Neue Wege zur Kundenbindung

„Ich mache jetzt auch Botendienst im Nachtdienst“

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Berlin -

Apotheken müssen ihre Angebote weiterentwickeln, um im Markt weiter zu bestehen, so viel ist klar. Inhaber Dirk Vongehr geht voran und will die neuen Möglichkeiten austesten, die der Gesetzgeber einräumt: Er testet im Nachtdienst die Lieferung per Botendienst. Denn er findet, dass ein Lieferdienst vor allem nach Feierabend Sinn macht, wenn man eben nicht schnell in die Apotheke um die Ecke gehen kann.

Seit einem knappen Vierteljahr ist der Botendienst auf Kundenwunsch zulässig. Und den Kundenwunsch gibt es, wie Vongehr, Inhaber der Paradies-Apotheke in Köln, festgestellt hat. Und er will dem Kundenwunsch nachkommen. Noch bewirbt er es nicht offensiv, aber seit kurzem experimentiert er mit der Auslieferung von Arzneimitteln im Nachtdienst – wenn die Kunden am Telefon aktiv nachfragen.

Zweimal sei das bisher vorgekommen: Einmal lieferte er einen Fiebersaft, das andere Mal ein Antibiotikum. Die Kunden waren begeistert, wie er erzählt. „Die Reaktion der Kunden war super, sie waren sehr dankbar und sagten, dass sie so einen Service noch nie erhalten haben“, erinnert er sich. Es geht ihm aber natürlich nicht nur um die Dankbarkeit der Patienten, sondern handelt sich natürlich auch um eine Kundengewinnungsmaßnahme. Denn Vongehr denkt voraus. Dass der Gesetzgeber vergangenen Herbst mit zwei Änderungsverordnungen zur Apothekenbetriebsordnung den Botendienst liberalisiert hat, soll schließlich genau solche neuen Anwendungsfälle ermöglichen. „Ich möchte die Möglichkeiten nutzen, die mir rechtlich gegeben wurden“, sagt er.

Denn die Vor-Ort-Apotheken, ist Vongehr überzeugt, können sich durch solche Maßnahmen effektiv als Alternative zu den Versendern positionieren. „Wenn wir den Botendienst richtig nutzen, merkt der Kunde, dass wir effektiver und schneller arbeiten können als jede Versandapotheke“, so Vongehr. Damit will er allerdings noch nicht insinuieren, dass er bereits ein fertiges, tragfähiges Konzept vorliegen hätte. Er könne sich zwar vorstellen „das Ganze auch größer aufzuziehen“, wie er sagt. Erst einmal müsse er aber schauen, wie sich das Konzept entwickelt und ob er es finanziell und personell abdecken kann.

Denn mit dem eigenen Botendienst ständig selbst im Nacht- und Notdienst auszufahren, sei unter den jetzigen Umständen nicht rentabel. Durch andere, komplexere Modelle ließe sich die Auslieferung im Nachtdienst aber durchaus auch finanziell tragbar gestalten, ist er überzeugt. „Wenn ein Lieferandofahrer eine Gyros-Pita liefern kann und sich das rentiert, dann muss das auch mit einem Arzneimittel gehen.“

In Zukunft könnten beispielsweise Konzepte mit Drittanbietern an Bedeutung gewinnen. Dabei müssten die Apotheken allerdings aufpassen, die richtige Balance zu wahren: „Es darf nicht dahingehen, unseren Schwerpunkt auf Logistik zu verlagern, denn das ist nicht unsere Kernkompetenz“, warnt Vongehr. Allerdings müssten sich viele Apotheken ohnehin stärker an den Wünschen ihrer Kunden orientieren. Von Apothekern, die sich über Patienten beschwerten, die im Notdienst Nasensprays kaufen, hält er nichts: „Der Kunde entscheidet, wann es ein Notfall für ihn ist, und wenn der nachts um zwei einen Hustensaft braucht, dann kriegt er den auch.“ Den nächsten Schritt erwägt er für den kommenden Notdienst: Dann will er das neue Angebot vielleicht zum ersten Mal auch aktiv bewerben. Von der Nachfrage dürfte dann abhängen, wie es mit den Notdienstlieferungen weitergeht.

Der Botendienst auf Kundenwunsch ist seit Oktober grundsätzlich zulässig. Er darf nur durch weisungsgebundenes Personal der beliefernden Apotheke erfolgen, wobei laut ApBetrO eine ausreichende Beratung – gegebenenfalls bei der Auslieferung des Arzneimittels – sichergestellt werden muss. Zur Gewährleistung der Wirksamkeit und Qualität von besonders temperaturempfindlichen Arzneimitteln, die im Versandhandel und im Botendienst ausgeliefert werden, wurde eine Pflicht zur Temperaturkontrolle dieser Arzneimittel unter bestimmten Voraussetzungen eingeführt.

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