Ärzte sollen Patienten zur Internetapotheke schicken

KV-Chef: Apotheke = Rabattaktionen und Stempelkärtchen

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Berlin -

Mit ihrem Boykottaufruf hat die Kassenärztliche Vereinigung (KV) in Hessen für Aufregung gesorgt. Doch zuvor hatten schon der Hausärzteverband in Rheinland-Pfalz und die KV in Baden-Württemberg (KVBW) damit gedroht, ihren Patient:innen den Versandhandel zu empfehlen. „Da die Apotheken medizinisch keinen Beitrag zu einer Medikation, und schon gar nicht bei Schwerkranken, leisten können, handelt es sich um eine reine Alibi-Veranstaltung, um irgendeinen Grund zu finden, den Apothekern zusätzliche Mittel zukommen zu lassen“, ätzte unlängst der KVBW-Vorstandsvorsitzende Dr. Norbert Metke gegen die pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL).

Das Apothekenstärkungsgesetz (VOASG) erhitzt die Gemüter der Ärzt:innen. Auch in Baden-Württemberg gehen die Kassenärzt:innen mit den Apotheken hart ins Gericht und wettern gegen die Leistungen in der Offizin. „Wir können es kaum glauben, dass der Bunderegierung der Geldbeutel der Apotheken wichtiger ist als zusätzliche Termine bei den Fachärzten“, so Metke über die Pläne der Bundesregierung, Einsparungen bei der fachärztlichen Versorgung vorzunehmen.

„Völlig absurd wird das aber, wenn der Gesetzgeber gleichzeitig bestimmt, dass Millionen aus den Töpfen der Krankenkassen in die Geldbeutel der Apotheker fließen sollen und sich dafür eine Leistung ausgedacht haben, für die es weder eine Notwendigkeit noch einen Nutzen für die Patienten gibt“, sagt er. Die pDL seien eine „Alibi-Veranstaltung“, da die Apotheken „medizinisch keinen Beitrag zu einer Medikation, und schon gar nicht bei Schwerkranken, leisten“ könnten. Die Beratung umfasse lediglich in einer etwas erweiterten Form das, was die Apotheker heute schon leisten müssten und wofür sie bisher schon vergütet würden.

Metke kündigte eine Reihe von Maßnahmen gegenüber den Mitgliedern und den Patient:innen an. „Wir werden auf alle Fälle unsere Mitglieder auf die Möglichkeit eines barrierefreien Zugangs zu Medikamenten über Internetapotheken hinweisen, mindestens für die Patientinnen und Patienten, die darauf angewiesen sind. Schließlich muss ja wenigstens einer im System Kosten sparen.“ Weiter wolle die KV die Patient:innen informieren, dass sie sich bei Fragen zu Arzneimitteln „besser“ an die Ärzt:innen wenden sollten und nicht an die Apotheker. „Auch über die Risiken von Selbstmedikationen durch nicht verschreibungspflichtige Mittel sollten die Patientinnen und Patienten aufgeklärt werden.“

Bereits Mitte des Monats kritisierte die KV die Berufsgruppe der Apotheker:innen: „Wir möchten aber schon darauf hinweisen, dass in den Apotheken die Tätigkeit zu weit über 90 Prozent aus dem Einzelhandel mit Arzneimitteln, mit Kosmetika, Hustenbonbons, kleinen Gesundheitsratgebern und rezeptfreien Medikamenten besteht. Dabei hat der Apotheker das auszugeben, was der Arzt vorher verordnet hat. Mit ihren Rabattaktionen, Stempelkärtchen und anderen Werbemaßnahmen unterscheiden sich die Apotheker nicht von anderen Einzelhändlern. Die Apotheker haben erweiterte Kenntnisse in Pharmazie, die Ärzte in Medizin“, sagte Metke.

„Sicherlich würde ein Apotheker es hinbekommen, den Blutdruck zu messen. Aber er könnte daraus keine Konsequenzen ableiten, außer, dass der Patient gegebenenfalls zum Arzt gehen sollte. Und eine Medikamentenberatung kann sich nur auf die Arzneimittel beziehen, die der Arzt vorher verordnet hat.“

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