Krisengipfel gefordert

Hausärzte wollen noch mit Lauterbach sprechen

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Berlin -

Das Vertrauen in Karl Lauterbach (SPD) haben große Teile der Ärzte- und Apothekerschaft verloren; sie fordern Bundeskanzler Olaf Scholz auf, den Gesundheitsminister zu stoppen. Der Hausärztinnen- und Hausärzteverband hat noch Hoffnung und will im Gespräch bleiben. Gefordert wird ein zeitnaher Krisengipfel zur Stabilisierung und Förderung der hausärztlichen Versorgung.

„Wir sind an einen Punkt gelangt, an dem die hausärztliche Versorgung massiv Gefahr läuft, wegzubrechen“, so Professor Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth, Co-Bundesvorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes. Die Auswirkungen dieser Entwicklung habe man bereits in der Vergangenheit gesehen. „Diesen Winter rechnen wir mit einer noch angespannteren Lage. Dieses Thema muss endlich ganz oben auf die Prioritätenliste und damit auf den Schreibtisch des Bundesgesundheitsministers. Es braucht einen koordinierten und nachhaltigen Plan, wie die hausärztliche Versorgung stabilisiert werden kann, bevor es zu spät ist und die Menschen ohne wohnortnahe, hausärztliche Versorgung dastehen.“

Ihr Kollege Dr. Markus Beier ergänzt: „Deutschlandweit gibt es inzwischen knapp 5000 offene Hausarztsitze. Wenn man konservativ rechnet und davon ausgeht, dass jede Hausärztin und jeder Hausarzt im Schnitt 700 Patientinnen und Patienten im Quartal versorgt, dann bedeutet das, dass rechnerisch schon heute Millionen Menschen in Deutschland nicht ausreichend versorgt werden können. Bis 2035 wird die Zahl der offenen Hausarztstellen voraussichtlich auf über 11.000 steigen. Gleichzeitig sind mehr als 11.000 MFA-Stellen nicht besetzt – Tendenz steigend. Das können die Hausarztpraxen irgendwann nicht mehr auffangen.“

Stimmung am Tiefpunkt

„Sowohl die Kolleginnen und Kollegen, insbesondere aber unsere Patientinnen und Patienten spüren die Auswirkungen dieser Entwicklung inzwischen sehr deutlich – gerade in der jetzt anstehenden Infektsaison. Wartelisten, Warteschlangen, teilweise ein Aufnahmestopp und volle Wartezimmer werden immer mehr zum Alltag. Der Versorgungsdruck nimmt täglich zu. Der Schutzwall des Gesundheitswesens wackelt gefährlich. Die Stimmung in den Praxen ist an einem absoluten Tiefpunkt. Wir können die Politik nur auffordern: Handeln Sie jetzt und stärken Sie endlich die hausärztliche Versorgung“, sagte Beier.

Die Delegiertenversammlung habe im September einen Katalog mit sechs Forderungen zur Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung verabschiedet. „Diese sechs Punkte müssen von der Politik angegangen werden, wenn sie den Menschen in Deutschland versprechen will, dass es auch mittel- und langfristig noch eine gute hausärztliche Versorgung geben wird“, so Buhlinger-Göpfarth. „Noch in diesem Jahr müssen die ersten Maßnahmen in Gesetzesentwürfe gegossen werden. Es braucht jetzt sofort die versprochene Entbudgetierung der hausärztlichen Versorgung, eine Strukturpauschale für Versorgerpraxen sowie eine Stärkung der Verträge zur Hausarztzentrierten Versorgung – insbesondere durch eine Bonifizierung der teilnehmenden Patientinnen und Patienten über die Präventions- und Bonusprogramme der Krankenkassen. Diese Themen müssen sehr zeitnah, im Rahmen eines Runden Tisches, besprochen und dann vor allem auch beschlossen sowie umgesetzt werden!“

Lob in der Bild-Zeitung

Am Wochenende hatte Lauterbach ein Entgegenkommen in Aussicht gestellt: „Hausärzte werden immer knapper. Wir müssen gegensteuern. Sie sind das Rückgrat der medizinischen Versorgung. Mit dem Versorgungsstärkungsgesetz, das wir vorgelegt haben und regierungsintern beraten, werden wir ihre Budgetierung aufheben. Mein Wunsch ist: spätestens Anfang des kommenden Jahres“, sagte er in der Bild-Zeitung.

Das mache sich insbesondere in Großstädten wie Berlin und Hamburg bemerkbar. „In Hamburg würden Hausärzte dann 15 Prozent mehr Honorar bekommen. Das macht den Hausarztberuf wieder attraktiver. Bei Kinderärzten hat sich die Entbudgetierung bereits positiv ausgewirkt, es entscheiden sich wieder mehr dafür, Kinderärzte zu werden.“

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