Teuerstes Medikament der Welt

Zolgensma: Spahn schreibt an Novartis

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Berlin -

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat den Hersteller Novartis aufgerufen, das zwei Millionen Euro teure Medikament Zolgensma bis zu einer Zulassung für Deutschland kostenlos abzugeben. Das Ministerium begrüße es, wenn der Konzern für bis zu zweijährige Kinder mit Spinaler Muskelatrophie kurzfristig ein Härtefallprogramm dafür in Betracht ziehe.

Dies würde das Anliegen unterstützen, die Verunsicherung ihrer Familien in dieser schwierigen Situation zu lindern, heißt es in einem Schreiben des Ministeriums an Novartis. Noch vor der Zulassung in der EU gibt es heftige Debatten um das Medikament. Zwei Kinder in Deutschland haben das Medikament nach Herstellerangaben bisher erhalten, bezahlt von gesetzlichen Krankenkassen.

Über eine „beispiellose Medienkampagne“ sei auf Kassen und Ärzte erheblicher Druck ausgeübt worden, hieß es kürzlich in einem Brief des Gemeinsamen Bundesausschusses von Ärzten, Kassen und Kliniken, des Verband der Universitätsklinika Deutschlands und diverser Kassen an Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Mit einem Preis von 2,1 Millionen Dollar (1,9 Millionen Euro) in den USA ist Zolgensma eines der teuersten Medikamente überhaupt. Eine einmalige Dosis soll Kindern mit Spinaler Muskelatrophie helfen.

Mit dieser seltenen Erkrankung kommt etwa eines von 10.000 Neugeborenen auf die Welt. Auslöser ist ein Gendefekt, der dazu führt, dass die Nerven im Rückenmark die Muskeln nicht ausreichend versorgen. In den USA ist Zolgensma für Kinder bis zwei Jahre seit Mai zugelassen, bis Ende September wurden laut Novartis rund 100 Patienten damit behandelt. Für Deutschland und die EU rechnet Novartis mit 50 potenziellen Patienten und der Zulassung im ersten Quartal 2020.

In Deutschland hatte sich zuvor eine Allianz gegen extrem hochpreisige Medikamente gebildet. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) fordert gemeinsam mit Vertretern der Krankenkassen und der Unikliniken eine gesetzliche Regelung für die Anwendung teurer Arzneimittel, die in Europa noch nicht zugelassen sind. In einem gemeinsamen Brief an Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verlangt das Bündnis, dass sich die Hersteller verpflichten, die Kosten selbst zu tragen.

„Die Kostentragung für eine Anwendung nicht zugelassener Arzneimittel liegt im Verantwortungsbereich des Herstellers“, schreiben G-BA, Kassen und Unikliniken im Brief. Denn obwohl beispielsweise das millionenschwere Arzneimittel Zolgensma in Europa noch nicht zugelassen ist, wurde das Mittel bereits zweimal angewendet. Die Kassen sehen in den überteuren Präparaten eine finanzielle Gefahr: Allein 100 Anwendungen von Zolgensma bedeuten nach bisherigem Preis Kosten von 200 Millionen Euro. Und Zolgensma könnte nur der Türöffner sein. Eine ganze Reihe innovativer Arzneimittel, für die die Hersteller Preise im sechs- oder gar siebenstelligen Bereich aufrufen, könne die finanzielle Situation der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) schwer in Mitleidenschaft ziehen.

Bei Novartis ist man naturgemäß wenig begeistert von dem Vorstoß des Bündnisses. Den Vorwurf, eine Kampagne gegen die Kostenträger zu führen, weist der Konzern zurück und betont, dass er „weltweit mit verschiedenen Akteuren des Gesundheitswesens im Dialog“ stehe, um den Zugang zu Zolgensma zu ermöglichen. „Weltweit warten Eltern darauf, medizinische Innovationen zu erhalten, wir haben viele Anfragen aus der ganzen Welt bekommen“, so der Schweizer Konzern.

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