E-Health-Gesetz

Gröhe: Keine Retax wegen Arzt-Software

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Berlin -

Die Bundesregierung unternimmt erste Schritte, um Retaxationen für Apotheken zu begrenzen. Mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) sollen sich Kassen und Apotheker auf neue Regeln bei Nullretaxationen einigen. Parallel sollen Ursachen von Retaxationen jeder Art vermieden werden: Die Ärzte sollen verpflichtet werden, ihre Software auf dem aktuellen Stand zu halten. Das sieht das E-Health-Gesetz vor, das am Mittwochvormittag vom Bundeskabinett besprochen wird.

Konkret soll § 73 Sozialgesetzbuch V (SGB V) geändert werden. Der sieht bislang vor, dass die Software in den Arztpraxen die notwendigen Informationen für eine Verordnung bereitstellt. Das Problem sind die relativ langen Zyklen der Aktualisierung. Während die Apotheken-EDV alle zwei Wochen auf den aktuellen Stand gebracht wird, arbeiten viele Ärzte mit veralteten Versionen.

Das führt in der Praxis regelmäßig zu Mehraufwand, wenn der Apotheker den Fehler auf der Verordnung bemerkt. Im schlimmsten Fall wird der Apotheker retaxiert. Die Apotheker haften in diesen Fällen für die Fehler ihrer ärztlichen Kollegen.

Das will die Regierung künftig vermeiden. Die Arztsoftware soll künftig alle maßgeblichen Informationen auf dem „jeweils aktuellen Stand“ beinhalten. Da explizit auf Preise und Festbeträge verwiesen wird, wäre auch hier der zweiwöchige Rhythmus maßgeblich.

Die Ärzte seien schon heute zu einer wirtschaftlichen Verordnungsweise verpflichtet, aktuelle Preis- und Produktinformationen müssten demnach zur Verfügung stehen, heißt es in der Begründung des Kabinettsentwurfs. „Dies ist aufgrund der derzeitigen Aktualisierungszeiträume in der Praxis nicht hinreichend gegeben.“

Die in den Apotheken bei der Abgabe und zur Abrechnung verwendeten Programme seien bereits heute auf dem jeweils aktuellen Stand, hält die Regierung fest. Die Verwendung unterschiedlicher Informationen könne jedoch zur Retaxation der Apotheke führen. „Die Regelung trägt somit auch dazu bei, die unnötige Retaxation von Apotheken zu vermeiden“, heißt es im Entwurf.

Eine aktuelle Arzt-Software soll zudem den Versicherten böse Überraschungen in der Apotheke ersparen: Denn eigentlich seien die Ärzte verpflichtet, ihre Patienten auf etwaige Aufzahlungen bei Festbetragsarzneimitteln hinzuweisen und über Alternativen zu informieren. Auch über die laufenden Rabattverträge der Kasse des Versicherten müsse der Arzt Bescheid wissen.

Die Arzt-EDV muss auch nach heutiger Regelung schon zertifiziert sein. Jetzt soll sichergestellt werden, dass die Verordnung stets auf Basis der jeweils aktuellen Informationen erfolgt. „Die Regelung knüpft an das bereits bestehende Zertifizierungsverfahren an, sodass kein zusätzlicher bürokratischer Aufwand für die Zertifizierung entsteht“, heißt es im Entwurf.

Das sehen die Ärzte anders: Da die meisten Praxen ihre Software derzeit quartalsweise aktualisierten, entstünde ihnen sehr wohl ein erheblicher Mehraufwand. Die Ärzte schätzen einen Bedarf von bis zu zwei Millionen DVDs, die nach dem Update im Müll landen würden. Zusätzlichen personellen Mehraufwand gebe es selbst bei einer online-Aktualisierung, für die die Voraussetzungen der Telematik-Infrastruktur allerdings auch noch geschaffen werden müssten, heißt es in der Stellungnahme der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zum E-Health-Gesetz.

Für die Ärzte ist daher klar: „Sollte der Gesetzgeber dennoch an dieser für die Arztpraxen mit hohem Aufwand verbundenen und derzeit nicht praktikablen Regelung festhalten, muss eine adäquate Finanzierung vorgesehen werden.“ Zudem sei eine Übergangsfrist von einem Jahr vorzusehen.

Das Retax-Problem der Apotheke sehen die Ärzte zudem nicht. „Der KBV liegen hierzu weder konkrete Beispiele noch Zahlen vor“, heißt es in der Stellungnahme. Bei unklaren Verordnungen obliege es dem Apotheker, diese zu klären, um Retaxationen zu vermeiden. Allerdings zweifelt die KBV daran, dass die Apothekensoftware ausreichend für die Prüfung solcher Fälle ausgestattet ist – etwa mit Blick auf eine korrekte Abbildung der Inhalte der Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA).

Unterstützung erfahren die Apotheker dagegen aus den Fraktionen: Der CDU-Gesundheitspolitiker Dr. Roy Kühne hatte sich ebenfalls dafür eingesetzt, die Arzt-Software „retaxsicher“ zu machen. „Rezepte sollten die Arztpraxis nur noch geprüft und korrekt verlassen können, Apotheker dürfen nicht ins offene Messer rennen“, sagte Kühne Anfang März.

Der GKV-Spitzenverband hatte sich bereits im Dezember in einem Positionspapier entsprechend geäußert: Apotheker aktualisierten ihre Software bereits in 14-tägigem Rhythmus. „Als Voraussetzung für die Teilnahme an der Versorgung müssen auch die verordnenden Ärzte sicherstellen, dass ihnen kurzfristig Informationen über neue Arzneimittel, Preisänderungen, Festbetragsanpassungen, Änderungen der Rabattverträge sowie Veränderungen im Leistungskatalog oder aktuelle Warnhinweise zur Verfügung stehen“, so der GKV-Spitzenverband.

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