Großhandelskonditionen

Die Krux mit dem Rx-Gesamtrabatt

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Berlin -

Die Apotheker konnten zunächst aufatmen: Im Skonto-Prozess ließ die Richterin am Landgericht Aschaffenburg (LG) durchblicken, dass sie durchaus einen Unterschied sieht zwischen Skonto und Rabatt. Handelsrechtlich ist das relativ eindeutig, sprachlich ist die Trennung im Apothekenmarkt nicht immer ganz sauber – branchenweit und auch während des laufenden Verfahrens.

Die Wettbewerbszentrale klagt gegen AEP direkt. Der Großhändler gewährt seinen Kunden 3 Prozent Rabatt und 2,5 Prozent Skonto bei pünktlicher Zahlung. Für Produkte ab 70 Euro gibt es noch 2 Prozent Rabatt zuzüglich Skonto. Aus Sicht der Wettbewerbszentrale sind die Konditionen nicht mit der Preisbindung vereinbar. Demnach dürften die Großhändler nur den variablen Teil ihrer Spanne von 3,15 Prozent als Rabatt an die Apotheken weitergeben – Skonti eingerechnet.

Ende August wurde in der Sache erstmals vor dem LG verhandelt, eine Entscheidung wird am 22. Oktober erwartet. Die Vorsitzende Richterin ließ in der halbstündigen Verhandlung allerdings erkennen, dass sie die Position der Wettbewerbszentrale nicht teilt, sondern Skonti von Rabatten unterscheidet.

Ein Ansatz der Klage ist die Darstellung in den Angeboten der Großhändler: AEP wurde unter anderem die Formulierung „in Summe fast 5,5 Prozent“ vorgeworfen. Im Markt ist die Angabe einer Gesamtkondition durchaus üblich, wie aktuelle Angebote der Großhändler Alliance Healthcare und Phoenix belegen.

Phoenix bietet mitunter einen „Rx-Gesamtrabatt“ von 5,75 Prozent. Hier wird zwischen 3,05 Prozent Rabatt und Skonto unterschieden. Dabei gibt es zusätzlich die interessante Aufteilung zwischen „Sonderskonto“ in Höhe von 2,3 Prozent und zusätzlich 0,4 Prozent Skonto bei Zahlung bis zum 20. des Folgemonats. Welches Zahlungsziel der Sonderskonto hat, geht aus dem Angebot nicht hervor.

Alliance Healthcare weist die Vergünstigungen teilweise nicht einmal getrennt aus. Zur Rx-Konditionen von 5,75 Prozent heißt es knapp: „aufgeteilt in Rx-Angebote, Umsatz- und Mengenbonus sowie Skonto“. Zumindest in der schriftlichen Zusammenfassung des Angebots findet sich keine Aufschlüsselung dazu.

Beim „Rx-Einkaufsmodell TAX“ variiert die Höhe des Rabatts zudem je nach Preisklasse. Den Topwert von 6,15 Prozent gewährt Alliance laut Angebot für sehr günstige Arzneimittel bis 6,66 Euro. Hintergrund ist die Honorarumstellung im Jahr 2012: Seitdem sind billige Schnelldreher am attraktivsten für die Großhändler, da hier ihre Fixpauschale von 70 Cent am meisten ins Gewicht fällt. Für Rx-Packungen bis 11,56 Euro gewährt Alliance laut Angebot 6 Prozent, bis 26,82 Euro noch 5,85 Prozent. Auch andere Großhändler drehen an der Skontoschraube, um an möglichst viele günstige Packungen zu kommen.

Die eigene Zielmarge von 6,34 Prozent erreicht der Großhandel bei einem Packungspreis von 21,28 Euro. Bestellt die Apotheke im Durchschnitt oberhalb dieses Wertes, gibt es Abzüge beim Rabatt. Mit diesem sogenannten Handelsspannenausgleich versucht die Branche, die eigene Marge zu sichern. Für Hochpreiser gibt es ohnehin Sondervereinbarungen, fast immer mit einem relativ geringen Pauschalrabatt. Gleichzeitig sind die Konditionen meist an Mindestumsätze gekoppelt, was die Apotheken in eine Zwickmühle bringt.

Im Skonto-Prozess wird es letztlich darauf ankommen, was die Richter für branchenüblich halten und wo sie die Grenze zu „unechten Skonti“ sehen, wie der Arzneimittelrechtsexperte Dr. Elmar Mand sie bezeichnet hat.

Unerwartet diskutiert wird vor Gericht auch die Frage, ob die 70 Cent aus der Großhandelsvergütung überhaupt von den Rabatten ausgenommen sind. In der Branche galt das bislang als unstrittig, obwohl das Kammergericht Berlin die komplette Großhandelsmarge als Verhandlungsmasse freigegeben hatte. In dem Verfahren ging es allerdings nicht unmittelbar um die Einkaufskonditionen.

Die Richterin in Aschaffenburg sagte mit Blick auf die Preisvorschriften: „Ich kann hier nirgendwo eine Mindestgrenze sehen.“ Demnach könnte der Großhandel womöglich auch die 70 Cent als Rabatt gewähren. Ob sie in ihrem Urteil auf diesen Punkt eingeht, ist offen. Der Streit dürfte ohnehin erst letztinstanzlich vom Bundesgerichtshof (BGH) entschieden werden.

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