Infektionskrankheiten

Grüner Tee gegen Antibiotikaresistenzen

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Berlin -

Neuer Ansatz gegen Antibiotikaresistenzen: Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung fanden Hinweise darauf, dass ein natürliches Antioxidans in Grünem Tee die Empfindlichkeit von Bakterien für ein Antibiotikum wiederherstellen könnte.

Bei dem Stoff handelt es sich um Epigallocatechin (EGCG), das in Grünem Tee vorkommt. Die Forscher untersuchten, ob EGCG die Wirkung eines Antibiotikums auf das Wachstum des Bakteriums Pseudomonas aeruginosa beeinflusst. Dabei konnte gezeigt werden, dass der antibiotische Wirkstoff Aztreonam die Bakterienvermehrung stärker hemmte, wenn EGCG mit im Kulturmedium enthalten war.

Der Effekt konnte sowohl in vitro wie auch in vivo festgestellt werden: Dazu behandelten die Forscher Wachsmottenlarven mit dem Antibiotikum und fügten teilweise EGCG hinzu. Auch hier ließ sich der synergistische Effekt nachweisen, wenn beide Substanzen verabreicht wurden. Natürliche Produkte wie EGCG, die mit bereits erprobten Antibiotika kombiniert wer­den, könnten demnach ein wichtiges Mittel sein, um die Lebensdauer eines Antibiotikums zu ver­längern. Worauf genau dieser synergistische Effekt beruht, ist noch unklar. Die Wissenschaftler wollen die Substanz daher nun weiterentwickeln, um den genauen Wirkmechanismus zu erforschen.

Die Behandlung einer Infektion mit Pseudomonas aeruginosa ist schwierig: Das Bakterium kann schwere und lebensbedrohliche Lungeninfektionen und Blutvergif­tungen verursachen. Da es resistent gegen viele antibiotische Wirkstoffe ist, wird es häufig mit Aztreonam behandelt. Doch auch gegenüber Aztreonam steigen die Resistenzen. Das Bakterium ist extrem anspruchslos, was seine Umgebungsbedingungen angeht: Es ist sowohl in feuchter, wie auch in trockener Umgebung lange überlebensfähig. Patienten mit einer geschwächten Immunabwehr werden besonders häufig befallen.

Um den stetig zunehmenden Antibiotikaresistenzen entgegenzuwirken, wird vielseitig nach Lösungen oder neuen Antibiotika gesucht: Eine Möglichkeit, die derzeit erforscht wird, ist die Entwicklung von neuartigen Antiobiotika aus Nasenschleim: Tübinger Wissenschaftler hatten 2016 das erste Fibupeptid entdeckt und isoliert. Weitere Forschungen ermittelten vor einigen Monaten den genauen Wirkmechanismus und die damit verbundenen Chancen: Das Peptid könnte in Zukunft eine neue Wirkstoffklasse für Antibiotika darstellen.

Lugdunin hat eine besondere chemische Struktur und könnte dadurch möglicherweise der Prototyp für eine neue Klasse von Antibiotika sein. In zyklische Peptide sind charakteristische ringförmige Schwefel-Stickstoffverbindung Thiazolidin eingebaut. Dieser Thiazolidinring sorgt für die antibakterielle Wirkung. Den Wirkmechanismus unterscheidet sich von bisherigen Antibiotika: Lugdunin ist in der Lage, positiv geladene Wasserstoff-Ionen durch die Membran zu transportieren und die Transmembranspannung somit aufzuheben. Dadurch wird die Energieversorgung der Bakterien gestört und sie sterben ab. Durch diesen besonderen Wirkmechanismus soll das Peptid auch gegen multiresistente Keime wirksam sein.

Auch bereits in anderen Indikationen bewährte Arzneimittel werden weiter erforscht: So gab es im Mai Hinweise darauf, dass der Wirkstoff Ticagrelor (Brilique, Astra Zeneca) eine bakterizide Wirkung gegen antibiotikaresistente Bakterien wie MRSA aufweist. Diese scheint jedoch nicht in Zusammenhang mit der gerinnungshemmenden Wirkung zu stehen. Bei anderen Antikoagulantien wie Clopidogrel oder Prasugrel wurde diese Eigenschaft nämlich nicht beobachtet. Die Forscher gehen davon aus, dass es sich um einen neuartigen Mechanismus handelt. Da sich der antibakterielle Wirkmechanismus von der gerinnungshemmenden Wirkung zu unterscheiden scheint, lässt sich womöglich eine ganze Reihe neuer Antibiotika ableiten, die keine thrombozytenaggregationshemmende Wirkung aufweisen. Diese könnten gegen multiresistente Staphylokokken oder Enterokokken eingesetzt werden. Die neuen Erkenntnisse könnten die Tür zu einer neuen Klasse von Antibiotika öffnen, die aufgrund vermehrter Resistenzen dringend benötigt wird.

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