Schilddrüsenmedikamente

L-Thyroxin/Jod: Hexal nur für die Großen

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Berlin -

Hexal muss bei seinem Kombinationspräparat mit L-Thyroxin und Jod künftig auf der Verpackung darauf hinweisen, dass das Präparat nur bei Erwachsenen und Jugendlichen ab 14 Jahren angewendet werden kann. Identisch zusammengesetzte Konkurrenzprodukte tragen diesen Hinweis nicht.

Hexal hatte sein Generikum Ende der 1990er Jahre auf den Markt gebracht. Seitdem wurden Beipackzettel und Fachinformation mehrfach überarbeitet, unter anderem wurde der Einsatz bei Kindern und Jugendlichen unter 14 Jahren unter Gegenanzeigen ausgeschlossen. Kinder mit Jodmangelkropf würden in der Regel nur mit Jod behandelt, hieß es zur Begründung.

Später zog Hexal den Hinweis in Fach- und Gebrauchsinformation um – von Gegenanzeigen in den Punkt „Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung und Warnhinweise“. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) stimmte zunächst zu. 2013 kam jedoch die Auflage, einen entsprechenden Hinweis auf den Anwenderkreis – Jugendliche ab 14 Jahre und Erwachsene – direkt unter der Bezeichnung des Arzneimittels aufzunehmen.

Hexal legte Widerspruch ein und klagte schließlich. Aus Sicht des Herstellers war der bisherige Hinweis keine echte Kontraindikation. Nun versuche das BfArM, den Anwenderkreis in unzulässiger Weise einzuschränken. Der Konzern fühlte sich auch deswegen ungerecht behandelt, weil andere Hersteller überhaupt keinen Hinweis zu den Altersgruppen in ihren Produktinformationen führten. Dazu gehörte nicht nur die eigene Schwesterfirma 1A Pharma, sondern auch der Originalhersteller Merck, auf dessen Unterlagen sich Hexal im Zulassungsverfahren bezogen hatte.

Das Verwaltungsgericht (VG) Köln wies die Klage vor drei Jahren ab: Zwar begründeten fehlende Daten tatsächlich keine Kontraindikation; Hinweise sollten entsprechend nicht unter Gegenanzeigen, sondern unter Vorsichtsmaßnahmen geführt werden. Insofern sei die Umgliederung der Produktinformation beim Hexal-Produkt korrekterweise geschehen. Dies bedeute aber nicht, dass dadurch der Anwenderkreis auch auf jüngere Patienten ausgeweitet wurde. Ungeachtet der Platzierung sei von einem Anwendungsausschluss auszugehen, der von Anfang an ein zentrales Element der Zulassungsentscheidung sei.

Dafür spreche auch, dass keine Dosierung für Kinder angegeben sei. Das Gericht wertete es als weiteres Indiz, dass beim Monopräparat keine Einschränkungen bekannt seien, sondern dass hier sogar auf besondere Vorsichtsmaßnahmen bei Frühgeborenen hingewiesen werde. Dies spreche dafür, dass L-Thyrox anders als L-Thyrox Jod für den Einsatz bei Kindern vorgesehen sei.

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW bestätigte jetzt das Urteil. Eine Zulassung für Kinder und Jugendliche sei zu keinem Zeitpunkt beantragt worden, entsprechend hätte das BfArM sie gar nicht erteilen dürfen.

Gestritten wurden dann noch darüber, ob der Hinweis auf der Umverpackung gesetzlich gedeckt sei. Gemäß §10 Arzneimittelgesetz (AMG) muss nach der Bezeichnung des Arzneimittels und der Angabe von Stärke und Darreichungsform unter Umständen ein Hinweis zur Anwendung für Säuglinge, Kinder oder Erwachsene enthalten sein. Laut Gericht hätte Hexal entweder die Altersbeschränkung akzeptieren müssen – oder bei wortwörtlicher Auslegung damit leben müssen, dass nur noch Erwachsene erwähnt würden.

Dass das BfArM sich nur Hexal vorgeknöpft hat, sei ebenfalls nicht zu beanstanden: Behörden stehe es frei, Vorgaben im Rahmen der Verfahrensökonomie sukzessive umzusetzen, so die Richter. Dass Auflagen, sofern keine akute Gefährdung vorliegt, nur im Rahmen von Änderungsanzeigen umgesetzt werden, ist laut Behörde gesetzlich vorgeschrieben.

Hexal will nun gemäß den Wünschen des BfArM den entsprechenden Hinweis direkt nach dem Präparatenamen auf die Faltschachteln sowie in Fach- und Gebrauchsinformation aufnehmen. Ob und wann die anderen Hersteller von Präparaten mit L-Thyroxin und Jod nachziehen müssen, ist also vollkommen offen. Seit 2005 müssen Hersteller ihre Zulassungen nicht mehr regelmäßig alle fünf Jahre erneuern lassen, sondern nur einmalig. Zuletzt hatte das VG Köln in einem Urteil zu Sinupret angeregt, über eine Neuregelung nachzudenken. Ein weiteres Beispiel für abweichende Produktinformationen sind die Prospan-Brausetabletten, die nach einem Rechtsstreit eine andere Indikation haben als der Rest des Portfolios oder vergleichbare Produkte anderer Hersteller.

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