Hohe Positivraten

Test-Apotheken: Genervt und geduldig

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Berlin -

Die neuen Regeln für Antigen-Schnelltests lassen Apothekenangestellte aufstöhnen. Während einige ihre Teststellen schließen, mühen sich andere mit den neuen Dokumentationspflichten ab und prüfen die verschiedenen Nachweise. Besonders herausfordernd und zeitraubend ist momentan die Aufklärung der Kundschaft. Eine Apothekerin umgeht dies und verzichtet auf den Eigenanteil solange sie es sich leisten kann.

15 Euro hier, 10 Euro dort, 3 Euro um die Ecke und in einer Apotheke weiterhin alles kostenlos – wer derzeit Antigen-Schnelltests geht, muss die Kundschaft über die neue Kostenstruktur aufklären. Denn die anlasslosen Bürgertests wurden am 30. Juni gestrichen. Über Nacht wurden die gerade erst publik gewordenen Regeln in der neuen Testverordnung (TestV) veröffentlicht und damit amtlich. Die Kritik der Apotheken war groß.

Testangebot: Kein Spaß aber wichtig

„Die Hintergründe, wieso unterschiedliche Preise verlangt werden, versteht aber kaum ein Bürger“, sagt Apotheker Matthias Bußmann. „Das sind natürlich Diskussionen, die keiner will.“ Verbunden mit dem erhöhten Dokumentationsaufwand und der „erheblich schlechteren“ Vergütung mache es eigentlich keinen Spaß mehr. „Aber wir sind uns auch bewusst, dass wir die Bürger in diesen Zeiten steigender Inzidenzen nicht im Regen stehen lassen können. Und auch bei den niedergelassenen Ärzten befinden sich viele im Urlaub, so dass dort kaum noch Testmöglichkeiten bestehen.“

Apotheken können nur noch 9,50 Euro abrechnen, statt wie zuvor 11,50 Euro – darin ist der Selbstzahleranteil von 3 Euro inbegriffen. Nur noch ausgewählte Gruppen können kostenlos auf Covid-19 getestet werden. Dazu zählen Schwangere in den ersten sechs Monaten, Kinder bis zu einem Alter von fünf Jahren oder Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht gegen das Virus impfen lassen können. Bürger:innen, die eine Veranstaltung oder Risikogruppen besuchen möchten, müssen den Eigenanteil von 3 Euro bezahlen. Die Abläufe und Gründe müssen dokumentiert werden.

Die Situation sei „eigentlich ein Déjà-vu“, so Bußmann, der in den vergangenen Jahren je nach Pandemiegeschehen mehrere Teststellen betrieb. „Denn auch Spahn hat ja mal die Tests ein paar Wochen lang ausgesetzt, um sie danach wieder einzuführen. Wenn natürlich Kollegen auf den Eigenanteil aus Wettbewerbsgründen verzichten, dann wissen wir ja schon, was uns Lauterbach dann als Vergütung zugesteht“, kritisiert er. Der Inhaber fordert, dass die Landesregierung den Eigenanteil übernehmen solle.

Zuletzt sei die Nachfrage in den Testzentren um zwischen 30 und 40 Prozent zurückgegangen, sagt Bußmann. Eine Teststelle sei zum 30. Juni geschlossen worden. „An den anderen denken wie über eine Reduzierung der Öffnungszeiten nach.“ Dadurch das weniger Tests durchgeführt würden, sei auch mehr Zeit für die Aufklärung über den Testanspruch der Bürger:innen vorhanden.

Noch kein Minusgeschäft

Miriam Oster von der Columbus Apotheke in Oberursel verzichtet im Juli auf den Eigenanteil von 3 Euro. Diese Entscheidung spiegele die Strategie der Apotheke, betont sie. „Mir ist ehrlich egal, was Mitbewerber oder der Bundesgesundheitsminister denken.“ Sobald das Geschäft defizitär werden würde, müsse sie jedoch einlenken und die Kundschaft offen über das Ende der Kostenübernahme informieren. „Für uns ist das Testen aber noch kein Minusgeschäft, solange übernehmen wir es. Vorher waren die Gewinne gut und wir geben das jetzt zurück.“

Die Apothekerin betont, sie wolle damit auch verhindern, dass die Bürger:innen sich weniger testen ließen, weil sie es nicht finanzieren könnten. Denn auch in ihrer Teststelle stiegen die Positivraten zuletzt an. Im Schnitt ließen sich 200 Kund:innen pro Tag auf eine Infektion mit Covid-19 untersuchen, davon seien ein Viertel positiv. Die Nachfrage sei nach einem Rückgang im Mai stabil. „Das liegt auch daran, dass einige andere zugemacht haben und viele zu uns kommen, weil sie es schätzen, dass wir eine Apotheke sind und sie sich bei uns gut versorgt fühlen.“

Dokumentation kostet Zeit

In der Teststelle der Löwen-Apotheke in Feuchtwangen ist die Nachfrage seit vergangenem Freitag deutlich zurückgegangen. Fast die Hälfte weniger Kund:innen verlangten einen Nachweis, sagt Apothekerin Sylwia Spaniel. Besonders am Wochenende seien die Zahlen eingebrochen. Zwischenzeitlich sei jedoch wieder mehr los, weil auch die Positivrate höher sei. Generell sei es schwierig, ein Resümee zu ziehen. „Es nervt auf jeden Fall, raubt viel Zeit und kostet Diskussionen.“

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