Medizinalhanf

Barmer: „Um Cannabis ist ein Hype entstanden”

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Berlin -

Cannabis beschäftigt Patienten, Apotheker und die Krankenkassen in unterschiedlichem Maße. Chroniker freuen sich über eine neue Therapie, Pharmazeuten klagen über die Identitätsprüfung und die Kassen monieren, dass Medizinalhanf bei bestimmten Indikationen häufig eingesetzt wird, obwohl Nutzenbelege noch fehlten. Letzteres sagt auch die Barmer, die neue Zahlen zu den Anträgen zur Kostenübernahme veröffentlicht hat.

Cannabis darf seit März 2017 zu medizinischen Zwecken verordnet werden, wenn positive Effekte zu erwarten sind. „Cannabis-haltige Arzneimittel dürfen nun bei vielen Erkrankungen verordnet werden, auch wenn deren Wirkung wissenschaftlich nicht hinlänglich erwiesen ist. Bei Schmerzen etwa sollte Cannabis möglichst nur als Ergänzung zu bewährten Konzepten wie der multimodalen Schmerztherapie zum Einsatz kommen“, sagt Dr. Ursula Marschall, leitende Medizinerin bei der Barmer.

Anders als bei anderen Arzneimitteln ist bei Cannabis nicht genau geregelt, bei welchen Erkrankungen und Krankheitsbildern das Betäubungsmittel eingesetzt werden darf. § 31 Abs. 6 Sozialgesetzbuch (SGB V) schreibt lediglich vor, dass Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung einen Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon haben. Dabei darf eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung stehen oder die Anwendung beim Versicherten kontraindiziert sein.

Nach Zahlen der Barmer wurde im vergangenen Jahr mehr als die Hälfte der Cannabis-Verordnungen bei Schmerzen ausgestellt. Die Kasse bemängelt die fehlenden wissenschaftlichen Belege für den Einsatz von Cannabis bei Tumor-, Skelett- und Muskelschmerzen. „Um Cannabis als Medizin ist ein Hype entstanden, der nur im Einzelfall berechtigt ist”, so Marschall.

Die aktuelle Auswertung der Barmer zeigt, dass seit der Änderung des Cannabis-Gesetzes 6583 Anträge auf die Kostenübernahme Cannabis-haltiger Arzneimittel eingegangen ist. Von diesen Anträgen wurden mehr als zwei Drittel genehmigt, 2147 Patienten erhielten eine Absage. Die Anträge kamen vor allem aus Bayern (1413) und NRW (1270). In Thüringen, dem Saarland und Bremen war die Nachfrage am geringsten. Nach Angaben der Kasse lagen die Bewilligungsquoten je nach Bundesland zwischen 53 und 76 Prozent. Bei einer vorherigen Auswertung, bei der Daten bis November 2017 berücksichtigt wurden, zählte die Barmer fast 2900 eingegangene Anträge. Rund 1730 Anträge wurden in diesem Zeitraum bewilligt, knapp 1130 abgelehnt.

Die Barmer gab im Auswertungszeitraum März 2017 bis August 2018 rund acht Millionen Euro für Cannabis-Präparate aus. Auffällig seien die großen Kostendifferenzen: Während etwa im Mai 2018 die Ausgaben für Fertigarzneimittel und Rezepturen im Schnitt zwischen 350 und 721 Euro je Cannabis-Patienten betrugen, beliefen sie sich bei Cannabis-Blüten auf 1708 Euro. „Cannabis- Blüten sind nicht nur unverhältnismäßig teuer, sondern in der Praxis auch kaum dosierbar, da es verschiedene Sorten, Stärken und Verabreichungsformen gibt. Blüten sollten nicht zum Einsatz kommen, zumal es alternative Cannabis-Präparate gibt“, sagt Marschall.

Die Barmer ist nicht die einzige Kasse, die die seit März 2017 veränderten Vorgaben zu Cannabis kritisiert. Denn für die Versicherungen bedeuten mehr Verordnungen hohe Kosten. Beispielsweise beobachtete die Siemens-Betriebskrankenkasse (SBK) seit der Gesetzesänderung, dass trotz unklarer Studienlage und unkonkreten Gesetzespassagen Medizinalhanf häufig ärztlich verordnet wird. Sie hatte vorgeschlagen, dass Patienten von Cannabisblüten auf Cannabis-Tropfen umsteigen sollen.

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