Krankenkassen

Selektivverträge: Integriert = Rabattiert

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Berlin -

Divide et impera: Um das Vertragsmonopol der Leistungserbringer zu brechen, ist den Kassen fast jedes Mittel Recht. Doch nicht jeder Selektivvertrag hält, was er verspricht. Das Bundesversicherungsamt (BVA) verweist auf einen Fall, in dem von 24 nur 9,6 Millionen Euro in die medizinische Versorgung flossen. Die restliche Summe strich die betreffende Managementgesellschaft für Konzeptentwicklung und Öffentlichkeitsarbeit ein.

„Das Geld für die Verträge muss in die Versorgung und nicht in die Verwaltung gehen“, kommentierte BVA-Präsident Dr. Maximilian Gaßer. Seine Behörde hat seit Anfang 2012 insgesamt 1800 Verträge geprüft; allerdings müssen regionale Kassen ihre Verträge vor Ort vorlegen und sind daher in der Statistik nicht erfasst.

Unwirtschaftlichkeit wurde laut BVA nur in Einzelfällen beanstandet. Viel häufiger mussten die Verträge laut BVA wegen Klauseln nachgebessert werden, mit denen die Versicherten benachteiligt wurden: Vielfach seien diskriminierende Regelungen wie Mindestversicherungszeiten, finanzielle Beteiligungen der Versicherten über die gesetzliche Zuzahlung hinaus, Fallzahlenbegrenzungen und Altersbeschränkungen ohne medizinische Notwendigkeit Bestandteil der vertraglichen Regelungen gewesen.

Insgesamt wurden 28 Verträge förmlich beanstandet; fünf Klagen gegen Beanstandungen sind laut BVA vor den Landessozialgerichten anhängig. Die Ausgaben für die Integrierte Versorgung (IV) sind im vergangenen Jahr um 4,1 Prozent gestiegen und machen – je nach Krankenkasse beziehungsweise Kassenart – zwischen 0,8 und 11 Prozent an den Gesamtausgaben aus.

Ein Schwerpunkt liegt laut BVA auf innovativen ambulanten Operationsleistungen. Ziel der Krankenkassen sei die Verlagerung von stationären Leistungen in den ambulanten Sektor, um Leistungsausgaben zu reduzieren, so das BVA.

Nur jeder zehnte Vertrag bezieht den stationären Sektor ein. Rehabilitationskliniken sind nur an 5 Prozent der Verträge beteiligt. Eine Verzahnung von Kranken- und Pflegeleistungen ist bisher lediglich in einem Vertrag angezeigt worden, genauso wie die Beteiligung eines Pharmaherstellers. Verträge mit Medizinproduktherstellern sind laut BVA bisher nicht angezeigt worden. Apotheken dürfen nach dem Urteil des Bundessozialgerichts zum Barmer-Hausapothekenmodell an Verträgen der integrierten Versorgung nicht beteiligt werden; nur als externe Projektpartner sind sie bei einigen Modellen an Bord.

Die meisten Verträge werden laut BVA in Ballungszentren mit hoher Leistungserbringer- und Versichertendichte abgeschlossen. Die neuen Bundesländer werden bei Selektivvertragsschlüssen vernachlässigt.

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