Mehrere Vor-Ort-Apotheken nutzen Amazon als Partner – und vertreiben über die US-Plattform Arzneimittel und andere Apothekenprodukte. Nach Abmahnungen wegen des Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Datenverwendung stoppen viele Inhaberinnen und Inhaber jetzt den OTC-Versand. Ein Anbieter ist Curavendi. Bei dem Versender, der zur Römer Apotheke in Rheinberg gehört, ist man froh, dass man zuletzt bei der Amazon-Strategie nicht nur auf apothekenpflichtige Arzneimittel gesetzt hat.
Seit 2011 betreibt Apotheker Gregor-Maximilian Krug gemeinsam mit Sabine Neuhoff den Versender „CuraVendi – Die Bonus-Apotheke“. Sowohl Marke als auch Infrastruktur seien damals gekauft worden. Das Duo ist auch vor Ort präsent: Seit 15 Jahren betreiben sie in einer offenen Handelsgesellschaft (OHG) die Römer Apotheke und die Apotheke 35 in Rheinberg, bieten Medikationsanalysen, Hilfsmittel- und Heimversorgung an.
Der Versand ist ebenfalls ein Teil des Geschäfts. „Bei Amazon sind wir von Anfang an dabei, seit 2011/2012“, sagt Krug. Die Nachfrage sei von Beginn an „ungebremst hoch“. Wegen der steigenden Zahl an Mitbewerbern seien Nischen aufgebaut worden. „Wir wollten nicht der Hundertste sein, der Aspirin anbietet.“ Deshalb werde auch auf andere, nicht apothekenpflichtige Kategorien wie Kosmetik oder Nahrungsergänzungsmittel gesetzt.
Zudem mache es keinen Spaß, „nur Geld zu tauschen“, erklärt Krug mit Blick auf den Versand von populären OTC-Klassikern. „Über Amazon kann man Geld verdienen, wenn man auf Nischen setzt.“ Im CuraVendi-Shop werde deshalb apothekenexklusive Kosmetik etwa von L’Oréal oder verschiedene Supplemente angeboten. „Dinge, die man in der Apotheke findet.“
Die Abmahnung wegen des BGH-Urteils bewertet er als nicht zukunftsorientiert. Nach Rücksprache mit seinen Anwälten entschloss er sich „nach reiflicher Überlegung“, das OTC-Angebot über Amazon zunächst zu stoppen, und gab die von Dr. Hermann Vogel jr. aus München geforderte Unterlassungserklärung ab. „Man kann sich aus juristischer Sicht darüber streiten, es ist nicht eindeutig. Aber wir haben genug andere Baustellen, mal sehen, wie es sich weiterentwickelt.“
Diese Art des Vertriebsmodells wird man laut Krug jedoch mit diesem Urteil und den Abmahnungen nicht ändern. „Es ist nun einmal ein Trend unserer Gesellschaft. Das erleben wir im stationären Bereich ständig, dass die Menschen sich die Produkte nach Hause bestellen, vor allem die jüngeren. Für die älteren ist es noch selbstverständlicher, dass sie sie abholen.“
Die Vorteile des Handels über Amazon sei die „Zugkraft“, die der US-Konzern besitze. Immerhin habe fast jeder einen Amazon-Account, betont Krug. „Man erreicht als Händler eine riesige Zielgruppe.“ Zudem bezahle man nur für einen „erzielten“ Verkauf. Doch es gebe auch Nachteile; natürlich habe Amazon einen Blick auf die Verkaufsdaten. „Wir haben gemerkt, dass die Daten analysiert werden und Amazon selbst die Produkte aus der Freiwahl in das eigene Sortiment aufnimmt.“ Deshalb sei der Vertrieb umgestellt worden und mittlerweile würden nur apothekenexklusive Produkte angeboten, an die Amazon selbst nicht ohne Weiteres herankommt.
Die Diskussion um Amazon und seinen Status als Apothekenfeind ist Krug bewusst. „Die Frage ist doch, werden die es schaffen, das Apothekensystem zu ändern? Viele von unserem Berufsstand haben es doch versäumt, auf Angebote wie Same-Day-Delivery aufmerksam zu machen, das machen wir doch schon lange. Die Apotheke hat so eine gute Logistik in Zusammenarbeit mit dem Pharmagroßhandel.“
Als Inhaber müsse man offen sein: „Wir bieten hier im Unternehmen alles an, von Versand bis zur Palliativversorgung.“ Die Auswirkungen des BGH-Urteils und des Verkaufsstopps von OTC-Präparaten kann er noch nicht genau absehen. „Seit Samstagabend kommt schon weniger rein. Ich kalkuliere mit 50 Prozent des Umsatzes, die wegfallen.“