DocMorris braucht mal wieder frisches Geld. 200 Millionen Franken sollen durch die Ausgabe von neuen Aktien am Finanzmarkt besorgt werden. Aber die neuerliche Kapitalrunde hat es in sich: Der Anteil der bestehenden Aktionäre wird massiv verwässert.
Bei der Generalversammlung in Zürich sollen die Aktionäre heute einer neuerlichen Kapitalerhöhung zustimmen: 36,2 Millionen neue Aktien sollen ausgegeben werden. Das Problem: Aktuell sind 14,8 Millionen Aktien im Umlauf, der Anteil der bestehenden Aktionäre wird durch die Maßnahme also auf 29 Prozent verwässert.
Die Kapitalrunde kommt zur Unzeit; der Aktienkurs liegt mit 21 Franken nur knapp über dem Tief von 17 Franken vor einigen Wochen. Zum Vergleich: In der Pandemie war der Kurs auf rund 400, in der Spitze sogar 500 Franken geklettert. Je niedriger der Aktienkurs, desto mehr neue Aktien müssen zum Erreichen des erforderlichen Volumens platziert werden.
Der Ausgabepreis liegt sogar nur bei 5,75 Franken. Allerdings richtet sich das Angebot zunächst an die derzeitigen Anteilseigner; pro Aktie können sie drei neue Aktien erwerben. Nur wenn das Bezugsrecht nicht ausgeübt wird, können die Aktien vom Verwaltungsrat anderen Aktionären zugeteilt oder am Markt platziert werden. Nichtsdestotrotz: Auf der Grundlage des Ausgabepreises würde DocMorris insgesamt nur mit 282 Millionen Franken bewertet – ein Bruchteil des Betrags vor einigen Jahren.
Immer wieder hatte Zur Rose durch die Ausgabe von neuen Aktien frisches Geld am Kapitalmarkt besorgt, alleine drei Kapitalerhöhungen im Umfang von jeweils rund 200 Millionen Franken gingen in den vergangenen Jahren über die Bühne. Aber eine derart starke Verwässerung wie diesmal gab es noch nie.
Seit dem Börsengang wird sich die Zahl der Aktien nach der neuerlichen Runde ungefähr verachtfacht haben. Der Umsatz ist seitdem aber marginal gewachsen, was dem Verkauf der Aktivitäten in der Schweiz geschuldet ist: Durch den Verkauf des Praxisgroßhandels hatte DocMorris vor zwei Jahren 360 Millionen Franken erzielt, dafür aber Umsatz und vor allem die einzige Sparte mit positivem Deckungsbeitrag geopfert.
Aber damit nicht genug: Weitere 15,4 Millionen Aktien soll das Management in den kommenden Jahren für bestimmte Finanzierungsangelegenheiten ausgeben können, etwa für die Rückzahlung zweier Wandelanleihen, die 2026 beziehungsweise 2029 fällig werden und ein Volumen von 95 beziehungsweise 200 Millionen Franken haben. Wird dieses sogenannte bedingte Kapital genutzt, droht eine weitere Verwässerung um rund ein Viertel.
Die spannende Frage ist, ob die Aktionäre den Plänen zustimmen. Schon 2019 musste sich das Management fragen lassen, wann mit der Verwässerung endlich Schluss ist. Damals waren noch zahlreiche Ärztinnen und Ärzte an Bord, mittlerweile haben Banken und Finanzinvestoren größere Pakete übernommen.
CEO Walter Hess wird vermutlich erklären, dass das Ganze alternativlos ist. Denn die rund 200 Millionen Franken, das jetzt in die Kasse fließen sollen, werden laut Verwaltungsrat für die „Finanzierung des mittelfristig geplanten Wachstums im Bereich der rezeptpflichtigen Medikamente, unter anderem für zusätzliche gezielte Rx-Marketingaufwendungen bis zum Erreichen eines positiven Free Cashflow auf Gruppenstufe im Laufe des Jahres 2027“ sowie möglicherweise die Rückzahlung der ersten Wandelanleihe benötigt. So lange DocMorris weiter Geld verbrennt, werden die Aktionäre bluten müssen.