Rx-Boni

BFH schließt Steuerschlupfloch von DocMorris

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Berlin -

Die Versandapotheke DocMorris möchte ihren Kunden unbedingt Boni auf verschreibungspflichtige Arzneimittel gewähren. Demnächst wird vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) darüber verhandelt, ob sie das darf. Unterdessen hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die Versandapotheke ihre Boni nicht über Umwege von der Steuer absetzen darf.

DocMorris hatte im Herbst 2012 das Bonus-Modell umgestellt, nachdem der Gemeinsame Senat der obersten Bundesgerichte und anschließend der Gesetzgeber entschieden hatten, dass die Preisbindung für alle gilt. Kunden der Versandapotheke hatten vorübergehend nur noch einen Rabatt von einem Euro für jedes verschreibungspflichtige Arzneimittel erhalten, zusätzlich aber bis zu 15 Euro Prämie, wenn sie an einem Arzneimittel-Check teilnahmen.

Beim Finanzamt wollte DocMorris diese Boni steuerlich geltend machen. Bei Privatversicherten wurde die Prämie dazu von der Rechnung über die Medikamentenlieferung abgezogen, als Entgeltminderung nach dem Umsatzsteuergesetz (UstG).

Bei Kassenpatienten liefert die Versandapotheke aber wegen des Sachleistungsprinzips formal an die Krankenkasse – und zwar steuerfrei. Gegenüber Kassenpatienten wurde daher nur eine Rechnung über die Zuzahlung gestellt, von der die „Aufwandsentschädigung“ für die Teilnahme am Medikationscheck abgezogen wurde. Die Krankenkasse bekam den Listenpreis der Arzneimittel in Rechnung gestellt.

Die Umsätze mit Privatpatienten hatte DocMorris ordnungsgemäß als im Inland steuerbare Versandhandelsumsätze erklärt. Allerdings hatte die Versandapotheke von der Gesamtsumme nicht nur ihre Boni an Privatversicherte abgezogen, sondern den Betrag auch um die Prämien reduziert, die an gesetzlich Versicherte ausgeschüttet wurden. Das Finanzamt erhöhte im Februar 2014 die Umsatzsteuervorauszahlung für den Oktober 2013 um den entsprechenden Betrag. DocMorris beantragte die Aussetzung der Vollziehung und zog vor Gericht.

In erster Instanz lehnte das Finanzgericht Düsseldorf den Antrag der Versandapotheke ab. Als Entgeltminderung könnten nur die Boni gezählt werden, die tatsächlich an Privatversicherte gezahlt worden seien, begründete das Gericht seine Entscheidung Ende 2014. Die Zahlungen an Kassenpatienten stünden mit diesen Umsätzen nicht in Zusammenhang. Eine Änderung der Bemessensgrundlage scheide bei den steuerfreien Lieferungen an Krankenkassen aus.

Das FG hatte keine Revision zum BFH zugelassen. Dagegen richtete sich die Beschwerde von DocMorris. Doch die obersten Finanzrichter wiesen die Versandapotheke ebenfalls ab. „Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist mangels ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der festgesetzten Steuer unbegründet“, heißt es im Beschluss vom 24. Februar.

DocMorris kritisierte, dass das FG keine Alternativen aufgezeigt habe – etwa die Erklärung der Prämien an GKV-Versicherte als „negativer Umsatz“. Denn trotz des Sachleistungsprinzips bestehe ein Vertragsverhältnis zwischen DocMorris und den Patienten. Zudem könne die Prämie von der zu versteuernden Zuzahlung abgezogen werden, da diese nicht Preisbestandteil des Medikamentenbezugs sei.

Laut BFH können die an Kassenpatienten gezahlten Prämien nicht zu einer Minderung der Steuerschuld aus Geschäften mit Privatversicherten führen. „Es muss eine hinreichende Verknüpfung zu Leistungen bestehen, die der Unternehmer tatsächlich an bestimmte Abnehmer ausgeführt hat“, heißt es im Beschluss.

Die Prämien an Kassenpatienten könnten auch nicht als „negative Umsätze“ steuermindernd geltend gemacht werden. Schließlich erziele DocMorris mit den Versicherten keine Umsätze, sondern bezahle diese umgekehrt für ihre Mitwirkung am Medikationscheck. Die Rechnungsstellung erfolge gegenüber der Krankenkasse.

Gehe man dagegen davon aus, es handele sich um direkte Umsätze mit den Patienten, würde dies laut BFH trotzdem nicht zu einer Steuerminderung führen – im Gegenteil. DocMorris dürfte die Boni dann zwar abziehen, müsste dafür aber den Medikamentenpreis voll versteuern, was laut BFH zu einer Erhöhung der Umsatzsteuer führen würde.

Wie in fast allen gerichtlichen Auseinandersetzungen wollte DocMorris auch diesen Streit lieber vor dem EuGH weiterführen. Der BFH möge den Luxemburger Richtern die Fragen vorlegen, ob Lieferungen an GKV-Versicherte auf dem Sachleistungsprinzip beruhen und es dem Grundsatz der gleichen Behandlung entspreche, wenn der Medikamentenumsatz bei Privatversicherten anders behandelt werde. Der BFH sah jedoch keine Notwendigkeit, den Fall dem EuGH vorzulegen.

Damit bliebt DocMorris nur noch die Möglichkeit, gegen den BFH-Beschluss Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe einzulegen. DocMorris-Chef Olaf Heinrich wollte sich auf Nachfrage zum laufenden Verfahren nicht äußern.

Aktuell bietet DocMorris keine Rx-Boni mehr an. Nach rechtlichem Gegenwind wurde das Prämienmodell zunächst angepasst, aber erneut verboten und schließlich eingestellt. Wegen wiederholter Verstöße wurden gegen die Zur Rose-Tochter insgesamt schon Ordnungsgelder in Höhe von 850.000 Euro verhängt. Gezahlt hat die Versandapotheke bislang nicht, das Gericht will notfalls bei Geschäftspartnern pfänden.

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