeitsschutzgesetzes“. Er zeige auf, wie die betreffenden Arbeitsschutzvorschriften in den Betrieben umgesetzt werden. Zugleich orientiere sich die Beratung und Überwachung der BGW an diesem Standard. Darüber hinaus sind länderspezifische Vorgaben ebenso wie weitere ergänzende Empfehlungen des RKI zu beachten. Die Verantwortung für die Umsetzung notwendiger Infektionsschutzmaßnahmen träge der Arbeitgeber entsprechend dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung. Betriebsärztliche Beratung und sicherheitstechnische Betreuung durch Fachkräfte für Arbeitssicherheit sei nötig sowie die Abstimmung mit der betrieblichen Interessenvertretung. „Die BGW berät die Apotheken und überwacht gleichzeitig nach SGB VII die Umsetzung dieses Branchenstandards“, heißt es.

Bei der Arbeitsplatzgestaltung Apotheke decken sich die BGW-Vorgaben mit den bekannten Abstands- und Hygieneregeln. Die Distanz von mindestens 1,5 Metern müsse um jeden Arbeitsplatz in alle Richtungen eingehalten werden können. Dabei sei eine angemessene Bewegungsfläche zu berücksichtigen. Seien die Abstände nicht einzuhalten beim Beratungsgespräch im Kassenbereich, sei als technische Schutzmaßnahme eine transparente Abtrennung auf Gesichts- und Körperhöhe zu installieren. Diese sollte sowohl einen frontalen als auch seitlichen Schutz aufweisen. Falls ein Notdienstfenster für die Beratung und Verkauf genutzt werde, müsse dies in seiner baulichen Ausstattung geeignet sein, die Beschäftigten ähnlich der zuvor genannten Trennvorrichtung zu schützen, oder es müsse dort ebenfalls eine schützende Trennvorrichtung installiert werden. Kontaktloses Bezahlen sei zu bevorzugen.

Alle Räume der Apotheke insbesondere die Offizin müssten ausreichend belüftet werden – „selbst bei ungünstiger Witterung“. Dies reduziere etwaige Infektionsrisiken, da es die Menge möglicherweise in der Luft vorhandener erregerhaltige Tröpfchen verringere. Raumlufttechnische Anlagen (RLT-Anlagen) sollten nicht abgeschaltet werden, da dies die Aerosolkonzentration in der Raumluft erhöhen und somit das Infektionsrisiko verstärken könne. Ein Umluftbetrieb der RLT-Anlage sollte vermieden oder zumindest verringert werden.

Beim Botendienst müssen die Apotheken die Ausstattung der Fahrzeuge mit „Utensilien zur Händehygiene, zur Desinfektion, mit Papiertüchern und Müllbeutel“ vorsehen. Fahrradboten seien mit einem persönlichen Händedesinfektionsmittel auszustatten. „Die abwechselnde Nutzung von Fahrzeugen durch mehrere Beschäftigte sollte möglichst vermieden werden. Darüber hinaus ist der Personenkreis, der ein Fahrzeug nacheinander benutzt, möglichst zu beschränken, indem ein Fahrzeug einem festgelegten Team zugewiesen wird“, so die BGW. Innenräume der Botenfahrzeuge seien regelmäßig zu reinigen, insbesondere bei Nutzung durch mehrere Personen.

Besprechungen oder Mitarbeiterschulungen mit Anwesenheitspflicht sollten laut BGW auf das „absolute Minimum reduziert oder verschoben werden“. Der Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen Kunden und Beschäftigten sowie zwischen den Beschäftigten untereinander müsse in alle Richtungen eingehalten werden. Die Belegungsdichte von Arbeitsbereichen und gemeinsam genutzten Einrichtungen sei zeitlich zu entzerren – etwa durch versetzte Arbeits- und Pausenzeiten oder Schichtbetrieb. Der Zutritt und Aufenthalt apothekenfremder Personen wie Vertreter, Handwerks-, Kurier- und Lieferdienste, könne häufig nicht so organisiert werden, dass alle anwesenden Personen den Sicherheitsabstand von 1,5 Metern stets einhalten könnten, daher müsse mindestens eine Mund-Nasen-Bedeckung getragen werden.

Der Aufenthalt der apothekenfremden Personen sei auf ein Minimum zu beschränken. Falls möglich sollten Termine so vereinbart werden, dass Personenansammlungen in Stoßzeiten verhindert würden. „Kontaktdaten sowie Zeitpunkt des Betretens / Verlassens der Apotheke von apothekenfremden Personen, die sich für einen längeren Zeitraum in der Apotheke aufhalten, oder Kunden, die intensiver beraten werden, sind zu dokumentieren, damit eine etwaige Infektionskette nachvollzogen werden kann“, so die Berufsgenossenschaft. Die Erhebung dieser Daten sei nach Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zulässig.

 

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