Skonto-Taktik der Großhändler

„Die großen Apotheken wird es richtig treffen“

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Berlin -

Im ohnehin angespannten Umfeld müssen sich Apotheken nach der Skonto-Sperre auf neue Vereinbarungen mit ihren Großhändlern einstellen. Noch halten sich die Lieferanten zurück – doch in dieser Woche wird erwartet, dass sich die ersten Unternehmen mit konkreten Kürzungen an die Inhaberinnen und Inhaber wenden. Besonders betroffen dürften große Apotheken sein.

Das Spiel ist immer dasselbe. Keiner will der erste sein. Doch irgendwann müssen die Lieferverträge angepasst werden, vielleicht noch nicht bei der nächsten Abschlagszahlung, dann aber bei der nächsten Rechnungslegung. Noch warten die Apotheken auf Nachrichten ihrer Großhändler. Denn nachdem die Begründung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu Skonto bei verschreibungspflichten Arzneimitteln vorliegt, müssen die Lieferanten Stellung beziehen. Der Großhandelsverband Phagro begrüßte das Skonto-Urteil, nachdem er justament einen Tag vor Veröffentlichung beklagt hatte, dass die Großhandelsmarge einen Tiefpunkt erreicht habe.

Diese Woche kommen Vorschläge

Aus taktischen Gründen warten die Großhändler also noch ab, vielleicht prescht ein Mitbewerber vor. Die Sanacorp teilte den Kunden bereits mit, dass mögliche „Gestaltungsoptionen“ nach dem Urteilsspruch entworfen worden seien. „Diese müssen wir nun auf Basis der schriftlichen Urteilsbegründung erneut einer umfassenden rechtlichen Prüfung unterziehen“, heißt es im jüngsten Schreiben an die Apotheken. In Planegg will man sich „möglichst zeitnah“ melden und über weitere Schritte informieren. Bis dahin sollten die Apotheken von Rückfragen absehen.

Dass der Frust bei den Apotheken hoch ist, zeigt ein Beispiel aus Baden-Württemberg. Dort wurde das Sanacorp-Schreiben zerrissen und weggeschmissen. „Bisher gibt es nur die Andeutung, dass bald was kommen könnte. Aber auch, dass Phoenix da nicht voranpreschen möchte“, sagt ein Inhaber. Branchenkenner gehen davon aus, dass Noweda den ersten Schritt machen wird: „Ich erwarte morgen oder übermorgen eine Reaktion.“ Phoenix werde dann nachziehen.

Die Lieferanten werden sich genau überlegen, welche Kompensation sie anbieten. Denn die Großhändler haben sich auf die frühen Zahlungen der Apotheken eingestellt. Phoenix etwa arbeitet mit Dekadenzahlung. „Es wird für die Großhändler ein Liquiditätsproblem sondergleichen geben, wenn sie den Apotheken nichts anbieten, denn warum sollten diese dann früher zahlen?“

Große Gruppen als große Verlierer

Die großen Verlierer seien die „großen Gruppen“, heißt es aus der Branche. Manche Betriebe erhielten 7,1 Prozent auf verschreibungspflichte Arzneimittel. „Das kann man nicht mit Gebührensenkungen ausgleichen. Diejenigen, die den Großhandel jahrelang ausgepresst haben, bekommen ein Problem.“ Weitere Stellschrauben, die die Apotheken vom Großhandel erwarten können, seien der Handelsspannenausgleich oder Angebots-, Ausschluss- sowie Kontingentartikel. „Ich könnte mir auch eine Datenlieferungsprämie vorstellen.“

Zunächst heißt es abwarten. Doch das fällt vielen Inhaberinnen und Inhabern schwer. So sind die Apothekenberater und Erfa-Gruppen im regen Austausch. Eine durchschnittliche Apotheke mit einem Monatsumsatz von 190.000 Euro pro Monat könne nach Kompensationsvorschlägen des Großhandels etwa noch eine Marge von 1100 Euro erwarten, rechnet ein Berater vor. Andere könnten noch 2400 Euro behalten. „Es ist schwierig zu pauschalisieren, weil jede Bestellung unterschiedlich ist. Aber die großen Apotheken wird es richtig treffen.“

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