Umfrage zu Einkaufsverhalten

Lieferengpässe: Hamstern bei Arzneimitteln

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Berlin -

Mehr als jede:r dritte Deutsche war im letzten Jahr schon von den Lieferengpässen betroffen, wie eine aktuelle Umfrage des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller (BAH) aufzeigt. Das hat auch Auswirkungen auf das Einkaufsverhalten der Patient:innen: Jede:r Fünfte bevorratete sich aus Sorge vor den Engpässen mit OTC-Arzneimitteln, mehr als jede:r Zehnte erhielt auch Rx-Arzneimittel auf Vorrat.

Rund ein Drittel (35 Prozent) der Deutschen haben in den vergangenen zwölf Monaten Schwierigkeiten oder Knappheiten beim Kauf von Arzneimitteln erlebt, wie eine repräsentative Umfrage unter rund 1000 Patient:innen im Auftrag des BAH aus dem April ergab. Zum Vergleich: Im Juni 2022 waren es noch 18 Prozent gewesen, die (eher) zustimmten.

Betroffen waren dabei alle Arten von Arzneimitteln: 40 Prozent gaben an, Schwierigkeiten bei Rx-Arzneimitteln zur Behandlung einer akuten Erkrankung, bei Rx-Arzneimitteln zur Behandlung einer chronischen Erkrankung und rezeptfreien Arzneimitteln zur Behandlung akuter gesundheitlicher Beschwerden beziehungsweise vorübergehender Erkrankung gehabt zu haben. Rezeptfreie Arzneimittel zur Behandlung chronischer gesundheitlicher Beschwerden oder Erkrankungen waren nur in 12 Prozent der Fälle betroffen.

Lieferverzögerungen

Viele dieser Lieferschwierigkeiten wurden durch die Vor-Ort-Apotheken gelöst: In etwa vier von zehn Fällen konnten die Patient:innen – mit einer zeitlichen Verzögerung – das gewünschte Arzneimittel in der Apotheke abholen. Bei weiteren 17 Prozent besorgte die Apotheke das Arzneimittel und lieferte es sogar nach Hause. Die Verzögerung, bis ein geeignetes Arzneimittel verfügbar war, betrug in der Mehrheit der Fälle ein bis drei Tage (41 Prozent), bei einem Drittel der Fälle gab es überhaupt keine Verzögerung. 17 Prozent warteten drei bis sieben Tage.

Bei 31 Prozent fand ein Austausch mit einem anderen Arzneimittel statt, in 7 Prozent der Fälle musste laut der Befragten ein neues Rezept für ein anderes Arzneimittel durch den Arzt oder die Ärztin ausgestellt werden. Etwas mehr als die Hälfte der vom Austausch Betroffenen (55 Prozent) gab an, in der Apotheke zum neuen Arzneimittel Fragen gestellt zu haben, etwa jede:r Zehnte (11 Prozent) konsultierte seinen oder ihren Arzt. Ein Drittel nahm laut Befragung das Arzneimittel ein, ohne weitere Schritte zu unternehmen.

Arzneimittelbevorratung

58 Prozent der Befragten wollen sich allerdings trotzdem weder rezeptpflichtige noch rezeptfreie Arzneimittel auf Vorrat besorgen. 7 von 10 sind (eher) der Meinung, dass Menschen, die sich auf Vorrat mit Arzneimitteln eindecken, die Versorgungslage verschlimmern.

Jede:r Fünfte gab an, in den vergangenen zwölf Monaten rezeptfreie Arzneimittel auf Vorrat gekauft zu haben, aus Sorge, dass diese zukünftig nicht mehr verfügbar sein könnten. Bei den Ü60-Jährigen fällt die Zustimmung dazu mit 12 Prozent am geringsten aus, bei den 18- bis 49-Jährigen bevorratete sich mehr als jede:r Vierte.

Mehr als jede:r Zehnte (11 Prozent) stimmte auch der Aussage zu, dass Arzt oder Ärztin in den vergangenen zwölf Monaten Rx-Arzneimittel auf Vorrat verordnet habe – aus Sorge, dass diese zukünftig nicht mehr verfügbar sein könnten. Der Anteil ist in der jüngsten Bevölkerungsgruppe (18 bis 29) mit 20 Prozent am höchsten.

Gründe für Lieferengpässe

Drei Viertel der Befragten geben als Gründe für Lieferengpässe international verzweigte Lieferketten sowie falsche Politik an, jeweils zwei Drittel die Wirkstoffproduktion in Asien und den Umstand, dass es zu wenige Anbieter für bestimmte Arzneimittel gibt. Dass die Krankenkassen zu wenig für Arzneimittel zahlen, halten rund 60 Prozent für eine Ursache.

„Die Bevölkerung in Deutschland hat ein gutes Gespür für die Gründe von Lieferengpässen bei Arzneimitteln. International verzweigte Lieferketten und falsche Politik werden am häufigsten für Arzneimittellieferengpässe verantwortlich gemacht“, so BAH-Hauptgeschäftsführer Dr. Hubertus Cranz. „Tatsächlich hat die übertriebene Kostendämpfungspolitik der vergangenen Jahre zu einem enormen Wettbewerbs- und Preisdruck insbesondere auf die Hersteller von patentfreien Arzneimitteln geführt. Die Folge sind die Auslagerung der Lieferketten mit Fokus auf Asien sowie eine Ausdünnung der Anbieterstruktur im Markt, weil sich für viele Unternehmen die Produktion wirtschaftlich nicht mehr lohnt. Die Politik muss hier gegensteuern“, so Cranz weiter.

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