Pfusch-Prozess

Peter S.: Vermögen und Verbindlichkeiten

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Berlin -

Am 21. Prozesstag gegen den mutmaßlichen Pfusch-Apotheker Peter S. wurde gestern Olaf J., ein Finanzermittler der Kriminalpolizei, als Zeuge gehört. Offenbar verfügte S. über ein Millionen-Vermögen, aber über noch höhere Verbindlichkeiten.

Bei der Stadtsparkasse Bottrop hatte S. über 7 Millionen Euro auf verschiedenen Konten deponiert. Demgegenüber standen 19 Millionen Euro an Verbindlichkeiten, hauptsächlich für Immobilien. Bei der Pfändung von S. Privatvilla wurden Kunst, Musiktechnik, Fitnessgeräte und Skulpturen gepfändet. Darunter Werke von Künstlern wie Udo Lindenberg, Ottmar Alt und Niki de Saint Phalle, berichtet Correctiv aus dem Gerichtssaal. Auch ein Teil der Berliner Mauer ist dabei gewesen. Der Wert der Gegenstände ist noch unklar, da laut J. ihre Schätzung erst diese Woche in Auftrag gegeben wurde.

Angesprochen auf mögliche Versäumnisse der Ermittlungsbehörden sagte der Finanzermittler, man habe sich darauf konzentriert, möglichst viel Privatvermögen von S. zu sichern. Als S. im November 2016 festgenommen wurde, ließ die Staatsanwaltschaft eine Hypothek in Höhe von 2,5 Millionen Euro auf eines seiner Privatgrundstücke eintragen. Dieses Geld sollte genutzt werden, um den von S. verursachten Schaden auszugleichen. Neun Monate nach der Festnahme sicherte die Staatsanwaltschaft nochmals 56 Millionen Euro.

Ob dieses Geld für mögliche Schadenersatzklagen der vielen Patienten ausreichen würde, ist fraglich. Die Nebenklage wollte darum Details zu Schadenermittlung zwischen Staatsanwaltschaft und Ermittlern wissen. „Die Krankenkassen, die ja die eigentlich Geschädigten sind, haben bisher nicht mitgeteilt, wie hoch ihr Schaden ist”, sagte J. laut Correctiv. Auf Nachfrage präzisierte er, dass er ausschließlich finanzielle Schäden meinte. Schließlich musste der Ermittler zugeben, dass finanzielle Schäden der Patienten nicht berücksichtigt wurden.

Ein mögliches Auslandsvermögen von S. wurde nicht ermittelt. Ebenso wurden die Konten nicht auf fragwürdige Zahlungen untersucht, die auf Korruptionsdelikte hinweisen könnten. Am vorangegangen Verhandlungstag sagte die Verteidigung, Peter S. habe Haushaltsgegenstände im Wert von 7000 Euro an Hexal-Vertreter Wilfried H. liefern lassen. Außerdem soll es Barabhebungen in Höhe von 200.000 Euro gegeben haben. J. sagte, dass die Eltern des Angeklagten nie im Fokus der Finanzermittlungen gestanden hätten. S. hatte die Alte Apotheke an seine Mutter rückübertragen.

Nachforschungen des Rechercheverbunds Correctiv hatten ergeben, dass sich die Eltern systematisch daran beteiligten, das Vermögen dem Zugriff der Justiz zu entziehen. Dabei habe ihnen eine Nachlässigkeit der Staatsanwaltschaft Essen in die Hände gespielt.

Der Richter plant wohl keine Verurteilung auf Mord und Totschlag. Am nächsten Prozesstag will er einen rechtlichen Hinweis erteilen. „Um Erwartungen vorzubeugen, sei gesagt, dass er nicht auf Mord und Totschlag lauten wird“, erklärt der Vorsitzende Richter Johannes Hidding laut Correctiv. Ein Angeklagter kann nur für die Vergehen verurteilt werden, die in der Anklage genannt werden. Ergeben sich im Laufe des Gerichtsprozesses Hinweise, dass eine Verurteilung wegen anderer Straftaten möglich ist, muss das Gericht den Angeklagten darauf hinweisen.

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