Verfalllisten machen Probleme

Antibiotika: Retouren verschärfen Engpässe

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Berlin -

In einer Zeit, in der die Apotheken und Arztpraxen mit Sorge auf die Versorgungslage mit Kinderantibiotika, Schmerz- und Fiebermitteln und vielen weiteren Arzneimitteln den Herbst und Winter schauen, kommt es immer noch zu unnötigen Retouren antibiotikahaltiger Arzneimittel. Der Grund: Die Ware erreicht Ende des Jahres das Verfallsdatum. Ein Hersteller schlägt Alarm.

Einige Antibiotika dürfen maximal mit einer Verwendbarkeitsfrist von fünf Jahren ausgewiesen werden – auch wenn die Arzneimittel länger haltbar wären. So sieht es das Gesetz vor. Im vergangenen Winter waren Arzneimittel mit antibiotischen Wirkstoffen Mangelware. Nur wenige Hersteller konnten die Versorgung aufrechterhalten. In wenigen Monaten laufen die ersten Packungen ab – und landen schon jetzt auf den Verfallslisten der Apotheken.

In der Regel melden Apotheken Retouren für Arzneimittel an, die nur noch drei Monate haltbar sind, berichtet ein betroffener Hersteller. Manchmal sind es Packungen, die noch fünf Monate vor Ablaufdatum sind. Daher geht jetzt die Ware retour, obwohl sie noch nicht abgelaufen ist und die Therapiedauer bei Antibiotika meist auf nur wenige Tage beschränkt ist. Die Packungen könnten im Akutfall noch abgegeben und unter Umständen schwere Infektionen verhindern und Leben retten. Besonders ärgerlich, da bei einigen Herstellern eine Retoure mit 100-prozentiger Erstattung auch noch sechs Monate nach Verfall möglich ist.

Ärztetag: Haltbarkeit ausreizen

„Letzten Winter wären fast Kinder an einfachen Erkältungen gestorben, weil Kindersaft nicht vorrätig war, und jetzt werden Antibiotika wieder wie ein Ramschprodukt behandelt“, ärgert sich ein Hersteller und verweist auf das Beschlussprotokoll vom Deutschen Ärztetag aus dem Mai dieses Jahres. Die Forderung an die Arzneimittelhersteller: Die Haltbarkeit von bereits zugelassenen und in Zulassung befindlichen Fertigarzneimitteln zu überprüfen. Das Ziel: Eine möglichst lange Laufzeit der Arzneimittel und Medizinprodukte ermöglichen.

„Sowohl unter dem Eindruck des Klimawandels als auch unter dem Eindruck von Arzneimittelengpässen ist eine Vernichtung von unbedenklichen Arzneimitteln aufgrund eines vorzeitigen Verfallsdatums nicht verantwortbar“, heißt es weiter im Beschluss. Schließlich werde die Haltbarkeit auf Grundlage von Stabilitätsuntersuchungen des Herstellers bestimmt. Bis zu diesem Datum garantiert der Hersteller die Wirksamkeit des Arzneimittels sowie dessen Unbedenklichkeit und gute pharmazeutische Qualität.

Apotheken sind einmal mehr gefragt, Kund:innen entsprechend zu beraten – auch in puncto Haltbarkeit von Arzneimitteln. Denn der Alltag zeigt es immer wieder, dass einige Kund:innen „Packungen mit einem langen Haltbarkeitsdatum“ wünschen. Aber im Falle einer Akuttherapie mit einem Antibiotikum sollte eine lange Haltbarkeit kein Kriterium sein. Vor allem nicht bei einer Therapiedauer von nur wenigen Tagen.

Stornierung = Entsorgung

Ein weiteres Problem hatte vor einem Jahr die Mitarbeiterin aus der Kundenbetreuung eines großen Pharmakonzerns geschildert: Werden Bestellungen storniert, die ja gerade in Zeiten von Lieferengpässen oft mehrfach ausgelöst werden, müsse die retournierte Ware zumindest in ihrem Unternehmen vernichtet werden. Rein rechtlich könnten Arzneimittel, die die Lieferkette noch nicht verlassen haben, von den Herstellern genauso wie vom Großhandel zurückgenommen werden. Eine entsprechende Regelung findet sich in § 4a Arzneimittelhandelsverordnung (AM-HandelsV). Allerdings sind in § 7b viele Auflagen vorgesehen, die vor dem erneuten Inverkehrbringen zu beachten sind. So muss die Ware vor der Entscheidung über die weitere Verwendung einer gründlichen Prüfung unterzogen werden – bis hin zur Bestätigung der Apotheke, dass sie stets ordnungsgemäß gelagert wurden und den Verantwortungsbereich nicht verlassen haben.

Für manche Hersteller ist das zu aufwendig; gerade in großen Konzernen will man zudem kein Risiko eingehen, das zu einem Imageschaden führen könnte. Mittelständler dagegen nehmen den Aufwand häufiger auf sich, genauso wie der Großhandel. Öffentlich äußern dazu will sich aber niemand – die eine Seite weiß, dass ihr Handeln nicht nachhaltig ist, die andere Seite will nicht offensiv damit in Erscheinung treten, dass sie Rücksender wieder in Verkehr bringt.

Hersteller packt aus

Die Lieferengpässe im pädiatrischen Bereich sind entgegen der Meinung von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) noch längst nicht vorbei. Im Gegenteil: Angesichts der beginnenden Erkältungssaison ist eine Entspannung nicht in Sicht. Was steckt wirklich hinter den Problemen, speziell bei Antibiotika? Kann das Engpass-Gesetz (ALBVVG) überhaupt eine Entspannung bringen? Wo drohen schon die nächsten Probleme? Und wie verhalten sich die Apothekenteams jetzt richtig?

Im APOTHEKELIVE geben Philipp Zöller und Dr. Markus Rudolph von Infectopharm heute um 20 Uhr exklusive Einblicke aus Sicht eines Herstellers – und Ausblicke auf das, was in dieser Saison noch kommen kann.

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