16 Millionen Euro für Apotheken

Preis: Impfstoffentschädigung muss Standard werden

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Berlin -

Bis zu 16 Millionen Euro sollen die Apotheken für die verfallenden Grippeimpfstoffe der vergangenen Saison erhalten. Übersteigt die angemeldete Zahl den Betrag, soll anteilig pro Apotheke gekürzt werden. Der Vorsitzende des Apothekerverbandes Nordrhein (AVNR), Thomas Preis, fordert davon abzusehen: Sollte die Summe nicht reichen, müssten Nachforderungen gestellt werden. Impfstoffe seien Aufgabe des Staates, also müsse er auch dafür geradestehen. Preis fordert, die Impfstoffentschädigung zu verstetigen – denn in der kommenden Saison würden die Apotheken ein größeres Risiko tragen als bisher.

Die Apotheken gehen jede Saison in Vorleistung und bleiben dann auf – mal mehr, mal weniger – ungenutzten Impfstoffen sitzen. Einen anderen Weg gibt es aber bisher nicht. „Die Impfstoffversorgung würde niemals funktionieren, wenn die Apotheken nur die Menge bestellen würden, die die Ärzte in der Vorbestellphase ordern. Wir wissen, dass diese Vorbestellrate seit Jahrzehnten unter dem tatsächlichen Bedarf liegt“, so Preis. Im vergangenen Jahr, dem ersten Pandemiewinter, war die Schere zwischen prognostiziertem und tatsächlichem Bedarf besonders groß: 6 Millionen Dosen hatte das Bundesgesundheitsministerium zusätzlich bestellt, insgesamt waren 26 Millionen Dosen verfügbar – im Vorjahr waren nur 14 Millionen verimpft worden. Dass dieses Jahr so viel liegenblieb, hat auch mit der Logistik des Bundes zu tun. Als im Herbst der große Ansturm kam, gab es Engpässe, als die nationale Reserve im November verfügbar wurde, war die Nachfrage bereits eingebrochen.

Nur folgerichtig also, dass der Staat zumindest einen Teil der Zeche zahlt. „Auf jeden Fall ist es ein wichtiges Signal, denn mit jeder Bestellung, die die Apotheken über die Menge der Ärzte hinausbestellt haben, tragen sie zum Aufbau einer nationalen Impfstoffreserve bei.“ Es sei deshalb wichtig, zu zeigen, dass diese Impfstoffe bei Verfall ersetzt werden. „Dieses Muster muss zur Regel werden. Das ist die Aufgabe einer neuen Bundesregierung und wir werden alles daransetzen, dass es auch so kommt.“

Durch die eigene Befragung und Berechnungen habe der AVNR „einen grundsätzlichen Impuls“ setzen können und sei diesmal schon weiter, als er es in den vergangenen Jahren war. Im Februar hatte der Verband seine Mitglieder befragt und war zu dem Ergebnis gelangt, dass kurz vor Ende der Saison noch über 100.000 Impfstoffdosen im Wert von rund 1,2 Millionen Euro vorrätig waren. In anderen Verbandsbezirken dürfte das Problem im Verhältnis nicht kleiner gewesen sein, der AVNR berechnete deshalb auf Basis seiner Erhebung, dass bundesweit noch rund 1 Million Impfdosen im Wert von über 10 Millionen Euro lagern müssten.

Ob die 16 Millionen Euro deshalb ausreichen werden, die entstandenen Kosten zu erstatten, kann Preis noch nicht sagen. Allerdings: Wenn die Summe von 16 Millionen Euro nicht ausreichen sollte werde der Verband Nachforderungen stellen. „Es kann nicht sein, dass die Apotheken in Vorleistung gehen und dann nur einen Teil erstattet bekommen“, so Preis. „Impfungen sind Aufgabe des Staates, bei den Corona-Impfstoffen bleibt er sogar Eigentümer und die Apotheken erhalten eine – wenn auch bescheidene – Vergütung für die Verteilung der Impfstoffe. Es darf deshalb auch bei Grippeimpfstoffen nicht passieren, dass Apotheker dafür haften, eine nationale Impfstoffreserve anzulegen.“

Die Erstattung der verfallenden Impfstoffe ist so gesehen sogar ein größeres Minusgeschäft für die Apotheken als die Logistik bei den Corona-Impfstoffen: „Letztendlich werden nur die Kosten ersetzt. Den Aufwand, den die Apotheken mit den Impfstoffen haben, hingegen nicht“, sagt Preis. „Aber wenigstens bleiben wir nicht auf dem Wareneinsatz sitzen.“ Das habe mit Blick auf die kommende Saison eine besondere Bedeutung, da dort die Kosten spürbar steigen würden. „Denn Efluelda ist rund dreimal so teuer wie die normalen tetravalenten Impfstoffe. Damit steigt also auch das Risiko für die Apotheken und das Signal, dass der Staat verfallene Dosen im Zweifelsfall erstattet, ist umso wichtiger.“

Auch die Abda sieht in der geplanten Erstattung ein „motivierendes Zeichen“ für die bevorstehende Grippeimpfsaison 2021/2022. Auch in diesem Jahr setzt das BMG auf zusätzliche durch den Bund beschaffte Impfdosen Grippeimpfstoff und hat eine nationale Reserve von 6,85 Millionen Grippeimpfstoffdosen beschafft. Diese sollen im Herbst erneut regulär über die Apotheken an die Praxen abgegeben werden, sodass insgesamt wieder rund 26 Millionen Dosen zur Verfügung stehen. Die Forderung, die Erstattung zu verstetigen, erhob die Abda jedoch nicht und sprach stattdessen davon, dass die Regelungen geeignet seien, „gegenüber den öffentlichen Apotheken ein Zeichen zu geben, dass ihr Einsatz für die Verfügbarkeit von Grippeimpfstoff gesamtgesellschaftlich gewünscht war, und dass eine ungerechtfertigte wirtschaftliche Belastung vermieden werden soll“.

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