Kommentar

Vom Rx-VV zur Gleichpreisigkeit: Alles steht auf dem Spiel

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Berlin -

Viel ist passiert, seit ABDA-Präsident Friedemann Schmidt die Delegierten des Deutschen Apothekertages (DAT) in München mit den Worten entließ: „Wir werden Kröten schlucken müssen.“ Die Kröten sind immer noch unterwegs – und dass sich die ABDA am Ende daran verschluckt, ist keineswegs ausgeschlossen. Wie weit das Meinungsspektrum auseinander klafft, unterstreicht zudem die Petition von Pharmaziestudent Benedikt Bühler. Mehr als 400.000 Unterschriften pro Rx-Versandverbot, aber in den Anträgen zum DAT 2019 geht es „nur“ noch um die Rettung der GKV-Gleichpreisigkeit – und die ist keineswegs sicher, kommentiert Lothar Klein.

Vor einem Jahr rutschte BAK-Präsident Andreas Kiefer ein verräterischer Satz über die Lippen: „Wir werden am Ende die Aufgabe der Gleichpreisigkeit akzeptieren müssen, das ist nicht ganz einfach“. Was damals noch niemand so recht glauben wollte, ist heute Realität. Die Gleichpreisigkeit ist bereits perdu, weil die Privatpatienten von neuen Rx-Boni-Verbot im SGB V ausgenommen werden sollen. Es geht jetzt bei der weiteren Beratung des Apothekenstärkungsgesetzes von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nur noch um die Rettung der Gleichpreisigkeit für den GKV-Sektor.

Die Antragslage zum DAT spiegelt somit den weiten politischen Weg wider, den die ABDA und ihre Repräsentanten in den letzten zwölf Monaten zurückgelegt haben. ABDA-Präsident Friedemann Schmidt hat inzwischen seinen Frieden mit dem Arzneimittel-Versandhandel gemacht und will sich nicht mehr für ein Rx-Versandverbot verkämpfen. Das kann man Realismus nennen, wenn Politik mit dem Anerkennen vor Realitäten beginnt.

Allerdings: In den vergangenen zwölf Monaten haben die Realitäten die ABDA vor sich hergetrieben. Einen eigenen Plan B hat der letzte Apothekertag von der ABDA gefordert. Den gibt es bis heute nicht. Stattdessen hat sich die ABDA-Spitze auf einen Deal mit Spahn eingelassen, der von den Kammern und Verbänden zerfleddert wurde. 375 Millionen Euro sollten die Apotheker erhalten und dafür einen 2,50 Euro Bonus hinnehmen. Das Paket wäre von der EU-Kommission akzeptiert worden. Aber vor allem die Kammern legten sich quer.

In der Folge hat Spahn die Forderung nach einem Rx-Boni-Verbot übernommen, das EU-rechtlich auf wackeligen Grund steht. Kämpfen für diese Regelung wird Spahn gegen den Widerstand der EU-Kommission nicht. Möglicherweise bringt Spahn zum Apothekertag 2019 in Düsseldorf bereits das Nein der EU-Kommission mit. So oder so: Es herrscht immer noch keine Gewissheit, wie es mit den ökonomischen Rahmenbedingungen für die Rx-Abgabe weitergeht.

Erst im Oktober beginnt im Bundestag die Beratung des Apothekenstärkungsgesetzes. Die SPD hat das Gesetz im Kabinett zwar passieren lassen. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass es im Verlauf der Gesetzgebung unverändert bleibt. Wird die SPD erneut einem Gesetz um des lieben Koalitionsfriedens Willen zustimmen, von dem sie inhaltlich nicht überzeugt ist? Karl Lauterbach will SPD-Chef werden. Auf dem Weg dorthin kann er sich faule Kompromisse noch weniger leisten als zuvor. Alles spricht also dafür, dass das Rx-Boni-Verbot die Beratungen nicht übersteht.

Vermutlich wird die ABDA im Herbst daher vor der Alternative stehen, die Aufgabe der Gleichpreisigkeit auch für den GKV-Sektor zu akzeptieren oder auf die versprochen 150 Millionen Euro für neue pharmazeutische Dienstleistungen zu verzichten. Statt DAT-Anträge zum Erhalt der Gleichpreisigkeit zu verabschieden, sollte der Apothekertag um diese Frage ringen. Was ist für die Zukunft der Apotheker wichtiger: Die Öffnung der Tür für neue Dienstleistungen oder der zum Scheitern verurteilte Versuch, sich gegen das Unvermeidliche zu stemmen? Das muss das zentrale DAT-Thema sein. Elegant formulierte Anträge zur Gleichpreisigkeit helfen nicht weiter.

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