Parteitag

FDP-Apothekerin: „Klientelpartei für den Versandhandel“

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Berlin -

Die FDP hat sich auf ihrem Parteitag für die Abschaffung des Fremdbesitzverbots ausgesprochen. Damit wollen die Freien Demokraten den Weg frei machen für Apothekenketten. „Das war ein rabenschwarzer Tag“, zeigt sich Dr. Andrea Kanold, FDP-Mitglied und Apothekerin, enttäuscht und überrumpelt. Statt sich vom Image der Klientelpartei reinzuwaschen, sei die FDP jetzt die „Klientelpartei für den Versandhandel“. Trotzdem will sie weiter in der FDP bleiben und für die Interessen der Apotheker kämpfen.

ADHOC: Wie haben Sie den Parteitag erlebt?
KANOLD: Ich bin enttäuscht. Das war ein rabenschwarzer FDP-Parteitag für die Apotheker. Ich fühle mich regelrecht überrumpelt. Die Abstimmung über die Änderungsanträge zum Kapitel für die Arzneimittelversorgung lief so ungeordnet und chaotisch, dass niemand mehr wusste, worüber gerade abgestimmt wurde.

ADHOC: Aber der Antrag des Landesverbandes Bayern für die Abschaffung des Fremdbesitzverbotes stand doch auch im Antragsbuch.
KANOLD: Das ist richtig. Aber es ging drunter und drüber. Auf der Anzeigetafel wurde lediglich der Änderungstext von Bayern in Kooperation mit dem Präsidium eingeblendet und der Änderungstext aus Baden-Württemberg erschien gar nicht mehr. Ich habe meine Wortmeldung zum Antrag des Landesverbandes Baden-Württemberg eingereicht und wurde sofort nach dem Einblenden des Änderungsantrags der Landesgruppe Bayern und des Präsidiums aufgerufen. Obwohl noch der Änderungsantrag von Bayern an die Wand projiziert wurde, hielt ich mein Plädoyer für den Antrag aus Baden-Württemberg, der den Status quo als Übergangslösung vorsah und weitere Expertise einholen wollte. Als dann unser Antrag aus Baden-Württemberg an die Reihe kam, war die Debatte bereits abgebrochen und weitere Wortmeldungen wurden nicht zugelassen. Ich hatte keine Gelegenheit, eine Gegenrede gegen den Antrag Bayerns zum Fremdbesitzverbot zu halten.

ADHOC: Der Antrag zur Abschaffung des Fremdbesitzverbotes wurde ja gar nicht zur Diskussion gestellt, weil er zuvor schon von der Antragskommission angenommen worden war.
KANOLD: Ja, so ist das gelaufen. Der Antrag wurde aufgerufen und mündlich verkündet, da noch weitere Änderungen eingearbeitet waren. Schließlich wurde über den bayrischen Antrag abgestimmt ohne eine weitere Debatte. Das Thema war damit abgehakt. Wir, die Antragssteller aus Baden-Württemberg, fühlten uns total überrumpelt.

ADHOC: War das eine Panne oder vermuten sie dahinter Parteitagsregie?
KANOLD: FDP-Chef Christian Lindner hat ja bereits am Freitag am Beispiel des Versandhandels klar gemacht, dass die FDP keine Klientelpartei mehr sein will. Irgendwie sind hier die Apotheker zwischen die politischen Fronten geraten – als Beispiel dafür, wie klientelfrei die Politik der FDP sein will. Da wurde das Kind mit dem Bad ausgeschüttet. Jetzt ist die FDP die Klientelpartei für den Versandhandel.

ADHOC: Waren Sie denn die einzige Apothekerin als FDP-Delegierte beim Parteitag?
KANOLD: Nein. Zwei weitere haben sich bei mir anschließend gemeldet. Aber warum sind sie in der Debatte nicht aufgestanden? Das müssen wir Apotheker noch lernen. Wir müssen politischer werden, uns wie die Ärzte zu Wort melden und für unsere Interessen auf offener Bühne kämpfen. Außerdem: Wo war die ABDA beim FDP-Parteitag? Auf der Parteitagsmesse habe ich nur DocMorris gesehen.

ADHOC: Wie geht es jetzt mit Ihnen und der FDP weiter?
KANOLD: Ich will jetzt nicht den Kopf in den Sand stecken und wegen meiner tiefen Verärgerung austreten. Es ist jetzt umso wichtiger, den Kampf aufzunehmen. Das war jetzt das Wahlprogramm. Ich werde mein Engagement für die FDP zwar etwas reduzieren. Aber trotzdem alle Hebel in Bewegung setzten, die FDP von diesem Irrweg wieder abzubringen. Was hat sich meine FDP dabei bloß gedacht? Ich fürchte, bei dieser Positionierung war auch viel Unkenntnis über die Zusammenhänge des Arzneimittel- und Apothekenmarktes im Spiel. Das müssen wir Apotheker korrigieren und in die Offensive gehen.

ADHOC: Wie soll das gehen? Selbst ABDA-Präsident Friedemann Schmidt hat doch mit FDP-Chef Lindner geredet und nichts erreicht.
KANOLD: Im NRW-Landtagswahlkampf haben wir die Chance dazu. Wir Apotheker müssen mit unseren Fragen und Positionen lästig sein, nerven und nicht nachlassen. Ich schlage vor, dass wir Wahlprüfsteine für jeden Politiker, der auf Landes- oder Bundesebene gewählt werden will, formulieren. Wir müssen die Politiker stellen.

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