ApoRetro – der satirische Wochenrückblick

Wie MPU: Apotheker müssen zur Nachprüfung

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Berlin -

Eine PTA kämpfte zehn Jahre lang um ihre nachträglich aberkannte Abschlussprüfung vor Gericht. Sie denken, das ist schlimm? Tja, dann ziehen Sie sich mal warm an: Dem Vernehmen nach müssen ab sofort alle pharmazeutischen Fachkräfte ihre Kenntnisse lückenlos und regelmäßig nachweisen können – sonst ist die Berufserlaubnis weg und es geht in die Nachprüfung!

Man stelle sich das nur einmal vor: Die PTA-Abschlussprüfung wurde unter Blut, Schweiß und Tränen bestanden, man arbeitet bereits im Anerkennungspraktikum in der Apotheke. Und plötzlich fliegt es einem noch im Praktikum dennoch komplett um die Ohren. Der Job ist weg, die Ausbildung wird einem aberkannt und die Finanzierungshilfe muss zurückgezahlt werden. Damit es anderen Apothekenmitarbeitern nicht genauso geht, schlagen die zuständigen Prüfungsämter bei den Landesverbänden und Kammern nun Alarm.

Die Approbation für Apothekerinnen und Apotheker bleibt ab sofort also kein lebenslanger Freifahrtsschein mehr; erlangte Kernkompetenzen müssen jederzeit belegbar sein. Das heißt: In regelmäßigen Abständen müssen Approbierte Anträge stellen und ihre Qualifikation für weitere fünf Jahre verlängern. Eine der Anforderungen: Selfies von sich aus Fortbildungs- und Kammerveranstaltungen ungefragt einsenden können. Papier ist schließlich geduldig und welche Urkunde beweist eigentlich, dass man auch wirklich da gewesen ist?

Gleiches gilt für die Anwesenheit in der Apotheke: Kann ja schließlich jeder behaupten, er sei im Dienst gewesen. Und noch etwas: Unproduktives Herumsitzen im Notdienst– oder im Superlativ gar Schlafen! – hat auch noch nie zu etwas geführt. Wie man das nachweisen will? Na durch ein QM-zertifiziertes Anwesenheitsverfahren! Heißt: Zeiterfassung im Sechs-Augen-Prinzip und vorgeschriebene Smartwatches für Apothekerinnen und Apotheker, um Handgriffe und Schrittzahlen zu erfassen. Sogar die Hirnaktivität wird vermessen: Wenn minutiös Temperaturen für Kühlschränke erfasst werden können, dann kann die Temperatur unter der Schädeldecke doch auch kein Problem sein.

Natürlich dürfen pDL – die Königsdisziplin der Kompetenzdarbietung – auch nicht fehlen. Medikationsanalysen werden zukünftig nicht nur auf genormten DIN-A4-Bögen ausformuliert und dokumentiert, sondern gemeinsam mit Papierrezepten abgewogen und verschickt. Der Nachweis des Papiergewichtes hat auf Anforderung im Antrag auf Approbationsverlängerung zu erfolgen.

Auf diese Weise kann engmaschig kontrolliert werden, ob Apothekerinnen und Apotheker ihrer Berufsbezeichnung auch wirklich noch gerecht werden. Und wenn nicht? Dann wird die Approbation kurzerhand entzogen. Dann geht es – wie bei einer MPU – in einen kostenpflichtigen Auffrischungskurs, der sich nicht nur an den Inhalten einer Revision entlanghangelt, sondern sogar noch einen Schritt weitergeht. Wenn ein Apotheker nicht mehr apothekern kann, ist schließlich jedwede Kompetenz anzuzweifeln.

An einem kompakten Prüfungswochenende werden die zentralen Inhalte noch einmal durchgeprügelt: In Drogenkunde wird mikroskopiert, in Gesetzeskunde Paragraphen gewälzt. Den größten Teil nimmt aber der Escaperoom ein: Unter den Argusaugen der Expert:innen – PTA versteht sich, die belegen das Fach ja ein Jahr lang in ihrer Ausbildung – werden unterschiedlichste Beratungsszenarien durchexerziert. Da können die temporären Ex-Approbierten zeitgleich unter Beweis stellen, wie teamfähig sie sind. Um das Rätsel zu lösen, müssen Fälschungen sekundenschnell identifiziert und die größten Retaxationsfallen aufgezählt werden.

Und überhaupt: Hat schon mal jemand die Kompetenzen in der Personalführung überprüft? Das wird direkt mitabgefrühstückt: Über einen von Psycholog:innen kreierten Multiple-Choice-Test dürfen die Möchtegern-Chefs zeigen, was sie in Sachen Personal draufhaben.

Das Prüfungspaket muss selbstverständlich auch aus eigener Tasche bezahlt werden, denn Apotheker:innen haben sich da schließlich selbst reinmanövriert! Kostenpunkt: Lächerliche 1200 Euro, sofort zahlbar an die Agentur für Prä- und Requalifizierung (AfPr).

Apropos Geld: In dieser Woche berichtete Gregor-Maximilian Krug, dass sein Versandhandel Curavendi durch den Versandstopp über Amazon rund die Hälfte seines Umsatzes verlieren wird. Grund dafür sind Abmahnungen im Zusammenhang mit einem BGH-Urteil zur Datenverwendung, woraufhin viele Apotheken den OTC-Vertrieb über die Plattform einstellen.

Ohne auf das Geld zu schauen stellte Inhaberin Dr. Angela Hückstadt zwei Rezepturen für ein sechs Monate altes Kind her, das am Herzen operiert wurde – dabei war sie nicht einmal im Dienst.

Sicherlich Geld aber auch Kunden wird die Aktion von Shop Apotheke Inhaber Ihab Alnwakeel aus Oberhausen kosten. Seit Neuestem prangt ein Werbeplakat des Versenders direkt vor seiner Apotheke. Derweil bangt eine Mutter um 10.000 Euro, weil das verschreibende Klinikum versäumte für das Arzneimittel ihres leukämiekranken Kindes einen Off-Label-Use zu beantragen.

In diesem Sinne: Wir wünschen ein sonniges Wochenende!

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