Die Gesundheitspolitik der Ampel-Regierung wird scharf kritisiert und ein konsequenter „Politikwechsel in der Gesundheitspolitik“ gefordert. Die wichtigsten Player stehen für eine Zusammenarbeit bereit und haben partnerschaftliche Lösungen für die Gesundheitsversorgung der Zukunft erarbeitet. Abda, DKG, KBV und KZBV haben sieben Forderungen an die neue Regierung.
Die vergangene Legislatur war geprägt von einem bisher nicht gekannten Maß an Misstrauen und fehlendem Respekt gegenüber der Arbeit der Selbstverwaltung sowie den Leistungserbringern in Arztpraxen, Krankenhäusern und Apotheken, heißt es im Positionspapier, das im Schulterschluss von Abda, Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) für ein starkes, resilientes Gesundheitssystem vorgelegt wurde.
Politische Entscheidungen wurden in den vergangenen drei Jahren im Alleingang ohne Einbeziehung der Selbstverwaltung getroffen. Diese stellen eine erhebliche Gefährdung für die Patientenversorgung dar. Dabei sei das Prinzip der Selbstverwaltung eine tragende Säule des deutschen Gesundheitssystems.
Was es braucht, ist ein Politikwechsel in der Gesundheitspolitik. Abda, DKG, KBV und KZBV fordern die neue Bundesregierung insgesamt und allen voran den zukünftigen Bundeskanzler Friedrich Merz auf, den Wechsel im Rahmen der Koalitionsverhandlungen und der Regierungsbildung sicherzustellen. „Eine stabile Gesundheitsversorgung ist die tragende Säule einer älter werdenden Gesellschaft und ein Stabilitätsanker für unsere Demokratie.“
„Die Finanzierung des Gesundheitssystems muss stabil, gerecht und planbar sein, ohne Versicherte zu überfordern oder die Versorgungsqualität zu gefährden“, heißt es.
Dazu muss das solidarische Finanzierungsmodell mit gerechter Lastenverteilung und bedarfsgerechter Gestaltung weiterentwickelt werden. Zudem muss das duale Krankenversicherungssystem zur Wahrung der Gleichbehandlung aller Versicherten aufrechterhalten werden.
Überbordende Bürokratie und übermäßige Verwaltungsaufgaben belasten das Gesundheitssystem und kosten Zeit. Zeit, die für die Patientenversorgung zur Verfügung stehen solle. Bereits eine Reduzierung um eine Stunde täglich könnte zehntausende Fachkräfte entlasten und Personalengpässe abmildern.
Darum sollen bürokratische Hürden abgebaut werden, um die Patientenversorgung in den Mittelpunkt zu stellen. Gefordert werden außerdem mehr Handlungsspielräume, damit Heilberufler:innen ihre Zeit optimal nutzen können.
Digitale Technologien können Prozesse optimieren und Fachkräfte entlasten. Dabei ist Digitalisierung ein Werkzeug zur Verbesserung der Versorgung und kein Ersatz für menschliche Expertise, machen die Akteure im Gesundheitswesen gegenüber der Politik klar.
Gefordert werden daher gezielte Investitionen in die digitale Infrastruktur für Praxen, Krankenhäuser und Apotheken sowie ein Praxiszukunftsgesetz, das Digitalisierung nutzerfreundlich gestaltet und die Patientenversorgung verbessert. Praxistauglichkeit und Nutzerfreundlichkeit führen zum Erfolg.
Prävention soll als fester Bestandteil der Gesundheitsversorgung etabliert werden. Darum soll die Gesundheitsförderung in alle Politikbereiche integriert werden beispielsweise in Bildung und Stadtplanung.
Patienten sollen die für sie passende Versorgung erhalten. Eine bessere Steuerung ist vor allem in der Notfallmedizin essenziell.
Gefordert wird eine Verbesserung der Gesundheitskompetenz zur Entlastung von Notaufnahmen, einheitliche, interoperable IT-Systeme für einen reibungslosen Datenaustausch.
An Krankenhäusern eingerichtete Anlaufstellen – integrierte Notfallzentren – können dabei helfen, die Patient:innen gezielt in der richtigen Versorgungsebene zu versorgen. Sei es die notdiensthabende Apotheke oder der ärztliche Bereitschaftsdienst oder die Krankenhausambulanz.
„Eine effiziente Gesundheitsversorgung basiert auf Kooperation und Eigenverantwortung der Akteure“, machen die Verbände deutlich und fordern eine Stärkung der Selbstverwaltung durch frühzeitige Einbindung in gesundheitspolitische Entscheidungen.
Zudem soll die Zusammenarbeit zwischen Ärzt:innen, Zahnärzt:innen, Apotheker:innen und weiteren Gesundheitsberufen intensiviert werden.
„Unser Gesundheitssystem soll allen Menschen unabhängig von Herkunft, Religion oder sozialem Status eine hochwertige Versorgung garantieren.“ Darum sind alle Akteure zu einem offenen Dialog über die Zukunft des Gesundheitswesens eingeladen.
„Nur durch gemeinsame Anstrengungen können wir die Versorgungssicherheit und Qualität langfristig erhalten“, heißt es von Abda, DKG, KBV und KZBV.
„Mit unserem gemeinsamen Papier senden wir ein deutliches Signal der Geschlossenheit an die neue Bundesregierung“, so Abda-Präsident Thomas Preis. Die neue Koalition müsse mit Blick auf den demographischen Wandel die gesamte wohnortnahe Gesundheitsversorgung schnell stabilisieren und sie nicht – wie es seit Jahren beispielsweise bei den Apotheken – von der wirtschaftlichen Gesamtentwicklung abkoppeln. „Ein ‚Weiter so!‘ würde zwangsläufig zu einer Verschlechterung der Arzneimittel- und Gesundheitsversorgung aller Bürgerinnen und Bürgern führen.“
Dr. Gerald Gaß, DKG-Vorstandsvorsitzender: „Die Herausforderungen sind zu groß, als dass diese in einem Gegeneinander zu lösen wären. Politik muss Entscheidungen treffen, aber dazu braucht es im Vorfeld den Austausch mit der Selbstverwaltung und den Praktikern im System.“
Dr. Andreas Gassen, KBV-Vorstandsvorsitzender: „Die vergangenen Jahre waren gesundheitspolitisch verlorene Jahre. […] Wir setzen auf einen Neuanfang, denn Politik ist gut beraten, mit uns zu sprechen, also denjenigen, die am besten wissen, wie Versorgung vor Ort organisiert wird – und die vor allem nah bei den Patientinnen und Patienten sind.“
Martin Hendges, KZBV-Vorstandsvorsitzender: „Der gesundheitspolitische Kurs der letzten drei Jahre war geprägt von kurzsichtiger Kostendämpfung und weitestgehender Ignoranz gegenüber den Selbstverwaltungspartnern.“
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