Versorgungsstärkungsgesetz

Kassen pochen auf Nullretax

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Berlin -

Die Koalition will Apotheker vor unsachgemäßen Nullretaxationen schützen. Im Referentenentwurf zum GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) findet sich daher die Aufforderung an Apotheker und Krankenkassen, im Rahmenvertrag zu regeln, wann Retaxationen vollständig oder zumindest teilweise unterbleiben sollen. Während sich die Apotheker eine verbindliche Frist wünschen, ab wann sie die Schiedsstelle einschalten können, wollen die Kassen ein Schlupfloch schaffen.

In seiner Stellungnahme zum Referentenentwurf betont der GKV-Spitzenverband, dass im Rahmenvertrag sowohl die aktuelle Rechtsprechung als auch Aspekte der Arzneimitteltherapiesicherheit zu beachten seien. Und weiter: „Formale Vorgaben, beispielsweise aus der Arzneimittelverschreibungsverordnung oder der Betäubungsmittelverordnung, dienen der Arzneimitteltherapiesicherheit.“

Der GKV-Spitzenverband schlussfolgert: „Bei Verstößen gegen diese formalen Vorgaben handelt es sich nicht um 'unbedeutende formale Fehler'. Nur lässliche Fehler ohne Auswirkungen auf die Versorgungsqualität und die Arzneimitteltherapiesicherheit können dazu führen, dass grundsätzlich ein Vergütungsanspruch für den Apotheker entstehen kann.“

Darüber hinaus haben sich die Rahmenvertragspartner laut GKV-Spitzenverband an der einschlägigen Rechtsprechung zu orientieren: „Danach entsteht ein Vergütungsanspruch der Apotheke nur dann, wenn sämtliche gesetzlichen und vertraglichen Abgabevorschriften beachtet wurden“, heißt es weiter. Der GKV-Spitzenverband fordert, diese Aspekte in der Gesetzesformulierung klarer herauszustellen. Außerdem soll festgelegt werden, dass der für die Krankenkasse entstehende Aufwand zu berücksichtigen sein soll.

Die Festsetzung des Kassenabschlags bei 1,77 Euro nickt der GKV-Spitzenverband in seiner Stellungnahme erwartungsgemäß ab. Kassen und Apotheker hatten sich im Vorfeld auf die Festschreibung verständigt. Die Neuregelung der besonderen Versorgung begrüßen die Kassen ebenfalls: „Selektivverträge stellen ein Wettbewerbsinstrument dar und sind grundsätzlich zu befürworten.“ Der Wettbewerb dürfe aber nicht zu Lasten der Qualität der Versorgung oder der Wirtschaftlichkeit gehen.

Weiterhin begrüßen die Krankenkassen, dass Ärzte ab 2016 nur noch zertifizierte Software nutzen sollen. Denn: „Probleme durch unklare oder fehlerhafte Verordnung äußern sich erst außerhalb der Arztpraxis, beispielsweise bei Einlösung der Verordnung in einer Apotheke“, so die Kassen. Dem Arzt selbst entstehe aber kein Nachteil durch fehlerhafte Verordnungen. „Aus diesem Grunde gibt es für die Ärzte kaum einen Anreiz, diese Fehler zu minimieren“, kritisiert der GKV-Spitzenverband. Die Schaffung anlassgerechter Sanktionsmöglichkeiten würde die Qualität der Verordnungen deutlich fördern.

Auch seine Forderung nach einer staatlichen ABDATA greift der GKV-Spitzenverband wieder auf. Bereits in der Stellungnahme zum Pharmapaket Anfang des Jahres hatten die Kassen vorgeschlagen, die Bereitstellung von Pharmazentralnummer (PZN) sowie den zugeordneten Preis- und Produktinformationen einer staatlichen Kontrolle zu unterwerfen.

Insbesondere die Informationsstelle für Arzneispezialitäten (IfA) habe „wiederholt im Interesse ihrer Trägerorganisationen, den pharmazeutischen Unternehmerverbänden, dem pharmazeutischen Großhandel und der ABDA, gehandelt, mit erheblichen Konsequenzen für die Arzneimittelversorgung“. In der Folge sei es beispielsweise zu Behinderungen der Abrechnung zum Erstattungsbetrag und durch Umstellung der Darreichungsformen zu Beeinträchtigungen der Austauschbarkeit bei Rabattverträgen gekommen.

Aus Sicht des GKV-Spitzenverbands hat die Verwaltung der PZN und insbesondere der damit geschlüsselten Preis- und Produktinformationen inzwischen eine hoheitliche Bedeutung. „Es besteht ein dringendes öffentliches Interesse, das Management dieser Datenbank einer unabhängigen Instanz zu übertragen, behördlich zu überwachen und die Bereitstellung neutraler und ungefilterter Informationen für die Kostenträger und Leistungserbringer sicher zu stellen“, erklären die Kassen.

Auf diese Weise könnten auch die Informationsdefizite bei der Praxissoftware aufgefangen werden, argumentiert die Kasse heute wie vor fast einem Jahr. Die Regelungen sollen nicht auf Arzneimittel beschränkt sein, sondern auch für Medizinprodukte, Produkte zur enteralen Ernährung und Verbandstoffe gelten.

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