ABDA-Mitgliederversammlung

Saarland: Die Drohkulisse des Jens Spahn

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Berlin -

Interessante Einblicke in den Verlauf der ABDA-Mitgliederversammlung mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eröffnet ein gemeinsames Info-Rundschreiben von Apothekerammer und -verband des Saarlandes. Ausführlich schildern Präsident Manfred Saar und Vorsitzende Claudia Berger Spahns Auftritt: Danach baute der Minister den Vertretern von Kammern und Verbänden eine „Drohkulisse“ auf. Wie sich Kammer und Verband zum Plan B verhalten, ist noch offen. Aber es gibt schwere Bedenken.

Spahns Rede sei im Ergebnis ein Gemisch aus „Ich hab euch lieb“ und „Ich kann auch anderes“ gewesen. Zu Beginn habe der Minister klargestellt, dass er das Beste für eine gute Versorgung wolle und er deswegen seine Vorschläge, seine Eckpunkte vorstelle. Aus seiner Sicht gelte es nun zu sondieren, ob eine große Zahl des Berufsstandes bereit sei, diesen Vorschlägen zu folgen.

In seinen Ausführungen habe Spahn „ganz klar“ zwischen „Plan A“ (Rx-Versandverbot) und „Plan B“ unterschieden. „Ausführungen zu ‚Plan A‘ klangen wenig versöhnlich“, schreiben Saar und Berger. Sitzungsteilnehmer hätten hinter den Ausführungen des Ministers „ganz klar eine Drohkulisse wahrgenommen“. Spahn habe ausgeführt, dass das Rx-Versandverbot weder politisch noch rechtlich ein Selbstläufer sei. Der letzte Entwurf sei im Kabinett gescheitert. Spahn wörtlich: „Wenn Sie mich nachher zwingen – also auch politisch zwingen – mich auf den Koalitionsvertrag zurückzuziehen, dann mache ich auch nur den Koalitionsvertrag … und nicht mehr. Ich habe keinen Leidensdruck – wenn Sie das so wollen, dann mache ich das halt, aber wenn das dann erst in fünf Jahren ist, dann ist es halt so.“

Eine erneute Ressortabstimmung zum Rx-Versandverbot werde mühsam, habe Spahn angekündigt. Da sei so manch einer, der es mal ins Wahlprogramm geschrieben habe, der heute aber ganz anders unterwegs sei. Und dass das mal eben so durch das Parlament gehe, das sehe er auch nicht. Wörtlich sagte Spahn laut Info-Schreiben: „Ich sag´s so: Dann ist meine politische Kraft so gebunden, dann habe ich keine Kraft mehr für andere Dinge.“ Auch sei bei „Wunsch“ nach Plan A seine Power nicht ausreichend, das 2hm-Gutachten aus dem Blick des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) hinauszurücken.

Anschließend habe Spahn sein inzwischen bekanntes Eckpunktepapier vorgestellt. Positiv bewerten Kammer und Verband des Saarlandes die geplante Stützung des Nacht- und Notdienstfonds und die bessere Vergütung der Versorgung mit Betäubungsmitteln sowie die vorgeschlagenen zusätzlichen Mittel für die Einführung von pharmazeutischen Dienstleistungen, „mit denen dringender Versorgungsbedarf der Bevölkerung im Bereich Arzneimitteltherapiesicherheit und Prävention durch niederschwellige Angebote der Apotheken gedeckt werden kann“.

Aber vor allem mit dem vorgeschlagenen Boni-Deckel von 2,50 Euro für ausländische Versender hadern Kammer und Verband: Der EuGH habe in seinem Urteil vom 19. Oktober 2016 klar zum Ausdruck gebracht, dass die Arzneimittelpreisverordnung für ausländische Versandapotheken „in Gänze“ nicht gelte. „Dann gilt sie aber auch nicht mit einem dort hinterlegten Boni in Höhe von 2,50 Euro. Das weiß natürlich auch der Minister. Deswegen kann an sich nur der Schluss gezogen werde, dass die ausländischen Versandapotheken im Vorfeld mit Jens Spahn dahingehend übereingekommen sind, den dann gesetzlich geregelten Boni von 2,50 Euro rechtlich nicht angreifen zu wollen. Ob dem tatsächlich so ist, kann natürlich nicht gesagt werden. Dann wäre aber der Minister seinem Ziel näher, die Versandhandelsproblematik endlich ‚vom Tisch‘ zu haben“, mutmaßen Saar und Berger.

Kammer und Verband sehen bei einem gesetzlich normierten Boni in Höhe von bis zu 2,50 Euro pro Arzneimittel durch den deutschen Gesetzgeber die Gefahr, dass auch inländische Versandapotheken auf einer entsprechenden Gewährung beharrten – „dies mit durchaus guten Erfolgschancen, da nunmehr der deutsche Gesetzgeber selber eine Boni-Regelung geschaffen hat“. Dies eröffne ganz andere Klagemöglichkeiten deutscher Apotheken.

Insoweit könne es im Ergebnis vorteilhafter sein, gar keine Boni-Regelung zu treffen. Auch um sich in weiteren Prozessen vor dem EuGH zur Arzneimittelpreisverordnung alle rechtlichen Optionen zu erhalten, heißt es im Info-Rundschreiben. Außerdem: Mit Einführung eines auch nur auf ausländische Versandapotheken begrenzten Bonus würde sich der Berufsstand von dem Prinzip der Gleichpreisigkeit von Rx-Arzneimitteln verabschieden. Diese gehöre aber neben dem Fremd- und Mehrbesitzverbot und der Apothekenpflicht zu „den drei Grundpfeilern des Apothekenrechts“.

Nunmehr müssten Machbarkeit, Effektivität und Weitreichung der einzelnen Vorschläge intensiv durchdacht und besprochen werden und im Verhältnis zur Chance auf ein gerichtsfestes Rx-Versandverbot abgewogen werden, heißt es weiter: „Im Ergebnis werden wir uns zwischen ‚Plan A‘ und ‚Plan B‘ entscheiden müssen.“ „Plan A“ bedeute, „wir halten an den Grundfesten des bestehenden Apothekensystems fest, hier insbesondere die Gleichpreisigkeit“. Der Minister werde den Apothekern dann „Verweigerungshaltung vorwerfen und sämtlichen sonstigen Regelungsbedarf negieren“. „Plan B“ bedeute: „Wir verabschieden uns von der Gleichpreisigkeit, erhalten im Gegenzug aber 400 Millionen Euro und den Erhalt der freien Apothekenwahl. Ob das, was der Minister aber vorgeschlagen hat, wirklich gerichtsfest geregelt werden kann, darf aufs Höchste bezweifelt werden. Ob der Minister verhandlungsbereit ist wird man erst noch sehen!“

Jetzt sollen die saarländischen Apotheker gegenüber Kammer und Verband ihre Meinung über die Vorschläge kundtun. Anschließend wollen Saar und Berger über ihr Votum in der nächsten ABDA-Mitgliederversammlung am 17. Januar 2019 entscheiden.

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