Prozessauftakt in Berlin

Paxlovid-Geschäfte: Apotheker vor Gericht

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Berlin -

Haben Apothekerinnen und Apotheker in großem Stil das Corona-Medikament Paxlovid weiterverkauft, das ihnen vom Bund kostenlos zur Abgabe überlassen wurde? Seit knapp zwei Jahren laufen dazu Ermittlungen, parallel wurde das Thema politisch ausgeschlachtet. Jetzt startet der erste Prozess: Vor dem Landgericht Berlin (LG) muss sich ein Apotheker wegen besonders schwerer Untreue sowie Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz (AMG) verantworten. Es geht um einen Millionenschaden.

Dem Apotheker aus dem Berliner Stadtteil Neukölln wird vorgeworfen, im Januar 2023 insgesamt 2701 Packungen Paxlovid an eine unbekannt gebliebene Person verkauft zu haben. Durch die missbräuchliche Weiterveräußerung soll der Bundesrepublik ein Schaden von etwa 1,8 Millionen Euro entstanden sein. Der Inhaber hatte laut Anklage 41,65 Euro je Packung verlangt und damit selbst insgesamt 112.000 Euro kassiert. Der Bund hatte das Medikament aber vom Hersteller Pfizer für einen Packungspreis von 665 Euro eingekauft.

Per Allgemeinverfügung vom 11. November 2022 hatte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) geregelt, dass das zentral beschaffte Medikament unentgeltlich über die Apotheken verteilt werden sollte; die Abgabe an Patientinnen und Patienten war nur bei Vorliegen einer ärztlichen Verordnung erlaubt. Ein Handeltreiben sei folglich untersagt gewesen.

Die Apotheken selbst konnten Paxlovid per Sonder-PZN abrechnen und für die Abgabe einen Betrag von 30 Euro netto in Rechnung stellen. Da Beschaffung und Abgabe damit also protokolliert und nachvollziehbar waren, gleichzeitig aber der kolportierte Verkaufspreis nur ein Drittel höher als das zulässige Honorar war, kamen Meldungen über angebliche illegale Weiterverkäufe überraschend.

Bereits Anfang 2023 waren im BMG aber Ungereimtheiten aufgefallen. So soll es durchaus von einzelnen Apotheken Bestellungen gegeben haben, die weit über die üblichen Packungsmengen hinausgingen. „Das BMG hat in Fällen, in denen es Informationen über auffällig hohe Bestellzahlen durch einzelne Apotheken erreicht haben, sowohl die zuständigen Landesbehörden informiert als auch Anzeige bei den zuständigen Staatsanwaltschaften gestellt“, so eine Sprecherin damals.

Nach Durchsuchungen im Dezember 2023 wurden alleine in Berlin sechs Verfahren eingeleitet. In der Hauptstadt sei mit dem vermeintlichen illegalen Handel mit Paxlovid ein Schaden von drei Millionen Euro entstanden, hieß es. Bundesweit wurden bei mehr als 25 Staatsanwaltschaften Strafanzeigen gegen Apotheker:innen erstattet, teilweise wurden auch schon wieder Verfahren eingestellt.

Dem Vernehmen nach halfen die Finanzbehörden den Ermittlern bei der Auswertung. Ihnen steht nämlich mit der Software Idea ein umfangreiches Analyse- und Auswertungstool zur Verfügung, das auch für Betriebsprüfungen genutzt wird. Mittels mathematisch-statistischer Tests kann dabei jede noch so kleine Ungereimtheit ausgelesen werden. Die Ableitungen werden seit Jahren auch von Gerichten anerkannt.

Acht Apotheken in Bayern

In Bayern ging es zunächst um fünf Verfahren bezüglich acht Apotheken. Die Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (ZKG) und polizeiliche Einsatzkräfte aus München, Nürnberg, Bayreuth und Regensburg durchsuchten am 19. Dezember 2023 mehrere Apotheken in Oberbayern, Mittelfranken, Oberfranken und der Oberpfalz wegen des Verdachts der Unterschlagung von Paxlovid, so Oberstaatsanwalt Matthias Held Anfang des Jahres. In den bayrischen Fällen ging es demnach um auffällige Bestellungen von Paxlovid in Höhe einer mittleren dreistelligen Anzahl bis hin zu knapp 2500 Packungen.

Anklage in Baden-Baden

Die Staatsanwaltschaft Baden-Baden hatte Anfang dieses Jahres Anklage gegen eine Apothekerin aus der Kurstadt erhoben. Wie ein Sprecher der Behörde sagte, soll sie 1393 Einheiten Paxlovid ins Ausland verkauft haben. Die genauen Abnehmer sind nicht bekannt; es gebe Hinweise in Richtung Osten. Der Apothekerin wurde Untreue in 63 Fällen vorgeworfen und unter anderem unerlaubtes Großhandeltreiben. Den Schaden bezifferte die Behörde auf über 900.000 Euro.

Hier sei geplant, „über die Eröffnung des Hauptverfahrens noch in diesem Quartal zu entscheiden. Davon hängt auch ab, ob es überhaupt zu einem Hauptverhandlungstermin kommen wird“, heißt es vom Amtsgericht Baden-Baden.

Packungszahl begrenzt

Nach Bekanntwerden des mutmaßlichen Weiterverkaufs hatte das BMG die Bevorratung durch Apotheken auf maximal 20 Packungen begrenzt. Begründet hatte das BMG die Änderung in einem Schreiben an die Abda und den Großhandelsverband Phagro mit „auffällig hohen Bestellzahlen durch einzelne Apotheken“ und „direkte Anfragen zu den Möglichkeiten eines Exports durch verschiedene Marktteilnehmer“.

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