Empfehlungen der EMA

Engpässe: Leitfaden für Pharmaindustrie

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Berlin -

Das Phänomen der Arzneimittellieferengpässe weckt bei vielen Parteien vor allem die Schuldfrage: Die Verantwortung schieben sich die Akteure gerne gegenseitig zu. Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) hat einen Leitfaden zum Umgang mit und der Vermeidung von Engpässen entwickelt – Fairness spielt dabei auch eine Rolle.

Bei den Lieferengpässen handelt es sich um ein globales Phänomen, betont die EMA, auch Europa sei zunehmend davon betroffen. Um in Zukunft mit den Engpässen besser umzugehen und diesen vorzubeugen, veröffentlichte die Behörde nun Empfehlungen an die Industrie. Man richte sich dabei sowohl an die Zulassungsinhaber als auch Hersteller und Großhändler.

Damit werden Empfehlungen aus dem letzten Jahr ergänzt, damals hatte die EMA einen Leitfaden für Patientenorganisationen und Gesundheitsberufe zu dem Thema veröffentlicht.

Die insgesamt zehn neuen Empfehlungen basieren laut EMA auf der Analyse von Engpass-Ursachen und den Erfahrungen der Arzneimittelbehörden aus dem Engpassmanagement. Man habe außerdem Industrieverbände zu Rate gezogen.

Kommunikation

Die betroffenen Akteure müssen laut EMA die zuständigen Behörden zeitnah über mögliche und bestehende Engpässe informieren. Dabei müssten so detaillierte Informationen geliefert werden, dass Auswirkungen vorhergesagt und Maßnahmen ergriffen werden können. Die häufigste Ursache seien Produktionsprobleme.

Die Kommunikation zwischen den genannten Akteuren spielt im Leitfaden ebenfalls eine zentrale Rolle: Diese müssten untereinander „akkurate“ Informationen austauschen. Ein bestehendes „Informationsvakuum“ führe zu Vorratshaltungen, die Engpässe noch verschärfen. Es sei mehr Transparenz notwendig – auch um leichter und schneller Alternativen zu den Arzneimitteln zu finden, die von den Engpässen betroffen sind.

Vorausplanung und faire Verteilung

Abhängig von ihrer Rolle sollten die Akteure auch Pläne für die Engpass-Prävention oder Engpass-Management-Pläne entwickeln, so die EMA. Dabei sollte sich nicht auf andere Hersteller verlassen werden, die die Engpässe auffangen könnten.

Außerdem sollten Prinzipien für faire und gleiche Verteilung von Arzneimitteln aufgestellt werden. Im Leitfaden ist davon die Rede, dass nach Bekanntwerden eines möglichen Lieferengpasses die Situation noch verschlimmert anstatt verhindert wurde, indem Akteure statt der normalen Bestellmenge weit mehr bestellt hätten. Dadurch sei tatsächlich ein Engpass entstanden, da die Verfügbarkeiten schneller erschöpft waren.

Lieferketten hinterfragen

Ein weiterer Aspekt, der bei Lieferengpässen eine entscheidende Rolle spielt, sind die Lieferketten. Laut EMA sollen „pharmazeutische Qualitätssysteme“ optimiert werden, um die komplexen Lieferketten widerstandsfähiger zu machen.

Das „Just-In-Time“-Modell sollte für kritische Wirkstoffe und Arzneimittel, für die es keine Alternativen gibt, daher hinterfragt werden: Die Lieferkette wird dabei zur Effizienzerhöhung so gesteuert, dass jeder Kunde sein Produkt zur richtigen Zeit, am richtigen Ort und in der richtigen Qualität erhalten soll. Das macht das Modell zwar effizient aber gleichzeitig wenig flexibel und anfällig, sollte das Timing an einer Stelle nicht mehr stimmen.

Zulassungsinhaber und Hersteller sollten in diesen Fällen zumindest für ausreichend Reserven sorgen, um unerwartete Verzögerungen auffangen zu können, so die EMA.

Auch gelte es die Risiken durch Parallelimporte einzuschätzen und zu senken – diese könnten Engpässe zwar nicht verursachen, aber diese durchaus verschlimmern.

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