BPI wählt Apotheker zum Vorsitzenden

Rabattverträge: „Wie ein störrisches Kind“

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Berlin -

Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) hat mit Dr. Hans-Georg Feldmeier (Dermapharm) einen Apotheker zu seinem neuen Vorsitzenden gewählt. Im August hatte sein Vorgänger, Dr. Martin Zentgraf (Desitin), das Amt satzungsgemäß niedergelegt. Feldmeier studierte Pharmazie an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität in Greifswald. Er kündigte an, sich mit Forderungen an die Politik in den kommenden Wahlkampf einzumischen. Es geht wie bei seinem Vorgänger um die Themen Rabattverträge, Preismoratorium und Standortbedingungen.

„Als Apotheker und pharmazeutischer Unternehmer bin ich es gewohnt, Verantwortung zu übernehmen. In erster Linie für unsere Patientinnen und Patienten, aber auch für unsere Mitarbeiter, natürlich für unsere Unternehmen, aber auch für unsere Shareholder und nicht zuletzt für unsere Gesellschaft. Um dafür die bestmöglichen Rahmenbedingungen zu schaffen oder manchmal auch nur zu erhalten und um mit einer Stimme für unsere Ziele einzutreten, haben sich mehr als 270 Unternehmen im BPI vereinigt. Es spornt mich an, dass ich mich nun als BPI-Vorsitzender für eine bestmögliche Arzneimittelversorgung am Standort Deutschland einsetzen kann“, so Feldmeier.

Für ihn beginne jetzt die Beteiligung des BPI am nächsten Bundestagswahlkampf im Herbst 2021. Eine künftige Koalition habe die Wahl zwischen einer verlässlichen, innovativen Arzneimittelversorgung durch eine zu großen Teilen ortsgebundene pharmazeutische Industrie, die ein starker Wirtschaftsfaktor in unserer Volkswirtschaft ist oder der Fortsetzung der „Geiz ist geil-Mentalität“ mit kurzzeitigen Einsparerfolgen, die aber zwangsläufig mit mittel- und langfristigen Kollateralschäden in der Arzneimittelversorgung einhergehen werden.

In der Corona-Zeit, als andere Branchen in den Lockdown mussten, Schulen, Kitas und Verwaltungen geschlossen hatten, habe die Pharmaindustrie ihre Innovations- und Improvisationskraft gezeigt. Feldmeier: „Wir sind arbeitsfähig geblieben, haben Sonderschichten gefahren, um die Liefersicherheit aufrecht zu erhalten. Das muss dauerhaft anerkannt und auch als unabdingbar für unser Gemeinwohl angesehen werden. Es reicht nicht, uns als kritische Infrastruktur einzustufen, man muss uns auch entsprechend behandeln! In den letzten Jahren ist das leider nicht erfolgt.“

Stattdessen sorge die Politik dafür, dass die Arzneimittelpreise systematisch abgesenkt würden und auf der anderen Seite sorge die EU mit immer neuen Regulierungen dafür, dass die Kosten durch ständig steigende Anforderungen stiegen. „Durch das Preismoratorium und diverse andere Rabattmodelle können wir jedoch keine Cent an die Krankenkassen weiterberechnen“, so der neue BPI-Vorsitzende.

Die Entwicklung von Arzneimitteln, einschließlich von Generika, müsse in Deutschland und Europa erhalten bleiben, weil ansonsten auch automatisch die Produktion abwandere. Wie wichtig der Produktionsstandort Europa sei, habe man in der aktuellen Krise gemerkt: „Plötzlich werden Kapazitäten für Impfdosen im Milliardenmaßstab gesucht. Um dieses Projekt zum Erfolg zu führen, braucht es eine Infrastruktur der Zulieferindustrie, Vials, Stopfen, Verpackungsmaterial, es braucht Maschinenbauer, die es ermöglichen, dass wir kurzfristig die Kapazitäten erhöhen können“, so Feldmeier. Es brauche „zig“ Millionen Fläschchen sterile Kochsalzlösung, um den Impfstoff anwendungsbereit zu verdünnen. Der Produktionsstandort Deutschland und Europa wird allerdings seit Einführung der Rabattverträge insbesondere im generischen Bereich und des Preismoratoriums ohne echten und ehrlichen Inflationsausgleich systematisch geschwächt.

Er habe in den vergangenen Monaten immer wieder Politiker erlebt, die gesagt hätten, man könne über alles reden, aber nicht über Rabattverträge. „Darauf kann ich nur wie ein störrisches Kind mit Doch antworten. Genau darüber müssen wir eben auch reden“, so Feldmeier. Die Pharmaindustrie übernehme Verantwortung: „Verantwortung und Unterstützung erwarte ich aber auch von der Politik. Sie muss bessere Rahmenbedingungen schaffen. Statt Versorgung kaputt zu sparen, sollten wir in mehr Unabhängigkeit und Liefersicherheit investieren. Die Arzneimittelversorgung ist eine kritische Infrastruktur, die wir anerkennen und stärken sollten. Dafür werde ich mich als neuer BPI-Vorsitzender stark machen.“

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