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Faule Eier im Nest

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Berlin -

Frohe Ostern stellt man sich gemeinhin wie folgt vor: Der wohlgenährte Hase hoppelt über den gut gepflegten Rasen, legt hier und da ein paar bunt bemalte Bio-Eier ins Nest und freut sich seines Lebens. Wenigstens so lange, bis er quasi als ersatzweises Opferlamm im Magen der österlichen Feierfamilie landet. Spätestens bei „Opferlamm“ deut’ uns allerdings, dass auch das diesjährige Osterfest Potenzial hat: Nämlich hinsichtlich seiner historischen Bedeutung für die hingebungsvolle Kooperation zwischen Herstellern, Patienten und Apotheken.

Da veröffentlicht zur Mitte der Karwoche die AMK die neuesten Hipster-News für die Branche. Und – BÄNG – haut’s alle aus den Socken: Hexal L-Thyrox wird chargenweise vom Markt zurückgerufen. 1A Pharma gleich mit. Nun ist Hexal mit dem Schilddrüsenpräparat ohnehin seit Monaten heillos überfordert und selten bis gar nicht lieferfähig. Von einer optimalen Kommunikationsleistung Richtung Arzt und Apotheker einmal ganz zu schweigen.

Doch diesmal werden ausgerechnet solche Chargen zurückgerufen, die kurz vor dem Verfallsdatum sind. Und das zwei Tage vor dem ziemlich langen Osterwochenende. Da ist nicht nur das Hexal-Präparat Mangelware, sondern die liebe verordnende Ärzteschaft nicht minder abwesend. Aus gutem Grund, denn es sind Ferien. Patienten sind unterwegs, und Herr und Frau Doktor halt auch.

Die übrigen Marktteilnehmer versichern, dass sie ihr Bestes geben werden, um die Lücke zu füllen. Nur davon haben ganz akut Apotheker und Patienten nichts. Denn L-Thyrox darf nun mal nicht ausgetauscht werden. Die Schattenseite dieser Aut-idem-Liste des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Diese wird nicht zum Rohrkrepierer, sondern gleich zum Genickbrecher für alle, die ernsthaft Arzneimittelversorgung betreiben wollen und jetzt nicht nur ihrer pharmazeutischen Bedenken, sondern in diesem Fall gleich der Option zur Abgabe gänzlich beraubt wurden.

Das erinnert alles an die Vorweihnachtszeit, als die BfArM-Listen die Apothekernation durcheinander wirbelten und die Branche, aber auch zigtausende Patienten verunsichert waren. Oder an den MCP-Rückruf vor genau einem Jahr als schwer verdauliche Kost im Nest der österlich gestimmten Apotherkerschaft. Und auch ein Jahr danach ist noch überraschend wenig passiert an dieser Front.

Nicht minder bescheiden ist der 1. April 2015 mal wieder hinsichtlich der Festbetragssenkung gelaufen. Da sank der Erstattungspreis für Humaninsuline, Preise wurden gesenkt, aber Sanofi-Aventis hatte für Insuman zu spät gemeldet. Nun sollen die Apotheker einen Deal zwischen Hersteller und Kassen umsetzen, damit nicht die Patienten für die Schnarchigkeit der Sanofi-Truppe bluten müssen. Ostern 2015: wirklich besonders.

Die Pharmazieräte haben gerade andere Themen. Beispielsweise seit einiger Zeit in die Tiefen der Kommissionierer klettern und nachschauen, was da gerade abgelaufen ist. Dann wird alles unter Quarantäne gestellt. Also in der Apotheke. Verloren haben die beinharten Räte ihren Kampf unterdessen gegen easy. Wenigstens will man nicht in einer weiteren Instanz die nächste Prügel einstecken, wenn es um die Frage geht, wie easy den HV-Tisch platziert und wie es um die Sichtbarkeit bestellt ist.

Verlass ist wenigstens manchmal auf den Fiskus. Der mag die Litanei von DocMorris und den übrigen Versandapotheken nicht mehr hören. Die wollten sich ihre Boni-Kosten steuerlich vergolden lassen. Doch auch der Bundesfinanzhof wollte da nicht mitspielen und zog eine rote Linie.

DocMorris muss nun zahlen – und das kräftig. Kaum vorstellbar zwar, dass das die schweizerisch-niederländische Aggressionspolitik aus den Angeln hebt. Aber auch die Finanzierung des Versandmodells hat bereits bessere Zeiten erlebt. Zwar steigen weiterhin die OTC-Umsätze – ganz anders als bei den Vor-Ort-Apotheken. Doch im Rx-Geschäft wird das Ungemach größer und größer. Dieser Kuchen scheint für Versender vollkommen verloren.

Einen derben Verlust musste auch der Bundesverband deutscher Apotheker (BVDA) hinnehmen. Nun war der hessische Club nie ein wirklicher Bundesverband. Aber mit cleveren Tricks hatte es der BVDA geschafft, ein kluges Geschäft mit seinem Siegel aufzuziehen. Nun sehnen sich Hersteller immer nach anerkannten Siegeln. Auch wenn allesamt immer ganz genau wussten und wissen: Die fette Kohle für Anzeigenschaltungen und Partys sind ein mieses Geschäft – auf dem Rücken des Images aller deutschen Apotheken.

Mit den paar Handvoll Mitgliedern und seiner speziellen Befragungsstrategie landete der BVDA nun bei Plusminus im TV. Schade, dass die ausgerechnet wieder Gerd Glaeske als Spezialisten befragten. Da hätte ein schärferes Schwert echt mal gut getan.

Während der Deutsche Apothekerverband (DAV) darauf dringt, dass endlich genau die Summe an die Apotheken ausgezahlt wird, die für das Notdiensthonorar seinerzeit versprochen wurde, müssen die Apotheker hinnehmen, dass der Staat mit diesen Mitteln gezielt Geld verbrennt.

Weil nämlich das Notdiensthonorar bei staatseigenen Investmentbankern geparkt wird, fallen dort Negativzinsen an. Und das Schlimmste: Zu dieser Art des Geldverbrennens gibt es anscheinend nicht die geringste Alternative. Höchstens gute Gesetze und Verordnungen. Aber da erscheint uns allen eher der leibhaftige Osterhase. Also, es hilft alles nichts: Augen zu und durch. Bald ist wieder Weihnachten. Und rechtzeitig vorher wird irgendein anderes Chaos eintreten. Wenigstens das ist gewiss.

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